
Die Liefergeschwindigkeiten im deutschen E-Commerce nehmen kontinuierlich ab – und die Vorweihnachtszeit im vergangenen Jahr markierte den absoluten Tiefpunkt dieser unerfreulichen Entwicklung. Die Auswertung des Münchner Logistik-Startups Parcellab hat hierfür die Lieferdaten seiner über 500 Handelskunden im deutschsprachigen Raum analysiert. Im Durchschnitt dauert die Zustellung von Paketen inzwischen drei Tage, wohingegen es zu Beginn der Pandemie im Januar und Februar 2020 noch bei rund 45 Prozent der Bestellungen innerhalb von 24 Stunden zu einem ersten Zustellversuch kam.
Schuld daran ist die unerwartete Zunahme an Onlinekäufen zu Beginn der Corona-Pandemie im April vergangenen Jahres. Diese sorgte dafür, dass die Zusteller nur noch bei 27,32 Prozent der Bestellungen innerhalb von 24 Stunden den ersten Zustellversuch unternahmen. Das ist ein echtes Problem für die Händler:innen, die mit den Grenzen der Logistik klarkommen müssen. Insgesamt lag die Zahl an Bestellungen mit Zustellzeiten von bis zu 24 Stunden im Jahr 2021 mit 18,7 Prozent deutlich unter dem Vorjahresniveau (29,7 Prozent). Im Gegenzug legte aber die Zahl der Bestellungen, die innerhalb von zwei Tagen zugestellt wurden, um 10,6 Prozent von 23,5 Prozent 2020 auf 26 Prozent 2021 zu. Und der Anteil an Bestellungen, für deren Auslieferung die Händler drei Tage brauchten, wuchs um 20,5 Prozent zum Vorjahr auf 19,4 Prozent. Im Durchschnitt verschlechtere sich die Zustellgeschwindigkeit in Deutschland damit von 2,8 Tagen im Jahr 2020 auf 3,0 Tage im Jahr 2021.
Auch für Österreich und die Schweiz hat Parcellab einige Zahlen. Beim Nachbarn im Südosten sieht die Quote noch schlechter aus – dort verlangsamten sich die Zeiten von 3,2 auf 4,0 Tage. Auch in der Schweiz kam es zu Verzögerungen von ursprünglich 3,5 auf jetzt 3,8 Tage.
Große Probleme zu Weihnachten
Besonders schwierig war die Situation um die Weihnachtszeit. Wurden im November und Dezember 2020 noch 23,6 beziehungsweise 20,1 Prozent der Bestellungen innerhalb von 24 Stunden erstmals ausgeliefert, waren es in den Vergleichsmonaten 2021 nur noch 4,2 beziehungsweise 3,86 Prozent. Die Zahl der Bestellungen, für die die Händler im November und Dezember 2021 zwei beziehungsweise drei Tage bis zur Auslieferung brauchten, wuchs von 21,3 Prozent im Vorjahr auf 25,5 Prozent. Der Anteil an Bestellungen, der erst nach vier Tagen bei den Empfänger:innen ankam, verdoppelte sich von 8,5 auf 17,9 Prozent.
Das ist einerseits natürlich ein Problem für Kund:innen, die auf ihre Pakete warten, noch mehr aber für Händler:innen, die feste Zusagen zur Laufzeit und zum Zustelltermin machen müssen (und die im schlimmsten Fall auch für Ausgleich sorgen müssen, wenn’s nicht klappt). Analysiert man die Probleme in der Zustellung, zeigen sich die „üblichen Verdächtigen“: Am häufigsten verantwortlich für scheiternde Zustellung sind nicht anwesende Empfänger:innen. Der Wert hat sich aber aufgrund der hohen Homeoffice-Quote gegenüber 2020 verringert. Waren 2020 noch 53,4 von 100 Lieferproblemen „Failed Attempts“, reduzierte sich der Wert auf 33,87 Prozent.
Nicht wenige Pakete werden falsch geleitet
Verdoppelt hat sich hingegen das Problem, dass Sendungen in die falschen Carrier-Depots geroutet werden. Auch die Zahl der Sendungen, die auf der Strecke zwischen Carrier und Endkunde hängen bleiben, ist gestiegen. Interessant auch die Zahl an Sendungen, die die Fahrer:innen im Rahmen ihrer Arbeitszeit wegen Überlastung nicht zustellen konnten: Diese nahm gegenüber dem Vorjahr leicht ab, legte allerdings in der Cyber Week erkennbar zu. Und immerhin 15,6 Prozent der Zustellprobleme entfallen inzwischen auf fehlenden Updates des Carriers beim Zustellprozess. Im Vorjahr betrug der Anteil noch 6,8 Prozent.
Händler:innen sollten hier zum einen auf unterschiedliche Logistikdienstleister setzen, zum anderen diese aber auch regelmäßig tracken. Dabei geht es einerseits um Zustellzeiten, andererseits aber auch um besondere Vorkommnisse und Probleme. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass Händler:innen gegenüber den Kund:innen möglichst transparent kommunizieren und, soweit vorhanden, entsprechende Tracking-IDs teilen. Denn Zustellverzögerungen fallen dann deutlich weniger auf den Händler zurück, wenn dieser sauber kommuniziert.
In der Vergangenheit hatten außerdem Tests starke Unterschiede zwischen den einzelnen Zustellfirmen offenbart. Deutlich wurde auch die unterschiedliche Qualität beim Transport. Demnach wies jedes dritte Paket Beschädigungen oder Verschmutzungen auf.