Wie die Payment-Revolution neue Chancen für Fintech-Startups bietet
Die Rede ist von der EU-Richtlinie PSD2, die Banken unter anderem dazu verpflichtet, ihre Infrastruktur zu öffnen. Die PSD2-Richtlinie wurde letztes Jahr beschlossen und soll bis Anfang 2018 in nationales Recht transformiert werden. Dabei geht es um nicht weniger als das Ende der Bankenhoheit über ihre Kundenkonten: Drittanbieter können auf Bankkonten von Kunden zugreifen und eigene Banking-Lösungen bieten – natürlich nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Kunden.
Es gibt bereits heutzutage Anbieter für API-Banking. Diese Unternehmen bieten Schnittstellen an, über die auf Bankkonten zugegriffen werden kann. Bekannte Dienstleister, die API-Banking Lösungen anbieten, sind FinTecSystems, Arvato und Figo. Sie bereiten Kontoinformationen auf und stellen diese anderen Firmen zur Verfügung.
Zum Beispiel kann nun eine Personal-Finance-App mit Hilfe der erwähnten Dienstleister Kontoinformationen abrufen und diese für den Nutzer aufbereiten. Die persönliche Finanzübersicht – anschaulich dargestellt und immer zur Hand!
Status Quo: Screen-Scraping und HBCI-Schnittstelle
Der Zugriff auf die Bankkonten wird dabei zum einen über die HBCI-Schnittstelle geregelt. Dieser Standard, der ursprünglich aus den 90er Jahren stammt, wurde als zentraler Standard für Homebanking konzipiert. Nun gibt es aber bis dato keine rechtliche Bindung, dass Banken Dritten den Kontozugriff über eine Schnittstelle ermöglichen müssen. Deshalb sind eine Reihe von Banken überhaupt nicht über HBCI erreichbar oder nur nach Freischaltung des Kunden im eigenen Online-Banking – was dem Kunden ja gar nicht bewusst ist.
Damit diese Banken dennoch erreicht werden können, wird so genanntes Screen-Scraping als „Workaround“ genutzt. Beim Screen-Scraping loggt sich der Drittanbieter im Namen des Kunden und nach dessen Zustimmung sowie Eingabe der Zugangsdaten beim betreffenden Finanzinstitut ein. Der Zugriff erfolgt dabei, indem das Verhalten eines Browsers simuliert wird. Der HTML-Code, den der Bankserver zurückgibt, wird analysiert und relevante Informationen werden extrahiert.
Rechtlich ist das zulässig. Jedoch könnten Banken häufige Zugriffe dieser Art durch Dritte sperren. Das liegt im Ermessen der Bank. Außerdem ist die Qualität der Daten ein weiteres Problem. Durch unterschiedliche Zugriffsverfahren und fehlende Schnittstellen wird die Auswertung erschwert. Es sind nicht überall die gleichen Kontoinformationen verfügbar oder die Form der Datenrückgabe weicht sehr stark von Bank zu Bank ab. Zudem gibt es keinen europaweiten Standard. Jedes Land regelt den Zugriff selbst. Dadurch sind Banking-Dienste von Dritten noch stark national geprägt. Durch die PSD2 müssen dagegen europaweit sämtliche Banken den Zugriff über eine Schnittstelle ermöglichen.
Welches Potenzial bietet die PSD2 Richtlinie?
Durch die PSD2 wird europaweit der Zugriff auf Bankkonten durch Dritte ermöglicht. Das erleichtert es Fintechs, zu expandieren. Bisher wird der Zugriff auf Bankkonten national unterschiedlich behandelt. Fintechs wittern nun Morgenluft für die Internationalisierung. Viele Apps und andere Dienste rund um Banking dürften entstehen. Die Telefonrechnung ist außergewöhnlich hoch? Dann schlägt eine App Alarm, die Kontotransaktionen im Hintergrund prüft, und bietet dem Nutzer automatisch einen Anruf beim Service-Center der Telefongesellschaft an. Das ist ein Anwendungsbeispiel, mit dem das Fintech Fino an den Start gehen will.
Aber richtig spannend wird es, wenn andere Digitalunternehmen anfangen, Banking in ihr Angebot zu integrieren: Der neue sprachgesteuerte Assistent Echo von Amazon ist aktuell in aller Munde. Man denke einfach an folgendes Szenario: Ein Kunde bestellt per Sprache ein Produkt. Auslieferung und Bezahlung laufen im Hintergrund ab, es gibt keinen Kontakt mehr zwischen Bank und Kunden. Anstelle der Bank rücken Tech-Firmen wie Amazon, die nun selber Banking anbieten können.
Visionen für eine Integration von Banking in andere Lösungen gibt es viele, die PSD2-Richtlinie wirkt wie ein Brandbeschleuniger, der digitales Banking radikal verändern kann.
Ein Horrorszenario für Banken?
Wenn die Kontenverwaltung und das Finanzmanagement ausgelagert werden, fungiert die Bank nur noch als Infrastrukturdienstleister und Kapitalgeber. Der Kontakt zwischen Kunden und Bank ist passé. Banken, die das Thema nicht ernst nehmen und sich nicht vorbereiten, landen somit schnell auf verlorenem Posten.
Gehen die klassischen Banken unter?
Aber so weit ist es noch lange nicht. Die Bankenwelt hat durchaus verstanden, dass sie sich vor Veränderung und Innovation nicht verstecken kann. Ein Umdenken hat eingesetzt. Banken verstehen sich in Zukunft mehr als Plattform, an die sich andere Firmen andocken können.
Die Deutsche Bank etwa will einige der Ideen aus der Fintech-Szene übernehmen und die eigene App für andere Bankkonten öffnen. Somit kann der Kunde andere Bankkonten in der App hinzufügen. Das ermöglicht die Verwaltung sämtlicher Konten in einer App – ohne die App irgendeines neuen Fintechs nutzen zu müssen. Die Deutsche Bank will jedoch noch weiter gehen: Geplant ist, dass der Kunde Geld auch bei anderen Banken anlegen kann, wenn diese einen besseren Zins bieten. Das Finanzinstitut hat also verstanden, dass es sich anderen öffnen muss, um vorne mitzuspielen. Privatkundenvorstand Christian Sewig fasst die Entwicklung sehr treffend zusammen: „Wir müssen uns selbst angreifen“.
Im besten Fall bietet die neue Richtlinie Chancen für beide: Für Fintechs und für Banken. Eins ist aber sicher: Wir werden in Zukunft viele innovative Banking-Lösungen sehen und einen radikalen Wandel, wie Banking verstanden wird.
Die armen Banken, verdienen eh schon kein Geld und jetzt das.
Das bedeutet für Kunden – nicht die Freiheit der Daten und mehr Angebot – sonder ganz einfach mehr Kosten. Statt eines kostenlosen Kontos wird das eben monatlich eine Gebühr kosten.
Und dann für alle – auch für die die keine Ahnung von Fintechs haben – wie meine Oma