Personalisierung: Einer der wichtigsten Conversionhebel im E-Commerce
Kundenerwartung versus Kundeneinschätzung
Auf der Suche nach einem neuen Pullover läufst du durchs Einkaufszentrum. Von weitem fällt dir das Schaufenster eines Modegeschäfts ins Auge, das vielversprechend aussieht. Du willst hier und heute den Pullover kaufen und beginnst freudig, das Sortiment zu erkunden. Plötzlich kommt eine Verkäuferin um die Ecke und bietet dir, ohne dich zu fragen aber mit strahlendem Lächeln, einen pinkfarbenen Bikini zum Kauf an – auch noch im Preis reduziert. Wie reagierst du? Wirst du zuschlagen und die „Werbung“ der Verkäuferin belohnen? Nein! Dir wurde, fast schon am Ende der Customer Journey, das komplett falsche Produkt angeboten. Aus diesem Grund wirst du vermutlich gar nichts kaufen und das Geschäft wieder verlassen. Denn wer dich so schlecht einschätzt, der kann dir sicher nicht weiterhelfen.
Trauriger Alltag im E-Commerce
Was vielleicht lustig klingt und im stationären Handel wahrscheinlich kaum vorkommt, gehört im E-Commerce momentan noch zur Tagesordnung. Wenn eine gewisse Kaufabsicht ersichtlich ist, wird ein Verkäufer vor Ort immer zuerst fragen, wofür sich der Kunde interessiert. Ein Web-Shop tut dies in der Regel nicht. Die Startseite präsentiert neue Produkte und Top-Seller, unabhängig davon, ob der Kunde männlich oder weiblich, jung oder alt, reich oder arm ist. Das Gießkannenprinzip dominiert weiterhin die Produktvermarktung auf unzähligen E-Commerce-Plattformen.
Personalisierte Ansprache
Allerdings wird das Thema Personalisierung immer wichtiger. Die Erkenntnis setzt sich durch, dass derjenige, der heute im Onlinehandel erfolgreich sein möchte, seinen Kunden individuell zugeschnittene Informationen und Angebote präsentieren muss. Der Grad der Individualisierung kann dabei zum entscheidenden USP werden, er entscheidet mit über die Conversion und damit über den Erfolg im E-Commerce. Im Folgenden werde ich einige Beispiele und Möglichkeiten im Detail vorstellen und bewerten.
Geschlechtertrennung im E-Commerce?
Die Trennung nach Geschlechtern ist bis auf wenige Ausnahme mittlerweile Geschichte. Im E-Commerce, speziell im Bereich Fashion, kann sie aber durchaus zweckmäßig sein. Denn nichts lässt sich besser nach Männern und Frauen trennen als Mode. Zalando etwa identifiziert – aufgrund der erstmaligen Produktauswahl – den Besucher als Mann oder Frau und merkt sich diese Entscheidung für den nächsten Besuch. Ruft man daher zum ersten Mal Zalando auf und navigiert in die Männerabteilung, wird man beim nächsten Besuch automatisch wieder dort landen. Der große Vorteil besteht in der „Personalisierung“ der Startseite. So lassen sich Männern nur die „männlichen“ Top-Produkte offerieren und den hierfür vorhandenen Platz der Startseite optimal ausnutzen.
Nachteile abwägen
Diese Funktion birgt aber auch Nachteile: Bestellst du als Frau ein Produkt für einen Mann beziehungsweise suchst danach, wirst du vom Shop als Mann eingestuft und erhältst dann vielleicht unpassende Empfehlungen. Die Trennung des Produktkatalogs anhand des Geschlechts hat in der Praxis außerdem das Problem, dass sie außerhalb des Fashionbereichs kaum funktioniert. Die Mehrzahl der Elektronikartikel lässt sich kaum einem Geschlecht zuordnen. Zwischen Besucher und Besucherin kann nicht ad hoc differenziert werden. Das Geschlecht lässt sich nur durch die direkte Befragung des Nutzers oder die Analyse der Navigationswege feststellen. Gelingt dies, sorgt eine optimierte Sortimentspräsentation und Ansprache im Anschluss jedoch für deutlich höhere Conversion-Rates.
Personalisierte Empfehlungen durch Monitoring
Ist die Personalisierung des Produktkatalogs anhand eines einzelnen Kriteriums – wie beispielsweise dem Geschlecht – noch relativ einfach zu realisieren, gibt es auch wesentlich komplexere Möglichkeiten: So lässt sich etwa das Warenangebot auf Basis des Surfverhaltens innerhalb des Online-Shops personalisieren. Basierend auf der Auswertung der Navigationspfade, also der angesehenen Kategorien und Produkte, lassen sich Produktempfehlungen kalkulieren und individuell auf den Kunden abstimmen.
In der Praxis kann ein Web-Shop dann einem Kunden, der sich primär dunkle Sneaker in einem Preisbereich zwischen 40 und 80 Euro anschaut, weitere dunkle Sneaker in dem besagten Preisbereich empfehlen. Diese Empfehlungen lassen sich heutzutage automatisch errechnen. Die manuelle Pflege von Up- und Cross-Selling Artikeln entfällt somit komplett.
Als technologische Basis hierfür kann beispielsweise die econda Recommendation Engine genutzt werden. Diese stützt sich bei der Errechnung der Empfehlungen auf die im econda Shop Monitor erfassten Nutzerdaten und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, über ein Definitionswerkzeug gewisse Parameter bei der automatisierten Produktempfehlung vorzugeben. Bei Empfehlungen ist das Thema Personalisierung im E-Commerce also recht weit fortgeschritten.
Wo liegen individuelle Schmerzgrenzen?
Preise sind fix und werden vom Produktmanagement und dem Marketing gemacht? Im E-Commerce kann man mittlerweile dynamischere Wege gehen. Mit Hilfe von Pricing-Engines kann ein Web-Shop den idealen Preis eines jeden Produktes errechnen und somit zwar nicht den Preis für einen einzelnen Besucher beziehungsweise Kunden personalisieren, aber sehr wohl individualisierte Preise anbieten.
Pricing-Engines wie z. B. prudsys RDE | Pricing finden den optimalen Preis unter dem Aspekt der Umsatz- und Gewinnmaximierung heraus, in dem unter anderem durch A/B Testing die „Schmerzgrenze“ bei den Online-Shop-Besuchern ermittelt wird. Große Online-Händler wie Amazon setzen bereits auf solche Mechanismen zur Preisfindung. Im Zeitraum vom 12. – 14. Februar 2015 wurden alleine im Bereich „Elektronik und Computer“ über eine Million Preisänderungen identifiziert. Auch ist es mittlerweile nicht unüblich, abhängig vom gewählten Endgerät unterschiedliche Pricing-Strategien anzuwenden. So sind oftmals Preise auf dem Smartphone höher als auf dem Desktop-Computer. Denn am Desktop haben Besucher in der Regel die Zeit und die Möglichkeit, Preise ausgiebig zu vergleichen. Umgekehrt werden mobil Artikel in der Regel direkt gekauft, da die Recherche auf dem Smartphone etwas komplizierter ist und in der Regel auch nicht dem Use Case entspricht.
Die Preisgestaltung im E-Commerce ist also weitaus komplexer als im stationären Handel, da dynamisch auf eine Vielzahl von Faktoren – die Uhrzeit, das verwendete Endgerät, Wetter, Nachfrage – eingegangen werden kann, um den finalen Preis für ein Produkt zu ermitteln.
Personalisierte Werbung
Auch wenn Online-Shop-Betreiber primär auf die Personalisierung innerhalb der eigenen E-Commerce-Plattform schauen, enden die Möglichkeiten dort nicht. Werbeanzeigen, die auf externen Seiten geschaltet werden, lassen sich mittlerweile ebenso anpassen. Hierbei wird auf Basis des Nutzungsverhaltens innerhalb des Online-Shops gezielt Werbung ausgespielt, welche sich auf häufig angesehene Produkte konzentriert.
In der Nutzungssituation auf der Abbildung wurde wohl vor dem Besuch bei heise.de auf home24.de nach Stühlen gesucht. Denn auf der Website wird insgesamt an drei Positionen personalisierte Werbung ausgespielt. Bei den dort beworbenen Artikeln handelt es sich um häufig angesehene Produkte sowie um Produkte, die in Relation zu diesen Artikeln stehen.
Diese Art der Werbung ist besonders beliebt, da die Wahrscheinlichkeit, einen Verkauf zu erzielen, wesentlich höher ist als bei nicht personalisierter Werbung. Sie bietet dem Kunden erneut den Artikel an, der für ihn von größtem Interesse war, sowie wahrscheinlich passende Alternativen. Häufig angesehene Produkte deuten in der Regel auf eine gewisse Kaufabsicht hin, wodurch die Chance einer Conversion steigt.
Lohnt sich Personalisierung für den Online-Handel?
Personalisierung im E-Commerce wird in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Aufgrund der hohen Marktdurchdringung, zunehmender Wettbewerbsdichte und den immer stärker besetzten Nischen können die Besucherzahlen einer E-Commerce Plattform zukünftig nicht mehr explosionsartig wachsen. Um den Erfolg zu steigern, muss daher zwangsläufig an der Schraube Conversion-Rate gedreht werden, also am Prozentwert der tatsächlich einen Einkauf tätigenden Besucher. Eine Optimierung der Conversion-Rate erreicht ein Shop aber nur, indem er den Kunden Mehrwert wie eben einen Erfolg oder Misserfolg im E-Commerce maßgeblich verantwortlich sein.