Lange Suche steht bevor: Rakete prallt auf Mond – und niemand kann es sehen
Ende Januar waren erstmals Berechnungen veröffentlicht worden, bei denen vorhergesagt wurde, dass am 4. März ein Teilstück einer Rakete einschlagen soll. Wo genau diese Überreste herkommen und wer für sie verantwortlich ist, war lange Zeit nicht genau geklärt. Jetzt gibt es auf viele Fragen Antworten.
Wo kommt das Raketenteil her?
Zunächst wurde vermutet, dass es sich bei der alten Raketenbühne um die zweite Stufe einer Falcon 9 handelte, die Anfang des Jahres 2015 ins All geschickt wurde. Statt wie geplant zurück in die Erdatmosphäre einzutreten, flog das Teil unkontrolliert zwischen Erde und Mond umher, bevor die Reise auf der Mondoberfläche enden sollte. Unter anderem die europäische Weltraumbehörde Esa kritisierte SpaceX damals scharf für die Verursachung von derartigem Weltraumschrott.
Mittlerweile sind sich Experten jedoch so gut wie sicher, dass SpaceX nichts mit dem Raketenteil zu tun hat. Stattdessen gehen sie davon aus, dass hinter dem Objekt die chinesische Mond-Mission „Chang‘e 5-T1“ steckt. Bei der Mission im Oktober 2014 umrundete eine Sonde den Mond und kehrte wieder zur Erde zurück. Dabei sollte der Wiedereintritt von der Mondumlaufbahn in die Erdatmosphäre getestet werden. Eine Raketenstufe blieb dabei offensichtlich im All zurück. China dementierte dementsprechende Berichte.
Wann fand der Einschlag statt?
Die Wissenschaftler um den unabhängigen Forscher Bill Gray, der als erster die Flugbahn des Raketenteils entdeckte, errechneten den Aufprall für den 4. März 2022 um 13:25 Uhr. Dabei wird das Teil mit einer Geschwindigkeit von etwa 8.851 Kilometern pro Stunde mit der Mondoberfläche kollidieren. Optisch nachweisen ließ sich der Einschlag bisher allerdings nicht.
Gibt es Bilder vom Einschlag?
Leider nein. Laut der Berechnungen soll die Raketenstufe am Rand des 570 Kilometer großen Hertzsprung-Kraters einschlagen. Der Krater liegt auf der Rückseite des Mondes, die von der Erde aus nicht einsehbar ist. Dazu kommt, dass der nächste Vollmond erst wieder am 18. März ist. Am Freitag wurden gerade einmal fünf Prozent des Mondes von der Sonne angestrahlt. Selbst wenn der Einschlag auf der erdnahen Seite erfolgen wäre, hätte es wohl nichts zu sehen gegeben.
Auch einen Livestream fand dementsprechend nicht statt. Die Nasa hat zwar den Lunar Reconnaissance Orbiter im Einsatz, der war jedoch nicht in der Lage sein wird, während des Aufpralls am Ort des Geschehens zu sein. Das Missionsteam des Orbiters prüft jedoch, ob Beobachtungen von Änderungen der Mondumgebung im Zusammenhang mit dem Aufprall gemacht werden können, und identifiziert später den durch den Aufprall entstandenen Krater.
Neben dem Nasa-Orbiter befindet sich auch noch die indische Raumsonde Chandrayaan-2 im Mond-Orbit. Ob die Inder auch Interesse an einer Untersuchung des Einschlagskraters haben, ist nicht bekannt.
Schadet der Aufprall dem Mond?
Der Krater wird bei weitem nicht der einzige Krater auf dem Mond sein, der keine schützende Atmosphäre hat. Einschlagskrater entstehen auch auf natürliche Weise, wenn der Mond von Asteroiden getroffen wird, was regelmäßig vorkommt. Andere Krater sind entstanden, wenn Raumfahrzeuge kontrolliert zum Abstürzen gebracht wurden.
An der Absturzstelle besteht die Möglichkeit einer Biokontamination, da Raketenteile beim Start nicht steril sind, sagte David Rothery, Professor für planetare Geowissenschaften an der Open University im Vereinigten Königreich gegenüber CNN. „Die meisten Mikroben werden gestorben sein, aber vielleicht nicht alle. Sie werden sich wahrscheinlich nicht vermehren, es ist ein sehr geringes Risiko“, so Rothery weiter.
Was plant die Wissenschaft?
„Nach dem Einschlag kann die Mission mit ihren Kameras die Einschlagsstelle identifizieren und ältere Bilder mit Bildern vergleichen, die nach dem Aufprall aufgenommen wurden. Die Suche nach dem Einschlagskrater wird eine Herausforderung und kann Wochen bis Monate dauern“, schreibt die Nasa in einer Mail, die CNN vorliegt. Für sie biete sich eine „einzigartige und aufregende Forschungsmöglichkeit“.
Bereits im Jahr 2009 ließ die Nasa absichtlich eine Sonde auf den Mond stürzen. Durch den Aufprall sollte Staub aufgewirbelt werden, der wiederum zum Nachweis von Wassereis dienen sollte. Da die Mission glückte, erhofft sich die Nase jetzt einen ähnlichen Erfolg, auch wenn es sich um einen nicht kontrollierten Absturz handelt.
Könnten derartige Vorfälle öfter vorkommen?
Aktuell gibt es mindestens 26.000 Teile Weltraumschrott, die die Erde Umkreise und die Größe eines Baseballs haben. Treffen sie mit hoher Geschwindigkeit auf einen Satelliten, könnten sie diesen zerstören. Über 500.000 Objekte haben die Größe einer Murmel und können im schlimmsten Fall Raumfahrzeugen erheblichen Schaden zufügen. Weitere 100 Millionen Objekte sind in etwa so groß wie ein Salzkorn.
Um den Mond kreisen aktuell etwa 150 Objekte verschiedener Größen. Bei 90 Prozent von ihnen soll es sich laut des Forschers Vishnu Reddy von der University of Arizona um Weltraumschrott handeln. Es ist also durchaus möglich, das eines dieser Teile von seiner aktuellen Umlaufbahn abgelenkt wird und Richtung Mond rauscht.