Recruiting: Wie du dafür sorgst, dass aus einem Bewerber ein loyaler Mitarbeiter wird
Der Bewerbungsprozess hat in der Regel den Charakter eines formalen Aktes, so wie es der Begriff „Recruiting“ schon signalisiert. Es geht darum, die bestehende Vakanz geeignet zu besetzen. That‘s it. Dabei hat dieser Prozess mit einer Formalie so wenig zu tun wie Bundesliga-Gucken mit Leistungssport. Mit dem Schalten der Stellenanzeige vollzieht das Unternehmen weniger einen bürokratischen Akt, sondern gestaltet bereits aktiv die Beziehung zum potenziellen neuen Mitarbeiter. Wie diese gelingen kann, zeigt die „Candidate-Journey-Studie 2017“. Sie hat in einer Umfrage ermittelt, worauf Kandidaten im Bewerbungsprozess besonderen Wert legen.
Einfach und schnell
Was bitte bedeutet „Senior Supervisor Value Chain Development“? So ganz genau weiß das wahrscheinlich keiner. Job-Titel kommen häufig kryptisch daher. Begründet in dem tradiertem Wunsch nach Status, dem Bestreben, in der Hierarchie stets ein Stück weiter nach oben zu klettern – und das auch für alle sichtbar zu machen. Dieses künstliche Aufblähen von Funktionen und Stellenbeschreibungen spricht heutige Jobinteressenten jedoch nicht mehr an. So bewerben sich 40 Prozent der potenziellen Mitarbeiter gar nicht erst, wenn sie den Jobtitel unverständlich finden.
Der Wunsch, es einfach zu halten, beschränkt sich nicht nur auf den Jobtitel, sondern zieht sich durch den gesamten Bewerbungsprozess. So würden 17 Prozent aller unter 30-Jährigen im Zweifel lieber ganz auf eine Bewerbung verzichten, als ein klassisch kompliziertes E-Recruiting-Formular auszufüllen. Fast 62 Prozent aller Jobsuchenden unter 30 würden die sogenannte One-Klick-Bewerbung nutzen.
Neben aufwendigen Formularen erteilen Bewerber auch langen Wartezeiten eine klare Absage. Laut Studie dürfen erfolgreiche Bewerbungsverfahren maximal sechs Wochen dauern, damit sie noch einen guten Eindruck hinterlassen.
Kultur klarmachen
85 Prozent aller Bewerber legen Wert auf eine kulturelle Passung. Folgerichtig erwarten Jobsuchende vom Arbeitgeber Informationen über dessen Unternehmenskultur und Werte. Laut Studie formulieren rund 70 Prozent explizit diesen Anspruch. In der Praxis erleben jedoch nur 44 Prozent aller neueingestellten Mitarbeiter, dass mit ihnen vorab aktiv über Unternehmensziele und Visionen gesprochen wurde. Mehr als die Hälfte aller Interessenten habe vor ihrer Bewerbung auch vergeblich nach einem Online-Profil von ihrem neuen Arbeitgeber gesucht. Ist der Mitarbeiter später an Bord, rächt sich dieses Versäumnis. Denn ein Großteil der Mitarbeiter, der die Kultur im Unternehmen schlechter wahrnimmt als erwartet, zieht schnell weiter. Damit riskieren Unternehmen nicht nur, dass sich die hohen Recruiting-Investitionen nicht auszahlen, sondern sie müssen direkt noch eine Schippe nachlegen.
Erfolgsfaktor Vertrauen
Spielen laut Studie in den ersten Phasen des Bewerbungsprozesses vor allem technisch-organisatorische Aspekte und die Botschaften des Arbeitgebers eine entscheidende Rolle, rückt später das Verhalten der Unternehmensvertreter in den Mittelpunkt. Hier gilt, was schon seit jeher in Geschäftsbeziehungen den Ausschlag gegeben hat: Die Vertragspartner müssen sich auf das Wort des jeweils anderen verlassen können. Und das hundertprozentig. Eine Schlüsselrolle kommt dabei den direkten Führungskräften zu. Es geht nicht darum, in dieser Beziehung eine Art Kuschel-Kurs zu fahren. Es geht nicht um einen besonders netten Ton. Vielmehr geht es um Vertrauen – darum, dass Unternehmen und Kandidat die an sie gerichteten Erwartungen erfüllen. Nicht mehr und nicht weniger.
Klare Kommunikation und Wertschätzung zählen
Kandidaten schätzen ein hohe Verbindlichkeit im Recruiting-Prozess. Dazu zählt vor allem eine klare Kommunikation der einzelnen Fortschritte im Bewerbungsverfahren. Eine emotionale und personalisierte Ansprache signalisiert Professionalität und Wertschätzung. Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Klarheit beeinflussen die Kandidaten-Entscheidung für oder gegen den potenziellen neuen Arbeitgeber wesentlich.
Elefantengedächtnis: Kandidaten bewahren Erinnerung
Wenn Unternehmen den Bewerbungsprozess vergeigen, dann hinterlässt das Spuren. Tiefe Spuren. Laut Studie nehmen die späteren Mitarbeiter schlechte Erfahrungen aus dem Recruiting-Prozess mit in das neue Arbeitsverhältnis – und haben wesentlich schneller Kündigungsgedanken als ihre Kollegen, die ihre Einstellung als durchweg positiv erlebt haben. Eine positive Recruiting-Erfahrung, an die sich eine erfolgreiche Onboarding-Phase anschließt, bildet den Start einer sogenannten positiven Employee-Experience. Aus einem zufriedenen Kandidaten kann so ein loyaler Mitarbeiter werden.
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