Russland setzt Wehrpflicht für IT-Fachkräfte aus
Um weiterer Abwanderung wichtiger Arbeitskräfte entgegenzuwirken, teilte die russische Regierung nun mit, dass IT-Fachkräfte nicht den Wehrdienst antreten müssen. In den Monaten April, Mai und Juni zieht der russische Staat traditionell seine neuen Wehrpflichtigen ein. Dieses Jahr sind das rund 134.500 Männer im Alter von 18 bis 27 Jahren. Da der Kreml aber auch im Blick haben muss, dass nicht zu viele Fachkräfte das Land verlassen, die nicht in den Krieg hineingezogen werden wollen, hat er nun eine Ausnahmeregelung für einen Bereich erlassen: jenen der IT-Branche.
Fachkräfte verlassen das Land
Russische Militärkommissare teilten bei einer Pressekonferenz mit, dass Unternehmen für „IT-Spezialisten“ einen Aufschub beantragen können, schreibt das russische Magazin MK. Der Kreml reagiert damit auf eine Entwicklung, die sich mittlerweile seit Wochen beobachten lässt: Da sich internationale Unternehmen aufgrund der westlichen Sanktionen aus Russland zurückziehen, verlassen auch Fachkräfte das Land.
So zogen sich auch deutsche IT-Konzerne wie das Softwareunternehmen SAP oder die Deutsche Telekom aus Russland zurück. Allein SAP beschäftigte nach eigenen Angaben Mitarbeiter im niedrigen vierstelligen Bereich in Russland. Telekom-Boss Tim Höttges teilte diese Woche auf der Hauptversammlung des Konzerns mit, dass ein Großteil der Telekom-Beschäftigten in Russland das Angebot angenommen habe, von anderen Ländern aus ihre Arbeit fortzusetzen „und das Land verlassen“ habe.
Spezielle Bedingungen für IT-Branche
Das passt ins Bild, das der Migrationsforscher Jochen Oltmer schon im März in der Wirtschaftswoche zeichnete, als er von einem „beginnenden Braindrain“ sprach, da Zehntausende junge, gut ausgebildete Menschen Russland schon in den ersten Wochen des Krieges verlassen hätten. Als Braindrain wird die verstärkte Abwanderung von Fachkräften bezeichnet.
Russlands Regierung scheint sich dieses Problems bewusst zu sein – speziell in der IT-Branche. Bereits am 2. März kündigte sie an, IT-Konzerne würden drei Jahre lang von der Einkommenssteuer befreit und stellte ihnen günstige Darlehen in Aussicht.