Dieses Video ist eine Eskalation. Hatte der stets provokationsfreudige Dmitri Rogosin, Chef des russischen Nasa-Pendants Roskosmos, bereits nach der Verkündung von Sanktionen gegen sein Land wegen des unprovozierten und völkerrechtswidrigen Überfalls auf die Ukraine vage damit gedroht, dass die Auswirkungen dieser finanziell wirkenden Strafmaßnahmen den weiteren Betrieb der international betriebenen Raumstation ISS bedrohen könnten, geht er jetzt einen großen Schritt weiter.
Roskosmos veröffentlicht empörendes Video
Ein regelrecht verstörendes neues Video, das vom russischen Staatsmedium Ria Novosti veröffentlicht wurde, zeigt in einer Mischung aus archiviertem Filmmaterial und aktueller CGI, wie die Internationale Raumstation in der Atmosphäre verglüht. Vor dem Absturz in die Atmosphäre verabschieden sich die russischen Kosmonauten von ihrem US-amerikanischen Kollegen Mark Vande Hei, der in der Station verbleibt. Dann sprengen die Russen ihr Modul ab und sehen zu, wie die ISS antriebslos in die Vernichtung stürzt.
Als Soundtrack hinterlegt Roskosmos das russische Lied „Proschay“, das in deutscher Übersetzung etwa „Leb wohl“ heißen würde und vom Auseinanderbrechen einer tiefen Beziehung handelt. Dabei impliziert der Songtexte ein tödliches Ende für beide Beteiligten: „Wir werden weder zueinander zurückfinden noch zu uns selbst.“
Nicht Rogosins erste Provokation
Über das Video, das von Ria Novosti auf Telegram gepostet wurde, hatte zuerst der Space-Blog Nasa Watch getwittert und dabei Rogosin als Bedrohung für das ISS-Programm bezeichnet. Rogosin hatte zuletzt bereits gedroht, dass die ISS ohne das russische Antriebsmodul auf die USA oder Europa stürzen könnte. SpaceX-Chef Elon Musk hatte daraufhin den Ersatz des russischen Moduls durch eine Dragon-Kapsel ins Spiel gebracht.
Die Nasa hatte auf diese Drohung mit einer Erklärung reagiert, die nicht auf die Provokation einging:
„Die NASA arbeitet weiterhin mit all ihren internationalen Partnern, einschließlich des staatlichen Raumfahrtunternehmens Roskosmos, zusammen, um den sicheren Betrieb der Internationalen Raumstation zu gewährleisten.“
Geschmacklosigkeit oder ernste Drohung?
Unklar ist natürlich, welche Bedeutung dem neuen Video realistischerweise beigemessen werden sollte. Gut möglich, dass es sich um eine belanglose Provokation handelt. Andererseits scheint Russland in Anbetracht des ungerechtfertigten Angriffs auf die Ukraine derzeit alles zuzutrauen. Signalwirkung hätte das Vorgehen ganz eindeutig. In Anbetracht dieser Drohung erscheint das vermeintlich „versehentliche Umdrehen“ der ISS durch das russische Modul im vergangenen Sommer gar nicht mehr so versehentlich.
Zur – wenn auch nur oberflächlichen – Beruhigung könnte eine Maßnahme beitragen, die Weltraum-Berichterstatter Alan Boyle vom Cosmic Log vorschlägt:
„Ich kann es kaum erwarten, dass Twitter die Konten der russischen Regierung sperrt, damit wir nicht mehr unter dem Trolling von @Rogozin (und anderen Bots) leiden müssen.“
Rogosin und Konsorten sind die Exponenten einer toxischen Männlichkeit, die sich in solchen Zerstörungsfantasien baden. Aber letztendlich sind die eine winzige Minderheit.
Was der Mann und viele seiner Sorte offensichtlich nicht so ganz geragt haben, ist, dass das eher aufzeigt, wie ohnmächtig und grundsätzlich verpeilt diese Charaktere sind. Am Ende werden sich diese Leute nicht durchsetzen können, nicht in der Russischen Förderation und auch nicht anderswo.
Rogosin ist ein Komiker. Die Tweetschlacht die er sich mit Musk leistet, ist schon eher peinlich.