Grauzone Schleichwerbung: So gehen Blogger und Seitenbetreiber auf Nummer sicher [#rp15]
„Schleichwerbung – Geld vs. Recht & Moral“
Über Schleichwerbung und Kennzeichnungspflicht herrscht eine allgemeine Unsicherheit. Nicht zuletzt, weil sich die „Schleichwerbung“ in einer rechtlichen Grauzone befindet. Fakt ist: Wurde ein Inhalt bezahlt, muss er auch gekennzeichnet werden.
Ab wann aber ist ein Beitrag fremdfinaziert und wie genau muss eine Kennzeichnung aussehen? Darüber hat Rechtsanwalt Thomas Schwenke in seinem Vortrag „Schleichwerbung – Geld vs. Recht & Moral“ auf der re:publica in Berlin gesprochen.
Schleichwerbung: Das Problem mit dem objektiven Anschein
Das große Problem mit der Schleichwerbung ist das „Schleich“, nicht die Werbung. Unternehmen dürfen Werbung machen. Menschen sollen sich aber auch aus unabhängigen Quellen informieren können. Deswegen muss es eine redaktionelle Trennung zwischen journalistischen Inhalten und Werbung geben. Die Gesetzeslage ist hier allerdings nicht ganz eindeutig, wenn es darum geht, wann und wie das passieren muss. Wer Werbung für sein Unternehmen machen will, legt selbstverständlich nicht so großen Wert auf redaktionelle Trennung. „Wenn man eine Zeitung liest, glaubt man in der Regel, was drin steht“, so Thomas Schwenke. „Deshalb wollen Unternehmen und Agenturen natürlich, dass ihre Werbung so ähnlich wie ein Artikel aussieht.“
Für Blogger und Journalisten ist es aber essentiell, ihre Glaubwürdigkeit gegenüber der Leserschaft zu wahren. Denn eben das ist ihr Kapital. Aus diesem Grund ist es nicht nur moralisch und rechtlich, sondern auch wirtschaftlich nötig, fremdfinanzierte Beiträge zu kennzeichnen. Veröffentlichen Unternehmen gefärbte Artikel auf ihrem eigenen Corporate Blog sei keine Kennzeichnung nötig, sagt Schwenke. Aber auch hier gebe es Ausnahmen. Die wesentliche Frage sei: „Erweckt das Medium den Anschein der Objektivität?“, so der Anwalt. Zuletzt war hier der vermeintliche Techblog curved.de massiv in der Kritik. Curved wird von E-Plus finanziert, kommt aber zunächst wie ein unabhängiges Webmagazin daher. Gekennzeichnet ist das nur im Footer der Seite. Moralisch und rechtlich fragwürdig.
Wann tritt die Kennzeichnungspflicht ein?
Das Problem mit dem „Schleich“ lässt sich also lösen, indem man ordnungsgemäß und erkennbar dran schreibt, was drin ist. Aber was muss man jetzt eigentlich genau ausweisen? Ein Beitrag müsse nur dann gekennzeichnet werden, wenn auch Geld oder Gefälligkeiten, zum Beispiel in Form von Testprodukten, für genau diesen Artikel geflossen seien und das vertraglich vereinbart wurde, erklärt Schwenke.
Hat ein Unternehmen aber zum Beispiel Banner auf einer Seite gebucht und unabhängig davon erscheint ein Artikel auf derselben Seite, der nicht Teil der Vereinbarung ist, so sei dieser auch nicht kennzeichnungspflichtig. Bei Sachzuwendungen trete die Kennzeichnungspflicht sowieso erst ab 1.000 Euro ein, betont der Rechtsanwalt. Bedingung: Die Berichterstattung dürfe durch diese Zuwendung nicht beinflusst sein. Gibt es eine Vereinbarung, nur Positives zu berichten, müsse der Beitrag in jedem Fall gekennzeichnet werden.
Mit welchem Label auf der sicheren Seite?
Mit der Kennzeichnung „Anzeige“ sei man auf der sicheren Seite, so Schwenke. Auch „Werbung“ und „Advertorial“ sind völlig ausreichend. Weil diese Label aber für viele Leser abschreckend sind, sieht man bei Bloggern und Seitenbetreibern immer wieder Label wie „Sponsored by“. Aber ist das eigentlich zulässig? Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil von 2014 entschieden, dass ein alleinstehendes „Sponsored by“ nicht ausreichend ist. Schwenke weist aber darauf hin, dass das Urteil nicht ganz eindeutig ist und stuft das Risiko, wegen einer Kennzeichnung mit „Sponsored by“ in Schwierigkeiten zu kommen, als „hinnehmbares Risiko“ ein.„Abmahnungen sind wie Haie. Die sind irgendwo, aber die meisten kriegen nie einen zu sehen.“
Aber letztendlich geht es ja als Publisher nicht nur darum, einer Abmahnung zu entgehen, sondern die Glaubwürdigkeit gegenüber dem Leser nicht zu beschädigen. Denn das kann auch innerhalb der gesetzlichen Bahnen passieren. Zu der Angst vor den Abmahnungen hat Schwenke jedoch eine klare Botschaft: „Abmahnungen sind wie Haie. Die sind irgendwo, aber die meisten Menschen kriegen nie einen zu sehen.“
Zudem hafte in der Regel eher das Unternehmen, das den Artikel in Auftrag gegeben hat, nicht der Publisher – auch wenn entsprechende Vereinbarungen im Vertrag getroffen wurden. Deswegen solle man sich nicht mit der Angst vor Abmahnungen verrückt machen. Wenn man sich vor Gefahren schützen will, solle man seine Energie lieber woanders rein stecken, empfiehlt der Anwalt: „Kümmern sie sich lieber um ihre Steuererklärung.“
Thomas Schwenke hat das Thema Schleichwerbung auch in den Beiträgen „Blogger-Relations: Was bei Produktzusendungen an Blogger rechtlich zu beachten ist“ sowie „Verschleiert, viral und illegal – Zur Rechtswidrigkeit von Schleichwerbung” in seinem Blog behandelt.
Es geht nicht um Gerechtigkeit, sondern dem Gegner möglichst viel Ärger zu machen.
Bei Rezensionen sucht man sich dann Einzel-Aussagen oder mehrdeutig zu interpretierende Formulierungen. Standardbeispiel:
heise.de: DVB-T: Ausbau in ganz Hessen und NRW
Aber es war gar nicht ganz NRW sondern nur Teile davon. Die Formulierung ist mehrdeutig.
Die Links erspare ich mir. Dann wird das Posting leider geblockt obwohl ich (im Gegensatz zu Plagiatoren) gerne Referenzen aufliste.
Ein Lieferdienst-Vermittler musste sogar Volljuristen einstellen.
https://t3n.de/news/pippi-langstrumpf-prinzip-497721/ Punkt „3. Angriff)“ „Unterlassungs-Erklärungen“.
Und die 1500 Euro hat man ja locker aus der Portokasse.
https://t3n.de/news/mehrzahl-app-entwickler-verdient-558607/
https://t3n.de/magazin/media-future-netz-selbermacher-228576/ (man suche „Abmahnung“)
„Bei Sachzuwendungen trete die Kennzeichnungspflicht sowieso erst ab 1.000 Euro ein, betont der Rechtsanwalt.“
Soll das bedeuten, dass ein Blogger pro Blog-Beitrag Sachzuwendungen bis 1000 Euro bekommen kann ohne den Beitrag als Werbung zu kennzeichnen? In welchem Gesetz kann man das nachlesen?
Hi Paul, bei rechtlichen Fragen wende dich doch direkt an Thomas Schwenke. In seinem Blog kannst du auch viel nachlesen.
Bei Twitter findest du ihn hier: https://twitter.com/thsch. Seinen Blog findest du hier: http://rechtsanwalt-schwenke.de/blog/
Liebe Grüße,
Melanie
@paul: Das steht nicht im Gesetz, wie so vieles im Marketingrecht. Es ist eine Richtsumme aus dem Bereich des Product Placements, die ich im annehmbaren Risikobereich sehe. Wenn Du jetzt sagst, es sind 500 oder 1.500 Euro, dann kann es je nach Fall genauso stimmen.
Korrektur:
Schlecht formuliert: „Es geht nicht um Gerechtigkeit, “
Korrekter: „Oft genug geht es leider nicht um Gerechtigkeit, „