Schwarzbuch 2021: Steuerzahlerbund schimpft über hohe Kosten für Luca und digitalen Impfnachweis
Der Bund der Steuerzahler ist nicht einverstanden mit der Vergabepraxis der Bundesbehörden bei IT-Projekten. Besonders stoßen sich die Fachleute an der Luca- und der Autobahn-App, aber auch die Einführung des digitalen Impfnachweises sehen sie kritisch.
Luca-Lizenzen zu teuer beschafft
So sieht der Steuerzahlerbund in Sachen Luca-App eine gravierende Verschwendung von Steuergeldern. In Sachsen-Anhalt etwa habe das dort zuständige Landesministerium für Arbeit und Soziales die Lizenz für die Luca-App im Frühjahr erworben und dabei direkt für ein Jahr im Voraus pauschal gezahlt. Nach Erkenntnissen des Steuerzahlerbundes würde die App in den damit versehenen Gesundheitsämtern aber „nur wenig genutzt“. Manche Gesundheitsämter hätten grundsätzliche Bedenken gegen das System und setzten es deshalb nicht ein.
Das sei „besonders gravierend“, weil das Land die Jahreslizenzen der Luca-App inklusive der Kosten für Rechenzentrenkapazitäten im Voraus bezahlt habe, anstatt auf nutzungsabhängige Preismodelle zu setzen. So ergebe sich für den Anbieter die Situation, dass sein finanzieller Erfolg „umso höher sei, je weniger die App genutzt wird“. Der Steuerzahlerbund attestiert einen Beschaffungsvorgang, der „wenig strukturiert und kaum nachhaltig“ sei. Damit sei Sachsen-Anhalt nicht allein. Auch andere Bundesländer hätten in gleicher Weise Luca-Lizenzen erworben und auf diese Weise insgesamt rund 21 Millionen Euro aus öffentlichen Mitteln ausgegeben.
Autobahn-App: Anwendung ohne Mehrwert verliert Nutzendenbasis
Auch die für rund 1,2 Millionen Euro entwickelte Autobahn-App ist Ziel der Kritik. Sie biete keinerlei Mehrwert gegenüber bereits verfügbaren kostenlosen Apps wie etwa Google Maps, was sich darin äußere, dass die Zahl der aktiven Nutzer der App zwischen Ende Juli und Anfang September von rund 130.000 auf rund 14.000 geschrumpft sei. Dennoch arbeitet das Verkehrsministerium weiterhin an Updates.
IT zu Fuß beim digitalen Impfpass kostet zu viel Geld
Im Zusammenhang mit der Corona-Impfkampagne beklagt der Steuerzahlerbund planerische Versäumnisse, die teure Folgen hatten. So habe in Deutschland zunächst kein IT-System zur Verfügung gestanden, um Impfungen „sofort elektronisch zu erfassen und später unkompliziert in das europäische Impfzertifikat zu übertragen“.
Deshalb sei die Notwendigkeit entstanden, analoge Nachweise später digital nachzuerfassen, um so die QR-Codes für das digitale Covid-Zertifikat zu erstellen. Dafür hatte der Bund Ärzten und Apothekern bis zu 18 Euro pro Stück, später immer noch bis zu sechs Euro, vergütet. Die Höhe der Gesamtkosten konnte das Bundesgesundheitsministerium dem Steuerzahlerbund noch nicht sagen.
Breitbandausbau voller Pleiten und Pannen
Deutliche Kritik zieht auch der Breitbandausbau in verschiedenen Teilen Deutschlands auf sich. So habe es in Brandenburg und Sachsen teure Planungsfehler beim staatlich geförderten Breitbandausbau gegeben. In Borkheide im Landkreis Potsdam-Mittelmark seien „unbewohnte Gartenlauben“ für Glasfaseranschlüsse „straßenseitig vorbereitet“ worden. Hingegen habe man Gewerbetreibenden wie dem örtlichen Hotel den Breitbandausbau vorenthalten, weil deren Anschlüsse nicht förderfähig waren.
Im Landkreis Bautzen soll die gesamte Breitbandplanung für ein immerhin 105 Millionen Euro teures Projekt auf „veraltetes und ungenaues Kartenmaterial“ gegründet worden sein. Das habe dazu geführt, dass Äcker und Wiesen als Bedarfsflächen ausgewiesen worden waren, während Wohngebiete nur lückenhaft erfasst wurden. So seien 5.900 Adressen vergessen worden, für die im Nachhinein ein neues Förderprojekt über rund 83 Millionen Euro aufgelegt werden musste.
Digitalisierung insgesamt weit hinten
Neben diesen konkreten Beispielen zeigt sich der Steuerzahlerbund ganz grundsätzlich entsetzt über das „IT-Chaos beim Bund“. So habe die Bundesregierung schon 2015 das Projekt „IT-Konsolidierung“ beschlossen, um die Rechner- und Netzinfrastruktur der Verwaltung neu aufzustellen, dabei aber dann über Jahre keine Fortschritte gemacht. Nun „wurde die Organisation mit Beginn des Jahres 2020 komplett neu strukturiert“. Dabei seien die Kosten zunächst auf einen „mittleren dreistelligen Millionenbetrag“ geschätzt worden. Inzwischen sei aber statt von einer halben Milliarde Euro von 3,4 Milliarden Euro die Rede. Zu befürchten stehe, dass selbst dieser Rahmen nicht gehalten werden könne. Auch der zeitliche Rahmen, der ursprünglich die Zielmarke 2025 vorgesehen hatte, sei laut Steuerzahlerbund wohl nicht zu halten. Mittlerweile sei von 2028 die Rede.
Für die Zukunft schlägt der Steuerzahlerbund vor, auf die Schaffung eines neuen Digitalministeriums zu verzichten. Stattdessen solle etwa vorhandene Kompetenz in einem bereits bestehenden Ressort gebündelt und um eine „schlagkräftige Digitalagentur“ ergänzt werden. Die laufende Legislatur sollte von einem „Digital-Tüv“ begleitet werden, der sicherstellt, „dass alle Vorhaben auf Digitaltauglichkeit geprüft werden“.