Wir setzen uns Ziele – und dann prokrastinieren wir. Wir schreiben To-do-Listen – und beachten sie dann nicht mehr. Und das passiert uns immer wieder und wieder und wieder und wieder. Warum sind wir so gut darin, zu wissen, was zu tun ist, nur um es dann schlussendlich doch nicht zu tun? Die Antwort darauf ist ziemlich simpel, denn bei all der Organisation dieser Aufgaben überspringen wir einen enorm wichtigen Schritt – nämlich, auch die entsprechende Motivation zur Erledigung der To-dos aufzubringen. Systeme zur Produktivitätserhöhung berücksichtigen nämlich selten bis gar nicht die Notwendigkeit aktivierender Emotionen.
Dabei sind es doch gerade die Gefühle, die einen grundlegenden Teil dessen ausmachen, warum Menschen tun, was sie tun. Und vor allem, warum sie es gerne tun. Wir können unsere Emotionen nicht einfach ignorieren. Aufgrund der Art, wie unser Gehirn strukturiert ist, konkurrieren Gedanken und Gefühle ständig miteinander. Dabei gewinnen die Gefühle so gut wie immer. Forscher haben sogar herausgefunden, dass umso stärker wir ein Gefühl bekämpfen, desto heftiger versucht es sich durchzusetzen. („Ich habe zwar keine Lust, aber heute schreib ich die Bachelor-Arbeit!“, „Oh, guck mal. Das Bad muss mal wieder geputzt werden!“)
Was also tun? Mal abgesehen davon, dass die größte Voraussetzung natürlich sein muss, dass wir Spaß an der Kernaufgabe haben, gibt es verschiedene Ansätze, wie sich die Motivationsbereitschaft positiv beeinflussen lässt. Soll heißen: Wer einer Tätigkeit nachgeht, auf der er so gar keine Lust hat, dem werden auch keine Impulse von Außen mehr helfen. Wer in einem Studium steckt, das gar nicht zu einem passt, der wird auch keine Leidenschaft entwickeln können. Wer die Sinnfrage für sich jedoch zufriedenstellend beantwortet hat, der braucht manchmal nur einen kleinen Schubs – und der lässt sich provozieren.
1. Motivation durch Fortschritt
Es gibt da diesen einen Satz, der da lautet, dass wir Menschen die Produkte unserer Umstände sind. Das passt ganz gut zu dem, was Forscher über Motivation und wie sie gestärkt wird in den vergangenen Jahren herausgefunden haben. Wir brauchen uns nur selbst einmal zu fragen: Wann prokrastinieren wir eigentlich am meisten? Die Antwort lautet: Wenn unsere Stimmung schlecht ist! Der Autor und Träger des renommierten Faulkner-Preises Daniel Akst schrieb dazu in seinem Buch „Temptation: Finding Self-Control in an Age of Excess“, dass Prokrastination schlussendlich auch nur eine Stimmungsmanagement-Technik sei.
Akst erklärt seinen Lesern, dass das schlechte Gefühl während des pathologischen Aufschiebens durch die Erledigung anderer Sachen auszugleichen versucht wird. Dadurch fühle man sich besser. Genau wie beim Essen oder beim Drogenkonsum zur Aufhellung der Stimmung wird dieses Verhalten jedoch nur kurzfristig dazu führen, dass man sich wirklich gut fühlt. Das dicke Ende kommt dann erst. Und zwar oft mit voller Wucht, wenn der Leidensdruck immer unerträglicher wird. Um langfristig zufrieden zu sein, so die Glücksforschung, brauchen Menschen vielmehr das Gefühl, dass sie sich fortwährend weiterentwickeln. Dass sie Neues lernen.
„Fortschritt in bedeutungsvoller Arbeit hat den größten Effekt!“
In dem Zusammenhang fand Harvard-Forscherin Teresa Amabile heraus, dass nichts motivierender sei als persönlicher Fortschritt. Auch sie hat ihre Ergebnisse in einem Buch mit dem Titel „The Progress Principle: Using Small Wins to Ignite Joy, Engagement, and Creativity at Work“ aufgeschrieben und spricht sogar vom Fortschrittsprinzip: „Von all den positiven Ereignissen, die das innere Arbeitsleben beeinflussen, hat Fortschritt in bedeutungsvoller Arbeit den größten Effekt. Von allen negativen Ereignissen hat Stillstand in der Arbeit den mächtigsten Einfluss.“ Sie plädiert somit dafür, nicht nur im Alten zu verharren, sondern ständig weiterzulernen.
Routinearbeit oder routiniertes Arbeiten führe dazu, dass wir weniger Spaß an unseren Tätigkeiten finden und aufhören, sie mit voller Motivation zu erledigen, so Amabile. Hin und wieder den Kopf herausziehen und ein spannendes Seitenprojekt zu erledigen, könne die Laune heben, da neue Sachen getan, gelernt und zu Ende gebracht werden. Davon profitiert die komplette Geisteshaltung und Gefühlswelt. Und das führt dazu, dass Berufstätige auch wieder motiviert die Punkte auf ihren To-do-Listen angehen und abstreichen können. Es lohnt sich also, zu schauen, ob es einen Bereich gibt, in dem man sich einbringen und Neues lernen kann.
2. Motivation durch Belohnung
Ein weiterer Punkt, der zur Motivation beiträgt, sind Belohnungen. Sie fühlen sich gut an, während Strafen einen gegenteiligen Effekt auf uns haben. Und genau deshalb können beide Formen der Wert- und Geringschätzung dazu beitragen, dass jemand motiviert oder demotiviert wird. David Niven, der Erfolgsautor der „The 100 Simple Secrets“-Serie schreibt in seinem Buch „The 100 Simple Secrets of Succesful People“, dass Belohnungen einen Effekt von bis zu 75 Prozent auf unsere Motivation haben können und stützt sich dabei auf Forschungen US-amerikanischer Kollegen. Er selbst ist Sozialwissenschaftler und hat einen Doktortitel.
„Belohnungen haben einen Effekt von bis zu 75 Prozent auf unsere Motivation!“
Einzig problematisch: Wenn Menschen eine Belohnung wieder weggenommen wird, kann die Motivation rapide in den Keller sinken. Deshalb sollte sich das wertschätzende Element auf eine Anerkennung beziehen, die von Anfang an ihre Grenzen hat und gar nicht erst den Anschein einer Beständigkeit suggeriert. Wie kann man sich also belohnen? In dem man sich beispielsweise am Ende eines Projekts mit einem Restaurant-Besuch oder einem kleinen Urlaub belohnt. Allein die Aussicht darauf kann helfen, dass man mit einer gewissen Vorfreude an die Erledigung der Aufgaben herangeht.
Das sollten übrigens auch Chefs beachten, wenn sie überlegen, ein Team-Mitglied für gute Arbeit zu belohnen. Gehaltserhöhungen sind toll, dienen jedoch nicht unbedingt zur Motivationssteigerung, sondern eher zur Bindung des Mitarbeiters ans Unternehmen. Talente, die gut verdienen, werden zumindest nicht aus finanziellen Gründen das Unternehmen verlassen. Mit einer Motivationssteigerung hat das jedoch nicht viel zu tun. Denn die Motivation nach einer Gehaltserhöhung wird mit der Zeit schwinden, wenn sie sich völlig in den Alltag eingebettet hat. Besser wäre: ein einmaliger, zusätzlicher Urlaubstag.
3. Motivation durch Vorbilder
Sich mit Menschen zu umgeben, die zum einen inspirieren und zum anderen positiv herausfordern, wirkt enorm motivierend auf uns. Im Rahmen des Longevity Projekt, das 80 Jahre lang das Leben von 1.000 Menschen begleitet hat, fand heraus, dass die Gruppen, mit denen wir uns verbinden, einen Einfluss darauf haben, wer wir selbst werden. Menschen, die sich beispielsweise einen gesünderes Leben wünschten und sich mit aktiven Menschen umgaben, haben sich Veränderungen in ihrem eigenen Leben wesentlich motivierter gestellt. Das Prinzip ist universell und lässt sich auch ins Berufsleben übertragen.
So schreibt beispielsweise Charles Duhigg in seinem Bestseller „The Power of Habit“, dass Menschen, die sich einer Gruppe anschließen, in der Veränderung möglich scheint, ihr eigenes Potenzial für Veränderung erhöhen. Und auch Carlin Flora erklärt in „Friendfluence“, dass Forscher nachgewiesen haben, dass die berufliche Karriere und damit einhergehenden Ziele unserer Freunde auch unsere eigenen Bestrebungen beeinflussen. Kurzum kann man daraus schlussfolgern: Wer unmotivierte Menschen um sich herum hat, wird selber zu einem unmotivierten Menschen.
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