Sicherheitslücke bei Luca-App: Überarbeitung führt offenbar zu anderen Problemen
Die Luca-App soll Gesundheitsämtern bei der Kontaktnachverfolgung helfen. Infektionsketten mit dem Coronavirus sollen so gestoppt werden. In einem Video zeigt Mengs anhand des öffentlich einsehbaren Quellcodes des Luca-Systems den Prozess, der abläuft, nachdem ein Gesundheitsamt vom Baraufenthalt einer infizierten Nutzerin erfährt. In der Rolle des Mitarbeiters eines fiktiven Gesundheitsamtes ruft er via Luca die Daten fiktiver Barbesucher ab, die laut Timestamp zur selben Zeit wie die infizierte Person vor Ort waren. Um den kompletten Datensatz sehen zu können, muss er diesen herunterladen und in Excel importieren. Oft geschieht das in Form einer CSV-Datei. Unter den Daten befindet sich auch der Check-In eines fiktiven Angreifers, in dessen Nutzerdaten sich Schadcode befindet. Unmittelbar nach dem Import in Excel verschlüsselt dieser Schadcode den Computer und greift Daten ab. CSV-Injection wird ein derartiger Angriff auch genannt. Programme wie Excel können jeden Wert einer CSV-Datei, der mit einem = beginnt, als Funktion interpretieren. In die Luca-App eintragen kann ein Angreifer solche Sonderzeichen fatalerweise ganz einfach als Teil seines Namens oder seiner Adressdaten.
Das Luca-Team wusste seit Wochen von der Lücke
Das Bemerkenswerte daran: Auf diese Lücke wurde das Luca-Team offenbar bereits vor drei Wochen aufmerksam gemacht. Mengs’ Video zeigt jetzt allerdings, dass nachträglich getroffene Vorkehrungen zu Sonderzeichen in Namen im Code offenbar lückenhaft sind.
Um die Gesundheitsämter auf diese Art tatsächlich angreifen zu können, müssen eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein. Das Problem besteht für den CSV-Export und den Sormas-Export. In der Luca-App gibt es daneben die Option, die Daten direkt in Excel zu importieren. Entscheidet sich ein Gesundheitsamtmitarbeiter für den CSV- oder Sormas-Export, bekommt er in Excel eine Warnung angezeigt. Nur, wenn der Mitarbeiter diese Warnung ignoriert, können Angreifer mit ihrem Angriff fortfahren. Warnungen dieser Art gebe es in gängigen Programmen wie Excel aber auch bei legitimer Nutzung häufiger, User seien daran gewöhnt, sie wegzuklicken, sagt Linus Neumann, Sprecher des Chaos Computer Club, gegenüber Eva Wolfangel für Zeit Online.
Die Menge macht’s
Das Künstlerkollektiv Peng hat vor Kurzem aufgezeigt, wie einfach es ist, täglich Tausende Nutzerprofile anzulegen und diese über beliebige Luca-Locations einzuchecken. Die bloße Masse erhöhe die Wahrscheinlichkeit für den Erfolg eines solchen Angriffs drastisch. Am Ende genüge ein Mitarbeiter, der diesen Fehler mache, so Mengs. Realistisch sei das Szenario allemal – ein Angreifer könne darüber beliebigen Code ausführen und etwa Patientendaten downloaden, Daten löschen oder Ransomware nachladen, so das Urteil des CCC-Sprechers. Die Sicherheit der Luca-Datenverarbeitung dürfe nicht an einer Excel-Warnung hängen. Das System müsse sichere Daten liefern.
Eigentlich ist es üblich, dass Sicherheitsexperten die Hersteller einer betroffenen Software informieren, bevor sie mit einer aufgedeckten Lücke an die Öffentlichkeit gehen, sodass diese geschlossen werden kann. Im Fall der Luca-App sei das nicht nötig gewesen, so Mengs im Video. Die Lücke sei schließlich längst bekannt.
Erneuter Fix offenbar problematisch
Am Mittwoch haben die Luca-Entwickler sich der Lücke daraufhin erneut angenommen. Ein wenige Stunden nach Veröffentlichung des Videos getätigtes Commit im Gitlab-Repository des Luca-Projekts zeigt, dass Sonderzeichen in Einträgen jetzt wohl bereinigt werden. Das scheint allerdings dazu zu führen, dass User mit Sonderzeichen im Namen nicht mehr korrekt in die CSV-Dateien exportiert werden und somit unter Umständen von den Gesundheitsämtern nicht mehr kontaktiert werden können. Auch nachdem die Entwickler in einem weiteren Commit noch einmal nachgebessert haben, ist das Problem offenbar nicht ganz aus der Welt.
Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2021.