
Reale, ungefilterte Momente: Das wollen Nutzer:innen mehr sehen als eine gestellte Perfektion. (Foto: Undrey/Shutterstock)
Ein aufregender und glamouröser Travel-Lifestyle, Hochglanz und Politur? Das wollen Nutzer:innen auf Social Media nicht mehr sehen. Das ergab eine Befragung von GWI. Insbesondere angetrieben durch die Corona-Pandemie ist das „Picture Perfect“, ein scheinbar perfektes und ideales Leben ohne Probleme, nicht mehr das erwünschte Bild in den sozialen Medien. Stattdessen wollen die Menschen Authentizität und Echtheit sehen, persönliche Probleme und ungefilterte Bilder, mehr Realität – und sich darin auch mehr wiedererkennen.
Zu viel Druck und zu wenig Realität auf Social Media – vor allem für die Gen Z
Im Vergleich zum letzten Jahr hat die Gen Z laut Befragung weniger Interesse an Influencer- und Celebrity-News. Sie sei außerdem weniger daran interessiert, andere mit ihrem Lifestyle zu beeindrucken. Stattdessen sei es in Ordnung, wenn Menschen zugeben, Probleme zu haben oder dass sie zu kämpfen haben. Tiktok sei, so GWI, von Anfang an die App der Gen Z gewesen, in der sie dem Hochglanz anderer Plattformen entkommen konnten und das reale Leben anderer Personen sehen. Das Gefühl von polierter Fehlerfreiheit sei gleichbedeutend mit Zwängen, die schon vor der Pandemie wahrgenommen worden seien, sich aber durch die Pandemie verhärtet hätten. Ein Beweis dafür sind unter anderem sogenannte „Finstas“, Instagram-Accounts nur für privatere und ungezwungenere Fotos, die eher mit dem Bekannten- und Freundeskreis geteilt werden. Diese wurden zunehmend beliebter.

(Grafik: GWI)
Diversität, soziale Probleme und „Genuinfluencer:innen“
In allen Alters- und Gendergruppen hätte GWI dabei festgestellt, dass es einen Anteil an Menschen gibt, die über Diversität und gesellschaftliche und soziale Probleme sprechen möchten. Seit Ende 2020 sei insbesondere bei den Millennials und der Gen Z in den USA die Zahl derjenigen gestiegen, die immer versuchen würden, offen ihre Meinung zu sagen. Das wiederum hätte die Akzeptanz der Seiten erhöht, die das anscheinend schaffen würden. Ein Drittel aller Konsument:innen würde mehr Vertrauen in die Personen haben, von denen sie die persönlichen Schwierigkeiten kennen. Äußern sich Menschen online ganz öffentlich darüber, steigt diese Zahl auf 44 Prozent. Ein Beispiel sei dafür Simone Biles: Sie hatte sich aufgrund ihrer psychischen Gesundheit aus dem US-amerikanischen Olympia-Team zurückgezogen. Insgesamt gab es dafür überwiegend positive Resonanz – diese sei auch messbar, Biles’ Followerzahlen, Mentions und Engagement seien deutlich gestiegen. Influencer:innen, die statt Produkten Ideen und einen bestimmten Lebensstil promoten, heißen mittlerweile „Genuinfluencer:innen“. Dieser Begriff stünde für den positiven Impact, den sie auf die Influencer:innen-Kultur hätten.
#nofilter, please
Filter seien mittlerweile die Norm – Bilder ohne Filter werden daher als erfrischend wahrgenommen. Sogar die Gesamtnutzung von Filtern sei zurückgegangen: Seit 2020 sinke die Nutzung von Filtern auf Instagram, Snapchat und Tiktok in Europa und Nordamerika. Rund ein Fünftel wolle Fotos ohne Filter von den Accounts sehen, denen sie folgen. Nuzer:innen fordern insgesamt, dass die Nutzung von Filtern eindeutig sichtbar sein muss. Dazu passe auch das beliebte Format des „Photo-Dumps“: Dabei wird einfach ein unzusammenhängender Haufen an Fotos und Selfies gemeinsam veröffentlicht, beispielsweise als Carousel Post.
Witzige und leichte Inhalte und Informationen vor Ästhetik
Witzige und unbeschwerte Inhalte wollen laut GWI 55 Prozent Menschen sehen, gefolgt von Informationen, die den Menschen helfen. Schön aussehen muss Content für 41 Prozent. 36 Prozent möchten sich und ihre Situation in den Inhalten wiedererkennen.

(Grafik: GWI)
Es reicht dabei aber nicht, nur einen ungeschminkten Eindruck zu erwecken: Konsument:innen erkennen den Versuch, Imperfektionen strategisch darzustellen. Auch dafür gibt es einen Begriff: „Curated imperfection“ – die kultivierte Unvollkommenheit.