Anzeige
Anzeige
MIT Technology Review News

Statt Flugzeuge und Satelliten: Warum Ballons besser sind, um Waldbrände zu verfolgen

Ein Start-up wird in diesem Jahr Höhenballons über Colorado aufsteigen lassen, um eine kostengünstige Methode zur Erkennung von Waldbränden zu erproben.

Von MIT Technology Review Online
5 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige

Urban Skys Microballoon kurz nach dem Einsatz in der Nähe von Breckenridge, Colorado. (Bild: Urban Sky)

Im August wird es im US-Bundesstaat Colorado Hingucker am Himmel geben: Ballons in großer Höhe, aber keine Heißluftballons. Statt mit einer Gondel für Passagiere sind sie vollgepackt mit Sensoren, die die Hitze am Boden messen und aus der Luft neue Waldbrände erkennen können.

Anzeige
Anzeige

Das Unternehmen Urban Sky, das hinter der Ballonaktion steht, will sie auch einsetzen, um die Bedingungen am Boden zu verstehen, bevor Brände ausbrechen. Laut den Daten des Rocky Mountain Area Coordination Center für den Zeitraum von 2011 bis 2020 brennen in Colorado jedes Jahr rund 100.000 Hektar Land. Die Messinstrumente an Bord sollen helfen, diese Brände besser zu kontrollieren oder zumindest besser zu verstehen.

„Waldbrände sind ein natürlicher Bestandteil von Ökosystemen“, sagt Michael Falkowski, Leiter der Waldbrandprogramme bei der US-Raumfahrtbehörde NASA. Doch der Klimawandel wirkt wie Brandbeschleuniger, der die Feuer größer, intensiver und häufiger werden lässt. Gleichzeitig leben immer mehr Menschen näher an der Natur, und die Brandbekämpfung in den USA hinterlässt viel alte und abgestorbene Vegetation, die die Brandlast erhöht.

Anzeige
Anzeige

Um mit modernen Bränden umgehen zu können, so Falkowski, müssen Forscher und Feuerwehrbehörden Daten sammeln, bevor die Brände entstehen (oder erloschen sind) – und nicht erst, wenn es wieder brennt. Auf diese Weise kann man die Risiken im Voraus absehen und versuchen, sie zu minimieren und die Gefahren, die Brände für Menschen und Umwelt darstellen, wirklich verstehen.

Bessere Kartierung der Gefahr

Bevor ein Feuer ausbricht, können die Forscher:innen die Vegetation kartieren und abschätzen, wie nass oder trocken sie ist. Während eines Brandes können sie nur noch kartieren, wo und wie heiß es ist. Wenn alles vorbei ist, können sie die Schwere des Feuers abschätzen und die Luftqualität überwachen.

Anzeige
Anzeige

Am akutesten ist es natürlich, wenn das Feuer tatsächlich brennt. In der buchstäblichen Hitze des Gefechts kann es schwierig sein festzustellen, wann und wo genau sich das Feuer ausbreitet. Satelliten erledigen einen Teil dieser Arbeit, indem sie große Gebiete auf einmal überwachen. Die wichtigsten Wettersatelliten der US-Regierung liefern jedoch Bilder mit einem Bildpunktabstand von etwa 300 Metern, und sie können nicht immer einen zeitnahen Blick auf einen bestimmten Ort auf der Erde erfassen, da ihre Sicht durch ihre Umlaufbahn begrenzt ist.

Flugzeuge und Hubschrauber könnten die Ausdehnung eines Brandes detaillierter kartieren, sind aber teuer im Betrieb und gefährlich im Flug. Sie müssen sich mit anderen Luftfahrzeugen abstimmen und haben einen kleineren Blickwinkel, da sie näher am Boden fliegen. Außerdem sind sie eine begrenzte Ressource, da sie beispielsweise auch als Löschflugzeuge dienen könnten.

Anzeige
Anzeige

Urban Sky will die Vorteile von Satelliten und Flugzeugen vereinen, indem es relativ kostengünstige Höhenballons einsetzt, die über dem Feuer fliegen können, ohne Luftraumbeschränkungen, Kollisionen mit anderen Flugzeugen oder Kontakt mit dem Feuer selbst zu riskieren. Das System setzt keine menschlichen Piloten einem Risiko aus und verfügt über ein Infrarot-Sensorsystem namens HotSpot, das ein scharfes Echtzeitbild mit einem Bildpunktabstand von nur 3,5 Metern liefert. „Wir haben diese Auflösung gewählt, um einen einzelnen brennenden Baum zu erkennen“, sagt Jared Leidich, Chief Technology Officer bei Urban Sky. „Und das wäre im Wesentlichen ein Pixel – ein heißer Pixel“. Doch Urban Sky sind nicht die Einzigen: Andere Firmen wie Aerostar und LUX Aerobot stellen ebenfalls Ballons her, die Waldbrände überwachen können.

Start vom Truck

Das Team von Urban Sky hat bereits in früheren Tests Ballons steigen lassen, aber im August wird die Technologie für einen (nicht genannten) Kunden potenzielle Brände überwachen. Das Aufsteigen des HotSpot-Ballons ist dank seiner relativ geringen Größe überraschend einfach. Obwohl das Unternehmen verschiedene Größen herstellt, ist der Standardballon beim Start etwa so groß wie ein Lieferwagen. Sobald er sich in der Luft befindet und von einem niedrigeren Luftdruck umgeben ist, bläst er sich auf die Größe einer kleinen Garage auf.

Das Team von Urban Sky nutzt eine Wettersoftware, um zu berechnen, wo ein Ballon gestartet werden muss, damit er in der richtigen Höhe über dem Feuer schwebt. Dann packt das Team einen Ballon zusammen mit komprimiertem Helium- oder Wasserstoffgas ein und fährt mit einem Truck zu diesem Ort. Der Ballon wird an einem Mast befestigt, der aus dem Fahrzeug herausragt, mit Molekülen gefüllt, die leichter als Luft sind, und dann losgelassen. Der gesamte Vorgang dauert etwa 10 Minuten.

Anzeige
Anzeige

Sobald der Ballon seine Reiseflughöhe erreicht hat, schaltet sich der HotSpot-Sensor ein. Über Satellitenkommunikationsnetze sendet ein bordeigener Rechner Echtzeitinformationen über die aktuellen Brände an die Menschen am Boden.

Die Ballons können etwa 18 Stunden lang über einem Feuer schweben und nutzen dabei die Launen der Atmosphäre, um an Ort und Stelle zu bleiben. Sie fliegen in der Nähe des oberen Teils der Troposphäre und des unteren Teils der nächsten Atmosphärenschicht, der Stratosphäre. „Dort wehen die Winde oft in unterschiedliche Richtungen“, erklärt Leidich. Um sich hin und her zu bewegen, muss der Ballon einfach auf- oder absteigen.

NASA soll helfen

Der anonyme Kunde von Urban Sky, für den der Ballon im August eingesetzt wird, sammelt Daten über Windmuster und Waldbrandlasten (also Bäume, Büsche und Gras), um herauszufinden, wo Brände am wahrscheinlichsten ausbrechen und sich ausbreiten. Das Unternehmen ist daran interessiert, die Daten von Urban Sky zu integrieren, die vor Ort – also aus der Luft – ermittelt werden, wo die Brände tatsächlich ausbrechen. „Sie wollen ihren Prozess um einen zusätzlichen Schritt erweitern, bei dem sie die Gebiete mit hohem Risiko tatsächlich scannen“, sagt Leidich.

Anzeige
Anzeige

Wenn die Behörden während des Projekts einen Brand entdecken oder vermuten, kann Urban Sky den Truck losschicken. „Wir lassen einen Ballon über das Gebiet steigen, scannen es ab und sagen: Ja, hier brennt es. Hier ist es“, sagt Leidich. Wenn das funktioniert, könnte das System in größerem Maßstab eingesetzt werden – und neue Kunden anziehen.

In diesem Jahr hat Urban Sky auch einen Zuschuss durch das FireSense-Programm der NASA erhalten. Dessen Ziel ist es, innovative Wege zu finden, um mehr über die drei Brandphasen (vor, während und nach dem Feuer) zu erfahren. Gegenwärtig sind die August-Kampagne und das NASA-Programm die Hauptkunden von Urban Sky, obwohl das Unternehmen auch regelmäßig aktualisierte Luftbilder von zwölf Städten im Westen der USA verkauft. „Es ist eine interessante Technologie, diese aktive Branderkennung und -verfolgung von einer hochgelegenen Plattform aus durchzuführen“, sagt NASA-Mann Falkowski über die Ballons von Urban Sky.

Mit Unterstützung der Weltraumbehörde will das Team das System für längere Flüge modifizieren, ein robusteres Kommunikationssystem einbauen und einen Sensor integrieren, der blaues, grünes und nahes Infrarotlicht erkennt. Dies würde ein besseres Verständnis der Brandlast von Pflanzen ermöglichen und den Wäldern entsprechende Risikowerte zuweisen. Im nächsten Jahr will das Team wieder über echten Bränden schweben, diesmal für die NASA. Und in der Zwischenzeit wird es immer wieder Brände zu untersuchen geben. „Feuer ist nicht grundsätzlich etwas Schlechtes“, sagt Falkowski. Ökosysteme lebten damit. Das Problem sei nur, dass der Mensch zu nah an Orte komme, die aus natürlichen Gründen brennen.

Der Artikel stammt von Sarah Scoles. Sie ist Autorin bei der US-amerikanischen Ausgabe von MIT Technology Review und schreibt über Geowissenschaften und Komplexität.
Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Kommentare

Community-Richtlinien

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Kommentar abgeben

Melde dich an, um Kommentare schreiben und mit anderen Leser:innen und unseren Autor:innen diskutieren zu können.

Anmelden und kommentieren

Du hast noch keinen t3n-Account? Hier registrieren

Anzeige
Anzeige