Forscher üben heftige Kritik: 9-Euro- und Deutschlandticket vollkommen sinnlos?
Das 9-Euro-Ticket hatte die Bundesregierung im Jahr 2022 vor allem als Reaktion auf die Teuerung wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine eingeführt. Es galt aber auch als Instrument zur Förderung des ÖPNV – und damit der Verlagerung des Verkehrs vom Auto auf die Schiene.
52 Millionen Mal verkauft
Während das in den Monaten Juni, Juli und August 2022 geltende 9-Euro-Ticket rege genutzt wurde – es sollen rund 52 Millionen Tickets verkauft worden sein –, ist der Klimaschutzeffekt offenbar fast vollständig verpufft. Forscher:innen kommen jetzt zu dem Schluss, dass der Autoverkehr sich kaum verringert habe.
In einer Studie von Münchner Ifo-Institut, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Universität Salzburg wird das Billigangebot entsprechend als „teure und ineffiziente Klimaschutzmaßnahme“ bezeichnet. 2,5 Milliarden Euro hatte der Bund für das 9-Euro-Ticket ausgegeben.
Autoverkehr nur geringfügig gesunken
Der Autoverkehr sei aber in dem Geltungszeitraum nur um vier bis fünf Prozent verringert worden. Ein Grund dafür war, dass das Ticket vor allem in der Freizeit genutzt wurde. Der Auto-Pendler:innenverkehr scheine auf ein solches Programm kaum anzusprechen, heißt es in der Studie.
Die Studienmacher:innen räumen aber ein, dass der zeitgleich eingeführte Tankrabatt die Ergebnisse durchaus verfälscht haben könnte. Ohne die gesenkten Benzinpreise wären vielleicht deutlich mehr Autofahrer:innen auf Bus und Bahn umgestiegen. Dazu gibt es in der Studie aber keine Zahlen.
Keine nachhaltige Nutzung
Klar ist aber, dass mit die Zahl der mit dem Zug unternommenen Fahrten während des Geltungszeitraums des 9-Euro-Tickets um 34 Prozent angestiegen ist. Nach Auslaufen des Tickets im September sei die Zahl der Zugfahrten aber wieder auf das normale Ausgangsniveau abgerutscht – „in der Tendenz sogar leicht darunter“.
Derweil seien die Züge aufgrund der gesteigerten Nachfrage allerdings um 30 Prozent häufiger verspätet gewesen – und zwar nicht nur die Regionalzüge, in denen das Ticket gegolten hatte. Indirekt seien auch Fernzüge von den Verspätungen betroffen gewesen.
Studie: Eher teure Klimaschutzmaßnahme
„Aufgrund der hohen Kosten und nur geringer Reduktion im Autoverkehr scheint ein stark vergünstigtes Ticket wie das 9-Euro-Ticket eine eher teure Klimaschutzmaßnahme zu sein“, so das Ergebnis der Studie. Das Gleiche gelte auch für das mittlerweile in Deutschlandticket umbenannte 49-Euro-Ticket, den Nachfolger des 9-Euro-Tickets.
„Im Hinblick auf unsere Ergebnisse zum 9-Euro-Ticket ist es unwahrscheinlich, dass das deutlich teurere Deutschlandticket zur Substitution von Verkehrsträgern führt, selbst wenn es längerfristig gültig ist“, heißt es dazu in der Studie. Stattdessen dürfte das Ticket vor allem jenen zugutekommen, die schon zuvor regelmäßig den ÖPNV genutzt haben.
Andere Maßnahmen erforderlich
Um die Dekarbonisierung des Verkehrssektors voranzutreiben, sollten die politischen Entscheidungsträger:innen entsprechend „andere Maßnahmen in Betracht ziehen“. Welche Maßnahmen das sein könnten, dazu haben die Forscher:innen in ihrer Studie allerdings keine Vorschläge gemacht.