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Studie zeigt: Covid-Behandlung mit Blutplasma von Genesenen verhindert schwere Verläufe nicht

Es klingt logisch: Wenn wir Blutplasma von Personen gewinnen, die an einer Infektionskrankheit gelitten und dabei Antikörper gebildet haben, dann befinden sich diese Antikörper auch im Plasma. Entsprechend sollten Empfänger dieses Plasmas ebenfalls über Antikörper verfügen. Schon seit dem frühen 20. Jahrhundert sind solche Plasmabehandlungen bei unterschiedlichen Krankheiten mit – allerdings auch unterschiedlichem – Erfolg durchgeführt worden.
Entsprechend hatte die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA im Sommer 2020 nicht gezögert, als es darum ging, der Therapie mit Rekonvaleszenzplasma bei Covid-19-Erkrankten eine Notzulassung zu erteilen. Schon damals hatten verschiedene Wissenschaftler eingewendet, dass die Studienlage zu dem Thema insgesamt eher dünn sei und der Nutzen einer solchen Therapie nicht bewiesen. Behandelnde Ärzte hatten indes auf anekdotische Erkenntnisse und die Auswertung von Patientendaten verwiesen, wonach die Therapie im konkreten Fall gut funktioniere. Das hatte der FDA in der Notsituation zunächst gereicht.
Mit der Freigabe der FDA begannen amerikanische Krankenhäuser die Plasmatherapie an Zehntausenden von Erkrankten anzuwenden. Im August 2020 hatte die US-Gesundheitsbehörde NIH (National Institutes of Health) in federführender Kooperation mit der Stanford University und einigen anderen medizinischen Fakultäten eine randomisierte, kontrollierte Studie gestartet, in der untersucht werden sollte, ob Covid-19-Rekonvaleszenzplasma die klinischen Ergebnisse verbessert.
Bei den Teilnehmern handelte es sich um Erwachsene, die die Notaufnahme eines von 48 an der Studie teilnehmenden Krankenhäusern mit leichten bis mittelschweren Symptomen aufsuchten. Die Symptome durften maximal seit einer Woche bestehen, die Personen mussten über 18 sein und mindestens einen Risikofaktor aufweisen, der mit der Gefahr einer schweren Covid-19-Erkrankung in Verbindung gebracht wird, darunter Fettleibigkeit, Asthma und Typ-2-Diabetes. An der Studie nahmen letztlich 257 Personen teil, die Rekonvaleszenzplasma, und 254 Personen, die ein Placebo erhielten.
Ziel der Studie war es, die Hoffnung zu bestätigen, dass die Gabe von Genesenenplasma das Fortschreiten der Krankheit um zehn Prozent reduzieren würde. Diese Hoffnung bestätigte sich nicht, stattdessen betrug die Reduzierung weniger als zwei Prozent. Mit anderen Worten: Die Forscher stellten fest, dass die Covid-19-Patienten, die Rekonvaleszenzplasma erhielten, nicht seltener an schweren Symptomen erkrankten als diejenigen, die ein Placebo erhielten.
Allerdings erschien es den Forschern denkbar, dass eine schnelle Plasmagabe kurz nach der Virusexposition möglicherweise bessere Ergebnisse bringen würde. Vermutlich könnte auf diese Weise das Auftreten von Symptomen gänzlich verhindert werden. Das klingt gut. Andererseits ist der Zeitpunkt der Exposition schwer zu bestimmen. Zudem wären Personen zu diesem Zeitpunkt in der Regel asymptomatisch, sodass es keine vernünftigen Anknüpfungspunkte für den Beginn einer Plasmatherapie gäbe.
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Wegen des anhaltenden Misserfolgs hatten die NIH die Studie bereits im Februar 2021 beendet. Schon in der Zwischenanalyse wurde deutlich, dass die erhofften Effekte nicht eintreten. Mitte August haben die Forscher nun die Ergebnisse aus der sogenannten C3PO-Studie im New England Journal of Medicine veröffentlicht.
Trotz des Umstandes, dass die Erwartungen nicht erreicht wurden und sich die Plasmatherapie zur Vermeidung schwerer Verläufe nicht als wirksam erwiesen hat, halten die Forscher die Studie unisono für einen Erfolg. Sie wollen die Forschung zum Einsatz von Rekonvaleszenzplasma fortsetzen – wenn auch nicht in dieser Studie.
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