Warum die Suche nach dem günstigsten Flugticket Zeitverschwendung ist – laut Forschung

Preisgestaltung bei Fluglinien weniger ausgeklügelt als gedacht. (Foto: Shutterstock/Markus Mainka)
Die Suche nach einem bestenfalls sogar unentdeckten Trick, um günstigere Tarife zu finden, ist weitgehend aussichtslos. Klar ist nur, dass es klug ist, nicht bis zur letzten Minute zu warten. „Was ich sagen kann, ist, dass die Preise 21, 14 und sieben Tage vor einem Flug deutlich ansteigen“, sagt Olivia Natan, Assistenzprofessorin für Marketing an der Haas School of Business und ergänzt: „Kaufen Sie Ihr Ticket einfach vorher.“
Gängige Buchungstipps wohl sinnlos
Mit diesen klaren Worten räumt eine neue Studie mit dem Titel „Organizational Structure and Pricing: Evidence from a Large U.S. Airline“, die jüngst in The Quarterly Journal of Economics veröffentlicht wurde, mit gängigen Tipps und Empfehlungen auf.
Danach ist es völlig egal, ob wir unsere Tickets an einem Dienstag buchen, im Inkognitomodus des Browsers suchen oder ein VPN verwenden, um vorzugeben, dass wir in einem Land mit geringer Kaufkraft leben.
Im Gegenteil fanden Natan und ihre vier Forschungskolleg:innen von den Universitäten Chicago und Austin ein völlig anderes System vor, als die meisten erwarten dürften.
Wenige Parameter fließen tatsächlich in die Preise ein
So reagieren Fluggesellschaften etwa nicht auf Preissenkungen anderer Fluglinien und sie berücksichtigen ebenso wenig die Effekte der Substitution. Das wäre etwa der Fall, wenn Verbraucher:innen sich wegen des Preises für einen etwas weniger bequem terminierten Flug entscheiden.
Stattdessen, so Natan, denken sie eher an die Preise für jeden einzelnen Flug als an die Gesamtzahl der an einem Tag verkauften Sitze, „obwohl eine Änderung des Preises für einen Flug die Art und Weise beeinflusst, wie die Leute über alle ihre Optionen denken“.
Auch die Nichteinbeziehung der Konkurrenzpreise sei letztlich das Ergebnis einer speziellen Preisheuristik. Denn auch wenn es bei der Suche nach Flügen den Anschein haben möge, hätten die Fluggesellschaften doch bloß eine feste und relativ kleine Anzahl von Preisen, die sie den Tickets für jeden Flug zuweisen.
So könnten Fluggesellschaften innerhalb ihrer Flugpreise im selben Flugzeug bis zu 100 US-Dollar an Preisunterschieden zwischen den einzelnen Optionen haben. Das System funktioniere relativ starr. So würden vielleicht die ersten 30 Economy-Tickets zum niedrigsten Preis, dann die nächsten 30 Tickets zum nächstmöglichen Preis und so weiter verkauft.
Vertriebsstruktur zu starr für schnelles Reagieren
„Flugtickets werden über globale Vertriebssysteme verkauft, die dafür sorgen, dass ein Reisebüro in Wichita denselben Preis sieht wie Sie zu Hause auf Ihrem Computer“, sagt Natan. Dieses System sei aus einer Branchenallianz hervorgegangen, die letztlich die Verwaltung der Bestände erleichtern soll, und werde so auch von anderen Unternehmen im Reisesektor wie Hotels, Kreuzfahrtanbieter, Bahnlinien und Autovermietungen praktiziert.
Der sich daraus ergebende Nachteil sei, dass die Fluggesellschaften nur relativ schwach auf Kostenänderungen reagieren können. Neuerdings experimentieren die Fluggesellschaften mit dem sogenannten Continuous-Revenue-Management, bei dem beispielsweise einem Flug mit 100 Sitzplätzen 100 verschiedene Preise zugewiesen werden.
Teams kommen einander ins Gehege
In der Praxis scheint es zudem Effekte zu geben, die aus einer mangelnden Koordination der bei der Preisgebung beteiligten Abteilungen der Airlines zu erklären sind. So wisse zum Teil das Preisteam nicht, was das Planungsteam erwarte, und beide legten unterschiedliche Preise an. Das geschehe auch willkürlich.
Für die kommenden Jahre erwartet Natan, dass die Fluggesellschaften dynamischere Preisgestaltungsplattformen einführen. Doch im Moment sei das nicht der Fall, weshalb man es als privat reisende Person bei ganz simplen Buchungstipps belassen könne.