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Ratgeber

Wettbewerbsvorteil dank Testkultur: So klappt’s in 5 Schritten

Eine gesunde Testkultur kann ein echter Wettbewerbsvorteil sein. Was viele Unternehmen noch immer daran hindert, sie zu etablieren, und wie es dennoch gelingen kann, erklärt unser Gastautor.

Von Michael Witzenleiter
5 Min.
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Unternehmen greifen bei der Entscheidungsfindung häufig zu A/B-Tests. (Bild: one photo / shutterstock)

Wer offen ist, alle bestehenden und neuen Prozesse bis ins Detail zu hinterfragen, hat die Chance, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Da viele Unternehmen aber noch immer am sogenannten HIPPO-Syndrom leiden, scheint ein solcher Erfolg in der Praxis weit entfernt.

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HIPPO steht für „Highest Paid Person’s Opinion“ und bedeutet, dass die ranghöchste Person die Entscheidungen trifft – und die basieren meist auf ihrem Bauchgefühl.

Die Online-Reiseagentur Booking.com hat den entgegengesetzten Weg eingeschlagen und stützt ihre Entscheidungsfindung allein auf die Ergebnisse von A/B-Tests.

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Doch für Unternehmen, die ebenfalls eine solche Testkultur etablieren möchten, reicht es nicht aus, in passende Tools zu investieren. Es sind vor allem die internen Entscheidungsprozesse, die sich grundlegend ändern müssen, um ebenfalls objektiv und unabhängig von der Meinung Einzelner handeln zu können.

1. Neugier statt Bauchgefühl

Ein Unternehmen, das eine erfolgreiche Testkultur etablieren möchte, muss sich zunächst von seinen alten Mustern trennen – und zwar radikal. Nur weil etwas schon immer auf die eine oder andere Weise gemacht wurde und das vielleicht einigermaßen gut funktionierte, bedeutet das noch lange nicht, dass eine andere Vorgehensweise nicht noch besser ist.

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Und um herauszufinden, welche das ist, braucht es eine ausgeprägte Neugier. Das bedeutet, dass ein Unternehmen nicht nur bereit sein muss, alle aufgestellten Hypothesen kritisch zu hinterfragen.

Es lohnt sich außerdem, auch bestehende Kunden und Geschäftspartner neu kennenzulernen, um Optimierungspotenziale, die bisher übersehen oder sogar mutwillig missachtet wurden, endlich ohne Voreingenommenheit erkennen zu können. Das über die Zeit gewachsene Bauchgefühl darf hierbei keine Rolle (mehr) spielen. Es verfälscht lediglich den Blick für das Wesentliche.

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2. Jede Stimme zählt

Eng damit verbunden ist auch die Notwendigkeit, die Meinungen aller Beteiligten gleich stark miteinzubeziehen. In vielen Unternehmen ist das bisher höchstens in der Theorie der Fall. Am Ende liegt die Entscheidung noch immer bei der ranghöchsten Person – im Zweifelsfall sogar dann, wenn alle anderen ihr widersprechen würden. Damit muss jetzt Schluss sein, denn das „HIPPO-Syndrom“ ist längst antiquiert.

Wenn die Testkultur eines Unternehmens dauerhaft erfolgreich sein soll, ist es stattdessen wichtig, jede Stimme als gleich wichtig zu erachten. In der Praxis sollte es also völlig egal sein, ob eine Idee von der CEO oder von einem Mitarbeiter aus dem Callcenter stammt. In beiden Fällen muss sie gleichermaßen in Betracht gezogen, überprüft und validiert werden.

Die Herkunft der ursprünglichen Idee spielt nicht nur keine Rolle – tatsächlich sind Ideen in ihrer Gesamtheit umso wertvoller, wenn sie aus den verschiedensten Abteilungen des Unternehmens stammen. Das sorgt nämlich dafür, dass wirklich alle Schwachstellen adressiert und im notwendigen Maße einem Test unterzogen werden.

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3. Fehlerkultur und Resilienz

Während es beispielsweise in den USA dazugehört, Fehler zu machen, wieder aufzustehen und daraus eine Lehre zu ziehen, ist die deutsche Fehlerkultur eine völlig andere.

Hierzulande kommt es häufig einem katastrophalen Scheitern gleich, einen Fehler zu machen – und Unternehmen, die sich an dieser Stelle wiedererkennen, werden es schwer haben, eine nachhaltige Testkultur für sich zu etablieren. Denn: Hier gehören Fehler dazu!

Bei Unternehmen, die viele Tests durchführen, scheitern in der Regel neun von zehn. Hier jedes Mal mit Fingern aufeinander zu zeigen und nach dem Schuldigen zu suchen, wäre äußerst kontraproduktiv und darüber hinaus auch verschwendete Energie.

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Fehler sollten begrüßt und nicht als etwas Negatives, das es zu vermeiden gilt, erachtet werden. Denn einerseits kann bei den Mitarbeitenden nur so das Durchhaltevermögen geschaffen werden, das es braucht, um immer wieder aufs Neue zu hinterfragen und zu testen.

Und andererseits zeigt jede vermeintliche Niederlage lediglich auf, wie es nicht funktioniert und in welche Richtung das Experiment stattdessen weiterentwickelt werden muss, um vielleicht beim nächsten Mal in den erhofften Ergebnissen zu resultieren.

4. Risiko vs. Rendite

Den Spruch „Never change a running system“ hat jeder schon einmal gehört. Doch er symbolisiert exakt das, was die Testkultur eines Unternehmens niemals ausmachen sollte – und das ist die Aversion, Risiken einzugehen.

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Um unnötige Verluste zu vermeiden, ergibt es zwar durchaus Sinn, so etwas wie „Stopp-Bedingungen“ zu definieren. Die können nämlich dabei helfen, zu erkennen, wann ein Test frühzeitig beendet werden sollte.

Hier ist es ratsam, eine konkrete Planung und Priorisierung voranzustellen. So wird bereits im Vorfeld deutlich, ob dem einzugehenden Risiko auch eine entsprechende Rendite gegenübersteht. Ist das nicht der Fall, kann es sogar besser sein, einen Test gar nicht erst durchzuführen. Das bedeutet aber nicht, dass ein Unternehmen nicht gewillt sein sollte, Risiken einzugehen. Das genaue Gegenteil ist der Fall:

Denn nur dann, wenn sie in der Lage sind, ihre Komfortzone zu verlassen, haben sie auch die Chance, sich vom Guten zum noch Besseren zu entwickeln. Schließlich gilt auch in der Wissenschaft eine Theorie nur so lange, bis sie widerlegt werden konnte.

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5. Das richtige Test-Team

Ohne das richtige Team kann auch die in der Theorie beste Testkultur nicht funktionieren. Damit es möglichst erfolgreich ist, sollte es aus unterschiedlichen Spezialisten bestehen, die sich in ihren äußeren Rahmenbedingungen sowie in der Interaktion miteinander optimal ergänzen.

Kompetenzen wie eine gewisse Affinität für Zahlen und IT sowie ein strukturiertes Projekt-Management spielen hierbei eine übergeordnete Rolle. Gleichzeitig sollte aber dafür gesorgt werden, dass auch die Kreativität nicht zu kurz kommt.

Um sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen zu können, ist es wichtig, Bestehendes kreativ in Frage zu stellen und selbst neue Ansätze zu liefern. Auch das Design der User-Experience spielt hierbei eine essenzielle Rolle, denn es ist wichtig, zu verstehen, welche Faktoren die Nutzerfreundlichkeit verbessern und dadurch auch zu mehr Zufriedenheit und Loyalität seitens der Kunden führen.

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Hieran anknüpfend ist es der Job der Webanalysten, die Erfolge zu messen und weitere Stellschrauben für Optimierungsprojekte zu identifizieren. Bei allen genannten Fähigkeiten ist es nicht zwingend notwendig, jeweils einen Experten einzustellen. Es ist ebenso möglich, dass die Mitglieder des Test-Teams mehrere von ihnen vereinen und so eine noch bessere Verzahnung der einzelnen Fähigkeiten bieten.

Das K steht für Kultur

Nicht nur Booking.com macht vor, wie eine gute Testkultur in der Praxis aussehen kann. Auch kein Geringerer als Barack Obama hat darauf gesetzt und bewiesen, wie es funktioniert: Um Spendengelder für seinen Wahlkampf zu generieren, hat er massiv in Onlinewerbung investiert und war dabei sogar so erfolgreich, dass auch später folgende Kandidaten diese Strategie für sich übernahmen.

Tatsächlich ist es dem früheren US-Präsidenten gelungen, 60 Millionen US-Dollar einzunehmen – und zwar dank multivariater Tests, die dabei halfen, die beste Variante der Spendenwebsite zu identifizieren.

Diese beiden Positivbeispiele beweisen, dass eine ausgeprägte Testkultur in ganz unterschiedlichen Kontexten zum Erfolg führen kann. Unternehmen, die sich daran ein Beispiel nehmen wollen, tun deshalb gut daran, sich endlich von ihrem antiquierten „HIPPO-Syndrom“ zu heilen und stattdessen einen von Neugier geprägten Ansatz zu wählen, bei dem jede Idee gleich viel zählt.

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