Was Tether mit dem Bitcoin-Absturz zu tun haben könnte
Am Mittwochnachmittag war ein Bitcoin auf einmal nur noch 9.200 Dollar wert – und damit erstmals seit Ende November unter die Marke von 10.000 Dollar gerutscht. Auch wenn sich der Kurs bis zum Abend erholte und der Bitcoin laut Coindesk die 11.000-Dollar-Marke wieder übersprang, scheinen die Anleger zunehmend nervös zu werden. Gerade Privatanleger, die der Hype des vergangenen Jahres in den Bitcoin-Handel getrieben hatte, reagieren angesichts schlechter Nachrichten aus Asien und zunehmender Kritik an den Kryptowährungen panisch. Oder gibt es noch einen anderen Grund für den Bitcoin-Absturz – vielleicht Tether?
Um die 2014 entstandene auf der Blockchain beruhende Kryptowährung, die zunächst unter dem Namen Realcoin gegründet wurden, gab und gibt es immer wieder hitzige Diskussionen. Tether behauptet, dass jeder seiner USDT genannten Coins mit einem US-Dollar auf einer Bank gedeckt sei. Daran mehren sich die Zweifel, spätestens seit es immer mehr USDT-Einheiten gibt. Aktuell sind es laut Coinmarketcap schon über 1,6 Milliarden. Es müssten sich also auf einem Konto der dahinterstehenden Firma Tether Limited der entsprechende Betrag in Dollar befinden.
Kritiker zweifeln daran. Schon im Herbst 2017 warnte ein Reddit-Nutzer, dass Tether das Potenzial habe, den ganzen Markt crashen zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt existierten „nur“ 370 Millionen der USDT-Einheiten. Im Fokus der Kritik stehen aber insbesondere die möglichen Verbindungen zwischen Tether und Bitfinex, einer der größten Kryptobörsen der Welt. Im November veröffentlichte der Twitter-Nutzer Armand Bouillet Dokumente, die belegen sollen, dass sowohl der Bitfinex-CEO J.L Van Der Velde als auch der Finanzchef der Börse, Giancarlo Devasini, bei der Tether-Gründung in Hongkong als Firmenchefs genannt werden.
Mittlerweile hat Bitfinex zugegeben, dass man ein großer Anteilseigner von Tether sei. In einem Anfang Dezember geleakten Papier wurde zudem offengelegt, dass beide Unternehmen Verbindungen beim Banking haben. Dass Tether einen Einfluss auf den Bitcoin-Kurs haben kann, zeigte sich Ende November, als der Diebstahl von umgerechnet 31 Millionen Dollar in Tether den Bitcoin-Kurs um fünf Prozent gedrückt haben soll.
Hinter den starken Reaktionen der Krypto-Community auf Tether und die Börse Bitfinex steckt die – bisher nicht bewiesene – Vermutung, dass die Börse Tether, beziehungsweise USDT, als eine Art Gelddruckmaschine benutzen könnte, wie Bitcoin.com schreibt, um schließlich damit den Bitcoin-Kurs nach oben zu treiben. Der Litecoin-Entwickler Charlie Lee etwa schrieb Ende November auf Twitter: „Es geht die Sorge um, dass der Preisanstieg durch das Drucken von USDT (Tether) beflügelt wurde, die nicht durch US-Dollar auf einem Bankkonto gedeckt sind.“
Tether: Offenbar keine Garantie auf Umtausch in Dollar
Tether selbst übrigens lässt auf seiner Website wissen: „Es gibt kein vertragliches Recht oder sonstiges Recht oder einen Rechtsanspruch gegen uns, dass Ihre Tethers gegen Geld eingelöst oder umgetauscht werden.“ Und weiter: „Wir garantieren nicht das Recht auf Einlösung oder Umtausch von Tethers in Geld durch unsere Seite.“ Ebenfalls merkwürdig: Im Frühjahr hatte die Bank Wells Fargo & Co. die Zusammenarbeit mit Tether und Bitfinex beendet. Anfang Dezember erklärte Bitfinex zudem, dass US-Kunden ab sofort nicht mehr bedient würden, weil das zu teuer sei.
Die Banking-Schwierigkeiten hat Tether eingestanden, aber immer wieder versprochen, an einer Lösung zu arbeiten. Dass es für Tether-Besitzer offenbar sehr schwierig sein kann, größere Summen der digitalen Währung in „echtes“ Geld umzutauschen, soll der Fall von Oguz Serdar zeigen, über den Bloomberg im Dezember berichtet hat. Der wollte seinen Angaben zufolge eine Million Tether in Dollar umtauschen, was Tether jedoch mit dem Verweis auf eben jene Schwierigkeiten mit Banken verweigert haben soll. Lediglich verifizierte Großkunden könnten derzeit solche Transaktionen vornehmen, hieß es in einer E-Mail, die Bloomberg vorliegt.
Bitfinex und Tether weisen Vorwürfe zurück
Bitfinex und Tether verweisen allerdings darauf, dass Serdar kein Konto bei den Unternehmen habe und aufgrund von Irregularitäten als verdächtig eingestuft worden sei. Ein Hinweis von Serdar bei den US-Behörden habe zudem bisher keine Reaktion gebracht, schreibt Bloomberg. Mittlerweile hat sich Bitfinex dem Bericht zufolge eine Anwaltsfirma genommen und weist jegliche Vorwürfe als falsch zurück.
Ob Tether etwas mit dem rasanten Kursanstieg des Bitcoin zu tun haben könnte, wie verschiedene Marktbeobachter seit Wochen behaupten, darüber kann nur spekuliert werden. Auch, dass der Kurseinbruch der Kryptowährungen der vergangenen Tage zum Teil auf ein bevorstehendes Implodieren des Tether-Systems zurückzuführen sein könnte, ist zumindest fraglich. Dass Bitcoin-Anleger, gerade private, solche Gerüchte – auch – zum Anlass nehmen könnten, in den Panikmodus zu verfallen, ist aber denkbar.