
Der Berliner Online-Broker Trade Republic, der kürzlich trotz der Coronakrise eine 62 Millionen Euro schwere B-Finanzierungsrunde vermelden konnte, sorgt aktuell für reichlich Schlagzeilen. 40 Millionen Euro fließen ins Unternehmen, beim Rest handelt es sich um die Übernahme von Anteilen eines Altgesellschafters. Die neuen Investoren sind mit Accel und dem von Paypal-Mitgründer Peter Thiel betriebenen Founders Funds zwei renommierte Wagniskapitalgeber aus den USA.
Der Broker lockt die Kunden mit kostenfreiem Handel. Doch wie genau sieht das Geschäftsmodell, auf das der Online-Broker setzt, aus? Und kann die Rechnung für alle Beteiligten aufgehen oder zahlt am Ende doch der Kunde über Umwege und versteckte Innenprovisionen drauf?
Zunächst einmal ist Trade Republic ein Unternehmen, das an Robinhood aus den USA erinnert: Kunden, die Aktien, Indexfonds oder Derivate handeln, tun das nahezu gebührenfrei. Eine Provision, wie man sie sonst bei Banken und Sparkassen kennt, fällt nicht an, lediglich eine Fremdkostenpauschale über einen Euro pro Trade, die die Auslagen am Börsenplatz deckt, wird dem Kunden in Rechnung gestellt.
Was sich hinter den Abwicklungskostenzuschüssen von Trade Republic verbirgt

Trade-Republic-Gründer Marco Cancellieri, Christian Hecker und Thomas Pischke vl. (Foto: Trade Republic)
Das Geschäftsmodell basiert auf Einnahmen, die sich Trade Republic von den Partnern holt, die für die Abwicklung zuständig sind. Die „Abwicklungskostenzuschüsse“, wie das Unternehmen sie etwas beschönigend nennt, können durchaus mehrere Euro pro Transaktion betragen. Transaktionen erfolgen ausschließlich über LS Exchange sowie über einzelne Zertifikateanbieter, sodass der Kunde hier nicht direkt über die Börse (etwa Xetra) handelt oder gar die Wahl zwischen verschiedenen Börsenplätzen mit ihren je nach Handelssituation und Tageszeit möglicherweise doch recht unterschiedlichen Preisen hat. Das ist nicht zwingend nachteilig, relativiert aber die Kostenstrukturen ein wenig.
Im Gegenzug bietet Trade Republic, ähnlich wie das US-Vorbild Robinhood, ein weniger breites Angebot und arbeitet auch nicht mit sämtlichen Anbietern und Kapitalanlagegesellschaften beispielsweise aus dem ETF-Umfeld zusammen. 7.800 Aktien und ETF sowie rund 40.000 Optionsscheine und Zertifikate stehen zur Auswahl. Für die meisten preissensiblen Kleinanleger, an die sich die Plattform ja wendet, wird das vollkommen ausreichen. Sie finden auch in diesem Angebot genügend Möglichkeiten, beispielsweise in bestimmte Indizes zu investieren oder einen Sparplan zu besparen.
Kunden, die sich bei Trade Republic anmelden und über die App Handel treiben, bekommen ein No-Frills-Angebot, das nur über ein Mobilportal auf dem Smartphone erreichbar ist. Gleichzeitig, so beschreibt es das Unternehmen, kommt der Anleger beim Kauf mit deutlich weniger Zwischenschritten als bei herkömmlichen Brokern und Direktbanken aus, wenn er einen Wertpapierkauf abwickelt. Die Idee dahinter ist, dass Kunden, die übers Smartphone handeln, in aller Regel auch weniger Fragen an einen Support richten und sich hier somit ebenfalls Ressourcen und Kosten sparen lassen. Ob die Gleichung aufgeht, muss Trade Republic freilich erst einmal unter Beweis stellen – denn ein Drittel der Kunden hat, so erklären die Gründer Christian Hecker, Thomas Pischke und Marco Cancellieri, noch nie zuvor eine Aktie gehandelt. Dass man den Handel nur auf der Mobil-App ermöglicht, hat mit der PSD2-Schnittstelle und der dort fehlenden 2FA-Verpflichtung zu tun – auch hier werden Kosten gespart.
Automatisierte Prozesse helfen Trade Republic beim Sparen

Der Online-Broker Trade Republic macht provisionsfreien Aktienhandel möglich. (Grafik: Trade Republic)
Umgekehrt sei das Erlösmodell auch nur aufgrund stark automatisierter und damit günstiger Standardprozesse möglich, heißt es. Die Gefahr, dass die Kunden Dinge tun, die sie nicht verstehen, dürfte dennoch überschaubar sein. Denn wie bei jedem anderen Broker auch muss der Kunde über seine Vorerfahrungen im Rahmen eines Fragebogens Auskunft erteilen und kann auch nur jene Käufe und Verkäufe tätigen, die seinem Erfahrungsprofil entsprechen. Dass man hier als Kunde im eigenen Interesse nicht flunkern sollte, versteht sich von selbst.
Kunden sollten, da sie ja in der Regel über LS Exchange handeln werden, gerade bei weit verbreiteten Wertpapieren darauf achten, dass sie möglichst zu den üblichen Handelszeiten der jeweiligen Heimatbörse des Unternehmens handeln, während der zeitliche Aspekt bei ETF weniger relevant ist. Die Spreads und Kurse waren, wie die Stiftung Warentest kürzlich in einem Test beschrieb, günstig und überschaubar.
Das große Vorbild Robinhood ist ein Unicorn
Wie erfolgreich ein solches Geschäftsmodell wie das von Trade Republic funktionieren kann, zeigt das US-Vorbild Robinhood. Das hat zwischenzeitlich 900 Millionen US-Dollar eingesammelt, bedient rund zehn Millionen Kunden in den USA und wird mit acht Milliarden Dollar bewertet. Sollte Robinhood den Weg nach Deutschland suchen, könnte das für Trade Republic zur Bewährungsprobe werden. Die wiederum wollen mit dem neuen Investment die Expansion in Richtung Europa (und hier vor allem Österreich) vorantreiben.
Doch auch in Deutschland ist Trade Republic schon heute nicht der einzige Player mit diesem Geschäftsmodell – eine ähnliche Strategie fahren Gratisbroker (Börsenplatz Gettex) und Justtrade (zwei Börsenplätze LS Exchange und Quotrix sowie einige außerbörsliche Angebote). Alle drei können, reicht dem Anleger das Angebot an Wertpapieren aus, eine gute Möglichkeit sein, um mit niedrigen Gebührenstrukturen zu handeln. Hinter Justtrade steht die Sutor Bank, hinter Gratisbroker Donau Capital und die Baader Bank.
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