
Steckt hinters Zoll-Politik mehr als seine Äußerungen vermuten lassen? (Foto: Anna Moneymaker / Shutterstock)
Trump führt Zölle auf Importe aus Mexiko und Kanada ein, nur um sie Tage später wieder auszusetzen. Den Europäern droht er mit 220 Prozent Abgaben auf Wein und Champagner – wenn die Europäische Union ihre angekündigten Zölle auf amerikanischen Whiskey nicht zurücknimmt. Und die Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium aus Kanada will er gerade sogar verdoppeln und das Notstandsrecht ausrufen, wenn die Kanadier nicht ihrerseits von Abgaben auf Stromexporte aus der Provinz Ontario ablassen. Zumindest kündigt der US-Präsident das in einem harschen Social-Media-Post auf seiner Plattform Truth Social an.
Das Hin und Her in der Zollpolitik, die Ankündigungen per Social Media – oft gespickt mit wütenden Beleidigungen – mögen unüberlegt und planlos wirken. Insbesondere, weil sie der US-Wirtschaft eher schaden als nutzen. Denn Trumps Zölle treiben die Preise in die Höhe, die Angst vor einer Rezession wächst, was sich Anfang der Woche auch in massiven Verlusten an den US-Börsen bemerkbar machte.
Trumps Berater skizziert Masterplan
Doch hinter Trumps wirrer Zoll-Politik könnte ein größerer Plan stehen, der darauf abzielt, das internationale Handelssystem umzubauen. Unter Finanzexperten macht schon seit Monaten ein Papier von Stephen Miran die Runde. Der Ökonom und ehemalige Fondsmanager ist neuer Vorsitzender des Council of Economic Advisers, dem Beratergremium des Präsidenten in Wirtschaftsfragen. Im November hat er auf 40 Seiten eine Art Masterplan skizziert, wie die Trump-Regierung Feinde und Freunde auf Linie bringen könnte, um ein wichtiges Ziel zu erreichen: die Abwertung des US-Dollars.
Benannt ist das Papier nach Trumps Wohnsitz in Florida: Mar-a-Lago-Accord, in Anlehnung an einen anderen Plan zur Abwertung des US-Dollars, mit dem Ronald Reagan vor knapp 40 Jahren Erfolg hatte.
Der sogenannte Plaza-Accord war 1985 eine Vereinbarung zwischen den damals führenden fünf Industrieländern (G5), die darauf abzielte, den US-Dollar gezielt abzuwerten, um Handelsungleichgewichte zu korrigieren. Er wurde am 22. September 1985 im Plaza Hotel in New York City unterzeichnet – daher der Name. Die USA, Japan, die BRD, Frankreich und Großbritannien koordinierten daraufhin die Abwertung des US-Dollars gegenüber dem japanischen Yen und der deutschen Mark.
Das Ziel: Abwertung des Dollar
Auch heute macht Miran die Stärke des US-Dollars für die Probleme der US-Wirtschaft verantwortlich: Er führe zu Wettbewerbsnachteilen und Arbeitsplatzverlagerungen ins Ausland. Denn der US-Dollar wird von vielen Ländern als Reservewährung gehalten. Das heißt: Zentralbanken besitzen große Mengen an Dollar, um ihre eigene Währung zu stabilisieren. Gerade in Krisenzeiten sind zudem US-Staatsanleihen gefragt, was den Dollar zusätzlich stärkt. Für US-Firmen ist das ein Problem, weil durch den künstlich hochgehaltenen Kurs Exporte etwa im Vergleich zu Konkurrenten aus Japan oder der Europäischen Union teuer sind, während Importe günstiger sind.
Eine Abwertung des Dollars würde Exporte dagegen verbilligen und hätte gleichzeitig den Effekt, dass die USA auch ihre enorme Schuldenlast leichter reduzieren könnten. Aktuell sind die USA mit 36 Billionen Dollar verschuldet.
Das steckt hinter dem Mar-a-Lago-Accord
In seinem Thesenpapier mit dem Titel „Ein Benutzerhandbuch zur Umstrukturierung des globalen Handelssystems“ beschreibt Miran nun die Idee, die Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen anderer Staaten zu nutzen, um sie in Sachen Dollar-Abwertung gefügig zu machen. Das würde die amerikanischen Kreditkosten senken, Investitionen in die US-Industrie fördern und gleichzeitig die Dominanz des Dollars im globalen Finanzsystem bewahren.
Im Kern geht es darum, andere Regierungen zu drängen, ihre US-Staatsanleihen, die eine Laufzeit von zwei, zehn oder 30 Jahren haben, in neue, unverzinste zu tauschen, die 100 Jahre lang laufen. Erst nach Ende der Laufzeit bekämen die Staaten das geliehene Geld mit einem Aufschlag zurück. Um ausländische Regierungen zu diesem Deal zu bewegen, soll die US-Regierung an zwei Punkten ansetzen: beim Zugang zum US-Markt und bei den Sicherheitszusagen an andere Länder.
Nur Staaten, die dabei mitmachen, sollen von hohen Zöllen verschont bleiben und unter den militärischen Nuklearschirm der USA schlüpfen dürfen. Miran schlägt dabei eine gestaffelte und gezielte Zoll-Politik vor, um Märkte nicht zu stark zu stören. Ausländische Staaten müssten sich aber grundsätzlich entscheiden, ob sie Freunde, neutrale Unbeteiligte oder Feinde der USA sein wollen, schreibt Miran. Ein weiterer Teil des Mar-a-Lago-Plans sieht vor, dass ausländische Zentralbanken, die US-Schulden halten, Gebühren zahlen müssten – eine Art Nutzungsgebühr, um die Finanzierungskosten der USA zu senken.
Wie realistisch ist der Mar-a-Lago-Accord?
Trumps aktuelle Zoll-Politik könnte man vor diesem Hintergrund schon als eine erste Umsetzung von Mirans Ideen deuten, schließlich setzen die USA damit bereits gezielt ihre wichtigsten Handelspartner unter Druck. Ökonomen zweifeln aber daran, dass der Plan in dieser Form umgesetzt werden kann, da er auch viele Unwägbarkeiten und Risiken beinhaltet.
Konkrete Aussagen von Trump, die nahelegen, dass er Mirans Thesen verfolgt, gibt es nicht. Doch das Freund-Feind-Schema ist bereits in der Trump-Administration angekommen, wie Aussagen von US-Finanzminister Scott Bessent in einem Kamingespräch im Oktober 2024 zeigen. Ausländische Regierungen sollten sich demnach künftig selbst in „rote“, „grüne“ und „gelbe“ Kategorien einordnen. Während „grüne“ Länder von militärischem Schutz und Zollerleichterungen profitieren, müssten die anderen hohe Zölle fürchten.
Momentan sieht es so aus, als ob Trumps Zölle bereits dazu führen, dass eine Rezession wahrscheinlicher wird. Das könnte die US-Zentralbank zu Zinssenkungen zwingen – was den Dollar schwächen würde. Trump schließt eine Rezession nicht mehr kategorisch aus. In einem Interview beschrieb er die aktuelle wirtschaftliche Situation zuletzt als „Übergangsphase“.