
Twitter-Chef Jack Dorsey. (Foto: dpa)
In einer Reihe von Tweets hat Twitter-Gründer Jack Dorsey angekündigt, dass sein Unternehmen eine Gruppe von bis zu fünf Entwicklern finanzieren wird, die einen offenen und dezentralen Social-Media-Standard entwickeln sollen. Das Projekt trägt den Namen Bluesky und könnte, so Dorsey, eines Tages die Grundlage für Twitter selbst bilden. Twitter wäre dann nur einer von vielen möglichen Clients für den geplanten Standard. Noch ist Bluesky allerdings nicht mehr als eine Absichtserklärung. Twitter-CTO Parag Agrawal ist jetzt damit betraut, jemanden zu finden, der das Bluesky-Team leiten kann. Laut Agrawal wäre der ideale Kandidat jemand, der Erfahrung mit der Blockchain-Entwicklung und überdies ein Interesse daran hat, die Zukunft sozialer Medien mitzuformen.
Jack Dorsey: Offenes Protokoll könnte viele Probleme für Twitter lösen
Dorsey nennt in seinen Tweets verschiedene Gründe dafür, dass Twitter von einem offenen Standard profitieren könnte. „Zum Beispiel ist es unwahrscheinlich, dass eine zentralisierte Durchsetzung weltweiter Richtlinien, um Missbrauch und irreführende Informationen zu bekämpfen, langfristig skaliert“, erklärt Dorsey, der es zwar nicht direkt ausspricht, damit aber offenbar meint, dass ein offener Standard für Twitter einen Ausweg aus den Moderationsproblemen der Plattform bieten könnte. Als ein Client unter vielen wäre Twitter auch nicht mehr alleinig dafür verantwortlich, welche potenziell schädlichen Inhalte über die Plattform geteilt werden.
„Zweitens verlagert sich der Wert von Social Media weg vom Hosting und der Entfernung von Inhalten hin zu Empfehlungsalgorithmen, die die eigene Aufmerksamkeit lenken“, so Dorsey. Diese Algorithmen seien aber typischerweise proprietär, und man könne weder Alternativen wählen, noch welche entwickeln. Das würde sich mit einem offenen Social-Media-Standard ändern. Dorsey argumentiert ferner, dass bestehende soziale Netze vor allem dazu führten, Kontroversen und Aufregung auszulösen, statt informative und gesunde Debatten zu befördern. Wie genau eine dezentrale Plattform das ändern würde, erläutert der Twitter-Chef an der Stelle indes nicht.
Mastadon: Was Twitter plant, gibt es bereits
So revolutionär es sein mag, dass eine Social-Media-Firma mit dem Gedanken spielt, sich möglicherweise die Kontrolle über die eigene Plattform zu entziehen, so wenig neu ist die zugrundeliegende Idee. Mit Mastodon gibt es bereits seit 2016 eine verteilte und offene Twitter-Alternative, die auf dem offenen Activitypub-Standard basiert. Darauf angesprochen erklärt Dorsey, dass es Aufgabe des noch zu gründenden Bluesky-Teams sei, bestehende Lösungen gegen eine Neuentwicklung abzuwiegen. Laut dem offiziellen Twitter-Kanal von Bluesky soll das Team bei der Auswahl der möglichen Technik völlig freie Hand haben und müsse sich dabei auch nicht der Twitter-Führung unterordnen.