Uber sorgt jetzt in Ägypten dafür, dass Frauen Autos fahren dürfen
Rehab Mahran ist Teil einer ägyptischen Revolution und muss dafür einiges einstecken. Männer reagieren auf sie erst einmal ungläubig, manchmal ablehnend. Manche haben Angst. Einer warf ihr sogar Sünde vor. Warum der Aufruhr? Weil Mahran Auto fährt. Besser gesagt: Uber. Sie ist eine der ersten Fahrerinnen des Internet-Fahrdienstes in Ägypten.
Die erste Uber-Fahrerin in Ägypten
An den Steuern ägyptischer Taxis oder Limousinen sitzen Männer. Das war immer so und wird auch immer so bleiben. Dachten die Männer jedenfalls. Die Gesellschaft am Nil ist konservativ und von patriarchalischen Vorurteilen und Gepflogenheiten geprägt. Eine davon ist die Männerdomäne hinter dem Lenkrad. „Und ich habe mich entschieden, diese Grenzen zu übertreten“, sagt Mahran und lässt beim Lachen ihren Goldschmuck hin- und herbaumeln.
Mahrans Geschichte ist auch die des Fahrdienstes Uber, der im Nahen Osten gerade einen Boom erlebt. Die App aus dem Silicon Valley, über die in Deutschland in den vergangenen Jahren so viel gestritten wurde, ist in Ägypten auf immer mehr Smartphones installiert. Benutzer können damit Autos via GPS dorthin rufen, wo sie gerade sind und sich zu einer ebenfalls eingegebenen Adresse fahren lassen.
Hunderte Frauen haben sich bereits angemeldet
Seit Uber im Herbst 2014 auch in dem bevölkerungsreichsten Land der arabischen Welt an den Start ging, haben sich dort schon etwa 50.000 Fahrer angemeldet. Darunter sind nun auch einige Hundert Frauen. Für den jugendlichen Chef von Uber Ägypten, Abdellatif Waked, geht es bei der Zulassung von weiblichen Fahrern um eine Chancengleichheit in der Gesellschaft. „Frauenförderung ist eines unserer Hauptanliegen”, sagt der 29-Jährige. Dabei gab es schon vorher Projekte mit Frauen hinterm Lenkrad: Das „Pink Taxi“ nur für Frauen, über das 2015 berichtet wurde, beschäftigte aber nur vergleichsweise wenige Fahrerinnen. Für das Riesen-Unternehmen Uber ist Ägypten einer der am schnellsten wachsenden Märkte auf der Welt. Das weckt Begehrlichkeiten, die an den Streit um Uber in Deutschland erinnern: Die Taxifahrer-Gewerkschaft will den Dienst sowie seinen Konkurrenten Careem gerichtlich verbieten lassen. Der Prozess läuft momentan vor einem Verwaltungsgericht in Kairo.
Uber-Chef Waked sitzt in einem Konferenzraum der Büros seiner Firma in Kairo und lächelt die Widerstände weg. „Es wird alles gut werden“, sagt er. Uber sei eine umwälzende Technologie, die Realitäten verändere. Dies werde auch in Ägypten trotz aller Gegenwehr weitergehen. Doch er räumt auch Probleme ein: „Eine Herausforderung ist, dass die technische Grundlage hier nicht dieselbe ist wie in den Vereinigten Staaten“. Uber greift online auf Karten-Informationen zu, damit Fahrer und Gast zuerst sich und anschließend den Weg finden. Mit dem 20-Millionen-Moloch Kairo aber – einem Verkehrsdesaster, dessen Ausmaße im Silicon Valley ungekannt sind – ist selbst das Internet manchmal überfordert.
Sicherheit als größte Sorge
Straßenverläufe ändern sich, Wege werden geblockt, dauernd gibt es Staus oder Unfälle. Zudem hat Uber auch mit einem anderen Problem zu kämpfen: Den Fahrern. Viele Menschen in Ägypten können Karten nicht lesen und haben deshalb auch Probleme, das für den Dienst notwendige Navigationsgerät zu bedienen. Das wirkt sich auf die Qualität des Services aus. Einige Nutzer sind deshalb unzufrieden. Sie sagen, Uber werde „verägyptisiert“, und spielen auf die Ineffizienz und den schlechten Service im gesamten Land an. Dabei hat Uber in Ägypten einen Vorteil, der noch stärker ins Gewicht fällt als in anderen Ländern: Die Sicherheit für Frauen vor Belästigungen. Die ist in Ägypten so schlimm wie fast nirgendwo sonst. Was den Tätern hilft, ist die Anonymität. Sie schützt die Männer an der Straßenecke genauso wie den Taxifahrer. Bei Uber – wie auch beim Konkurrenten Careem – aber werden die Daten jeder Fahrt aufgezeichnet. Die Identitäten von Fahrer und Gast, aber auch genaue Zeiten und Orte der gemeinsamen Fahrt. Das schafft Sicherheit.
Die Kritik verstummt meist schnell
Die war auch Rehab Mahrans Bedenken: „Meine größte Sorge als Fahrerin war die Sicherheit. Schließlich würde ich auch in der Nacht arbeiten und Fremde neben mir im Auto sitzen haben“, sagt sie. Doch in wirklich brenzlige Situationen sei sie noch nicht gekommen. Einige Männer würden anfangen zu flirten. Andere hätten Vorurteile gegenüber ihren Fahrkünsten. Doch wenn sie merkten, dass sie einen guten Job mache, verstumme die Kritik oft.
Die meisten männlichen Gäste verhielten sich dabei respektvoll und bestärkten Mahran dabei, die Männerdomäne zu brechen. Und in ihrem Auto gehe auch ein anderes männliches Privileg verloren, erzählt sie: Wenn Ehepaare einsteigen, verlangten die Frauen von ihren Männern immer öfter, dass diese hinten Platz nehmen. Mahran ist klar, warum: Die Damen seien eifersüchtig und säßen deshalb lieber selbst vorne – neben der Frau am Steuer. dpa
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