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Warum ihr unbedingt an einem Hackathon teilnehmen solltet – aber nicht an jedem

Hackathons haben wenig mit klassischem Hacken zu tun. Es ist ein Coder-Wettbewerb für Programmierer, Designer oder auch Business-Analysten. Richtig organisiert, bietet eine solche Veranstaltung großartige Chancen für Unternehmen und Teilnehmer.

Von Andreas Domin
8 Min.
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Der Hackathon „Hackitover“ der Talanx in 2018. (Bild: Talanx AG)

„Noch eine Stunde“, teilt uns einer der Betreuer mit. Ich befinde mich in einem großen, gläsernen Raum im Herzen Hannovers. Die schlechte Luft erinnerte an die eines seit Tagen nicht gelüfteten Schlafzimmers. Auf die Ankündigung folgt angespannte Stille – gemeinsam mit dem nie enden wollenden wilden Tastaturgeklapper, das nur von einem Fluchen hier und einem kurzen Jubel da unterbrochen wird. 15 Teilnehmer beugen sich hoch konzentriert über ihre mit Stickern verzierten Laptops. Auf dem langen Tisch stehen zahlreiche leere Pizzakartons, Tassen und Flaschen. Neben mir der schon zum dritten Mal geleerte Kaffeebecher. Doch für frischen Kaffee ist jetzt keine Zeit. Die Voraussetzungen für meine Android-App sind bei Weitem nicht erfüllt. Kurz vor dem Ziel will ich fast schon aufgeben – der heiße Tipp eines Betreuers weckt aber erneut Ehrgeiz in mir. Ich stecke ein letztes Mal meine Kopfhörer in meine Ohren und starte erneut die für die Situation viel zu dramatische Game-of-Thrones-Musik. Meine Finger müssen in den letzten verbleibenden Minuten noch mal alles geben. Und tatsächlich: In einem letzten Sprint schaffe ich es irgendwie, alle Voraussetzungen der Aufgabe zu erfüllen. Mit der darauffolgenden Jury-Entscheidung bin ich überglücklich: erster Platz. Das hätte ich eine Stunde vor Ende niemals für möglich gehalten.

Unter Dauerstrom

Die Teilnehmer des Hackitover 2018. (Foto: Talanx AG)

Die Teilnehmer des Hackitover 2018. (Foto: Talanx AG)

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Die Rede ist vom Hannover Hackathon von Heinekingmedia in Kooperation mit der ansässigen Hochschule und Universität sowie deren Anlaufstellen für Unternehmensgründungen. Mit sechs Stunden Dauer und 15 Teilnehmern zählt der jedoch zu den Kleineren. Immer häufiger erkennen Firmen die Chancen eines solchen Wettbewerbs. Auch wenn diese sich konzeptionell komplett voneinander unterscheiden, so funktionieren sie im Grunde alle gleich. So auch der bedeutend größere Hackitover 2018 der Talanx, an dem 120 Teilnehmer über 40 Stunden hinweg teilnahmen.

„Einfach machen und danach schauen, was dabei rauskommt.“

Sebastian Bödelt aus dem Hackitover-Siegerteam beschreibt seinen ebenfalls ersten Hackathon mir gegenüber als eine durchweg positive Erfahrung. Stressig war er aber ebenfalls. Zwei Tage unter Dauerstrom hätten ihm vor allem gezeigt, wie er mit extremen Stresssituationen gut umgehen kann. Die Entwicklung eines Produktes würde in einem Unternehmen häufig sehr lange dauern. „Ein Hackathon beschleunigt das Ganze. Einfach machen und danach schauen, was dabei rauskommt.“ Für ihn war es bemerkenswert, was ein zusammengewürfeltes Team in so kurzer Zeit erschaffen kann: Ein Prototyp, mit dem rechtssichere Dokumente interaktiv verständlich gemacht werden.

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Unter Programmierern ist ein Hackathon meistens ein Begriff. Doch außerhalb dieser Blase gehen die Vorstellungen, wie ein solcher Wettbewerb abläuft, häufig weit auseinander. Einige nehmen das Wort „hacken“ aus der Wortkreation Hackathon viel zu wörtlich. Hacken ist hier aber viel mehr im Sinne des (erforschenden) Programmierens und Entwickelns gemeint. Im Grunde ist ein Hackathon genau das: Ein Coder-Wettbewerb, bei dem in kürzester Zeit ein Programm, Produkt oder Prototyp entwickelt werden soll. Wie genau das am Ende aussieht, hängt stark von der Gestaltung durch das Unternehmen ab.

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So werden inzwischen häufig nicht nur Programmierer und Informatiker angesprochen. „Wir hätten uns beim Hackitover noch viel mehr Designer gewünscht, diese waren bei den Teams häufig Mangelware und wirklich begehrt“, berichtet Gregor Mandt, Projektmanager im Bereich Strategie und Unternehmensentwicklung bei der Talanx-Tochter HDI. Der Hackathon war nicht nur bedeutend größer als der Hannover Hackathon, sondern wurde auch ganz anders organisiert. Die Teilnehmer bildeten Gruppen, in denen an einem Wochenende ein fertiger Prototyp aus einem von drei Challenges erschaffen wurde: Mobilität, Arbeitswelt der Zukunft und Spracherkennung. Dafür wurden neben Programmierern und Designern auch Teilnehmer aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Bereich benötigt. Das Team von Sebastian Bödelt bestand zu gleichen Teilen aus Programmierern und Business-Analysten. Denn neben dem Prototyp selbst gehörten auch mehrere Pitches zu den Aufgaben.

Warum du an einem Hackathon teilnehmen solltest

Egal ob Student, Berufseinsteiger oder alter Hase: Die Frage gilt für alle. Welche Chancen – wenn überhaupt – bietet eine Hackathon-Teilnahme? It depends: Wird nur eine einfache Software entwickelt oder geht die Aufgabe darüber hinaus? Wie viele Teilnehmer hat der Hackathon? Welches Unternehmen ist der Veranstalter? Sind Partner vor Ort? Mentoren? Mit welchem Ziel wird der Hackathon veranstaltet? All das und noch einiges mehr spielen dabei eine entscheidende Rolle. Eine Universalantwort ist also schwer zu finden. Bezogen auf den Hackitover gibt es von Teilnehmern und Veranstaltern unterschiedliche Antworten auf die Frage. Sebastian Bödelt empfand vor allem die gesamte Atmosphäre als einzigartige Erfahrung, die er so noch nicht kannte. Für ihn war es selbst bemerkenswert, was mit einem zusammengewürfelten Team in so kurzer Zeit erschaffen werden kann.

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Außerdem sei Zusammenarbeiten und Netzwerken in der eigenen Region laut Gregor Mandt ein nicht zu unterschätzender Punkt. So waren Vertreter der Partner während des Hackitover direkt vor Ort. Es hätte viel Austausch und Kontakt zwischen Leuten gegeben, welche sich außerhalb einer solchen Veranstaltung kaum begegnen würden, sagt Mandt. Daraus resultiert auch die Aussicht auf einen möglichen Job. Auch wenn der Hackitover selbst keinen Recruiting-Hintergrund gehabt hätte, seien in den nächsten Monaten viele Bewerbungen mit Hackitover-Bezug eingegangen, schätzt Mandt. Viele Entwickler hätten einen Versicherungskonzern nicht auf dem Schirm. Die Challenges würden auch keinen zwanghaften direkten Bezug zu der Branche haben, erzählt Mandt weiter. Für die besten Teams besteht durchaus Potenzial, dass ihre Idee über den Hackathon hinaus verfolgt wird.

Der erste Platz des Hackitover 2018 gewann 10.000 Euro. Doch es gibt weit mehr Anreize für eine Hackathon-Teilnahme, als nur das Preisgeld. (Foto: Talanx AG)

Der erste Platz des Hackitover 2018 gewann 10.000 Euro. Doch es gibt weit mehr Anreize für eine Hackathon-Teilnahme, als nur das Preisgeld. (Foto: Talanx AG)

„Wir wollten auf jeden Fall mit ausgewählten Teams weitermachen. Wir haben mit der Idee des Gewinnerteams weitergearbeitet, weil sie uns wirklich begeistert hat. Die Zusammenarbeit war für uns gut umsetzbar, weil die Gruppe zum Teil auch aus Kollegen bestand. Eine Kollegin hat mit der Idee eines digitalen Assistenten für Dokumente dann sogar ihre Masterarbeit geschrieben. Aber es hatten nicht alle Hackathon-Teams, Lust oder Zeit an ihrer Idee weiterzuarbeiten. Wir und die Partner unseres Hauses haben mit drei Teams konkret gearbeitet. Einige haben nach dem Hackathon sogar gegründet“, antwortet Mandt auf die Frage was denn mit den Produkten und Ideen geschieht.

Bei anderen Wettbewerben liegt der Fokus meist darauf, sich und seine Fähigkeiten zu beweisen, um am Ende einen Preis zu gewinnen. Ein häufiges Hackathon-Konzept geht darüber hinaus: Sich mit einem fremden Team zusammentun, von Grund auf eine neue Idee entwickeln, weiterverfolgen und nach nur wenigen Stunden einen funktionierenden Prototyp vorstellen. Ja, auch hier geht es darum, seine Team- und Leistungsfähigkeiten zu beweisen. Doch das Preisgeld kann schnell in den Hintergrund rutschen. Es geht eben auch darum, sich selbst zu präsentieren sowie eine riesige Herausforderung zu meistern. Eine Situation, die so kaum mit dem Alltag in der Universität oder auf der Arbeit vergleichbar ist. In einem so kurzen Zeitraum im Team kreativ zu sein, sich neuen Aufgaben zu stellen und Fähigkeiten anzueignen – „Wichtige Disziplinen, die weit über das Coden hinausgehen“, sagt Mandt. Das ist alles andere als eine leichte Aufgabe oder etwas, dass man durch vorheriges Training besonders gut meistern kann. Was genau von einem einzelnen Teilnehmer an Fähigkeiten abverlangt wird, variiert stark und ist von den Teamkollegen, Aufgaben und der entwickelten Idee abhängig. Jeder neue Hackathon ist für den Einzelnen wieder anders. Auch wenn es die gleiche Veranstaltung ein Jahr später ist.

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Hackathons und ihr Innovationspotenzial

Alexander und Benjamin Michel mit Finanzguru. (Foto: © MG RTL D / Bernd-Michael Maurer)

Alexander und Benjamin Michel mit Finanzguru. (Foto: © MG RTL D / Bernd-Michael Maurer)

Wenn verschiedene kreative Köpfe zusammenfinden und sich ein Wochenende austauschen, entstehen nicht selten großartige Ideen. Ideen, die auf der Veranstaltung selbst zu einem Prototyp, vielleicht sogar zu einer Innovation heranreifen. Hat das Team dahinter genug Motivation, dran zu bleiben und Lust zu gründen, können sogar Startups entstehen. Das war beim Hackitover der Talanx genauso der Fall wie auch beim Bankathon, an dem auch die Gründer von Finanzguru teilgenommen haben und später den Deutsche-Bank-Hackathon gewannen. 2018 räumten sie den größten Einzeldeal von „Die Höhle der Löwen“ ab und sind inzwischen auch das Finanz-Startup des Jahres bei Business Punk. Ein Hackathon birgt nicht nur Innovationspotenzial, sondern durch Sponsoren, Partner und kreative Teilnehmer ein enormes Potenzial, ein erfolgreiches Startup zu gründen.

Dann sollten Teilnehmer auf dem Absatz kehrtmachen

„Wenn dann eine tolle Idee dabei herauskommt, dann müssen wir mit dem Team sprechen und investieren.“

Wer noch nie an Hackathons teilgenommen hat, befürchtet häufig, dass die Unternehmen sich alle Rechte der entworfenen Software unter den Nagel reißen würden – die Teilnehmer also ausbeuten. Die Befürchtung teilt Mandt bezüglich des Hackitover nicht: „Der Code gehört den Teilnehmern. Wir wollten erst mal möglichst viele Leute mit dem Event ansprechen. Wenn dann eine tolle Idee dabei herauskommt, dann müssen wir mit dem Team sprechen und investieren. Was jedoch in den Teilnahmebedingungen stand: Alles was auf der Bühne präsentiert wird, ist öffentlich und steht damit allen zur Verfügung. Wir haben uns auch vorbehalten, dass wenn eine Idee später veröffentlicht wird, wir sie uns ansehen dürfen. Aber der entwickelte Code und der Lösungsweg sind das Eigentum der Teilnehmer. Und alles was in den zwei Tagen im Team entstanden ist, genauso.“

„Anteile an 20 Ideen zu halten, würde den Aufwand nicht rechtfertigen.“

Doch nicht jedes Unternehmen geht mit den Ideen der Teilnehmer so um wie die Talanx oder Figo, Veranstalter des Bankathon – das Pendant zum Hackitover der Finanzbranche. Lars Markull, Organisator des Bankathon, kennt den größten Fehler, den ein Unternehmen bei einem Hackathon machen kann: Die Teilnehmer sollen die Rechte an dem eigenen Code abtreten. Wer vorab oder spätestens bei der Ankunft am Veranstaltungsort ein solches Dokument unterschreiben muss, solle direkt umkehren. Auch wenn das eher selten vorkomme, sagt Markull, sollten sich Teilnehmer einen von zahlreichen anderen Hackathons aussuchen, die keinerlei vergleichbare Forderungen hätten. Wer sich bereits vorher darüber informieren will, solle auf jeden Fall einen Blick auf die FAQ-Seite der Veranstaltung werfen. Was passiert, wenn ich ankomme? Worum muss ich mich im Vorfeld kümmern? Welches Unternehmen steckt dahinter? All diese Fragen sollten, wenn möglich, im Vorfeld geklärt werden. Bei einem guten Hackathon, solle ein Unternehmen Anreize schaffen, tolle Ideen umzusetzen. „Anteile an 20 Ideen zu halten, würde den Aufwand (für das Unternehmen) nicht rechtfertigen“, erklärt Markull. Trotzdem kann es vorkommen, dass Unternehmen mit Hackathons versuchen, kostengünstig an lohnenswerte Innovationen zu gelangen.

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Dennoch sollten sich vor allem Studenten und Berufseinsteiger die Chance nicht nehmen lassen, an einem Hackathon teilzunehmen. Egal ob 15 oder 120 Teilnehmer: Vorherige Recherche bezüglich des Veranstalters sollten auf jeden Fall gemacht werden. Auch solltet ihr euch vorher klar machen, warum ihr teilnehmen wollt. Seid ihr auf der Suche nach einem neuen Job? Dann schaut euch den Veranstalter und die Partner des Hackathons genauer an. Will das Unternehmen nur Vorteile aus dem Wettbewerb ziehen? Habt ihr Interesse daran, ein Startup zu gründen? Dann ist wohl ein Hackathon wie der Hackitover oder der Bankathon mit offen gestellten Challenges und Teams die beste Wahl. So oder so: Mit vorheriger Recherche sollte jeder an einem passenden Hackathon teilnehmen, wenn sich die Chance bietet. Gründe dafür gibt es genug.

Lies weitere interessante Artikel zum Thema Hackathon. Zum Beispiel: Mehr als 50 Tools, mit denen du bestens auf den nächsten Hackathon vorbereitet bist.

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