Urheberrecht: Wie viele Daten muss Youtube über einen Uploader herausgeben?

Der BGH hat aktuell über die Frage zu entscheiden, in welchem Umfang Youtube Rechteinhabern Informationen über Uploader erteilen muss. (Foto: Youtube)
Wenn ein Nutzer das Urheberrecht verletzende Inhalte auf einer Videoplattform hochlädt, welche Rechte hat dann der Urheber, um die Identität des Uploaders zu erfahren oder Daten zu erhalten, mit denen er den Uploader juristisch belangen kann? Mit dieser Frage beschäftigt sich derzeit der Bundesgerichtshof. Ein Urteil steht diesbezüglich noch aus, doch die entscheidende Verhandlung hat diese Woche stattgefunden.
Der Sachverhalt, um den es im Detail geht, ist folgender: Über verschiedene Youtube-Konten wurden zwei Spielfilme auf Youtube hochgeladen. Youtube hat diese nach Hinweis auf die Verletzung von Rechten auch durchaus zeitnah gesperrt (die übliche „Notice-and-Takedown“-Maßnahme). Doch dem Rechteinhaber, Constantin Film, reicht das nicht aus, er will im Rahmen von § 101 UrhG Auskunft über die zum Nutzerkonto gehörenden E-Mail-Adressen, Telefonnummern und IP-Adressen, die für das Hochladen der Filme und den letzten Zugriff auf das Konto genutzt wurden. Gerade Letzteres ist spannend – denn nach mehreren Jahren bekommt der Rechteinhaber ja nicht mehr die Zuordnung zu einem Anschluss oder gar einer Person über den Provider heraus.
Besagter Paragraph streitet weniger darüber, dass Auskunft über die Adresse eines Rechtsverletzers zu erteilen ist – es geht vielmehr darum, ob mit Adresse auch E-Mail-Adresse, Telefonnummer und IP-Adresse gemeint und verbunden ist. Dies wurde in den ersten beiden Instanzen vom LG Frankfurt und OLG Frankfurt unterschiedlich beantwortet. Der BGH hat die Frage am 21. Februar 2019 dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Denn im Wesentlichen kommt es auf die europarechtliche Enforcement-Richtlinie (Richtlinie 2004/48/EG) an – und die wiederum ist Sache des EuGH. Vor einigen Wochen hatte dieser aber entschieden, dass E-Mail-Adresse, Telefonnummer und IP-Adresse nicht zum Auskunftsanspruch dazugehören, sondern dass die Adresse tatsächlich nur die postalische Adresse bedeutet. Es ist naheliegend, dass der BGH sich diesem Diktum anschließen wird und die Plattform daher nicht zur Auskunft verpflichtet wird.
Datenschutz steht hier Urheberrecht entgegen
Bahne Sievers, Rechtsanwalt für IP- und Medienrecht bei der europäischen Wirtschaftskanzlei Fieldfisher, begrüßt, dass Plattformen die Daten ihrer Nutzer schützen und sich gegen (seiner Auffassung nach unberechtigte) Auskunftsbegehren mit Nachdruck zur Wehr setzen. „Gerade Online-Plattformen mit User-generated Content sind wesentlich für die Ausübung der Kommunikationsfreiheiten aller Nutzer. Dabei ist es auch grundsätzlich wichtig, dass Nutzer unter einem Pseudonym auftreten können. Auch der Gesetzgeber hat sich daher gegen eine Klarnamenpflicht ausgesprochen.“
Ähnlich sah dies in der aktuellen Verhandlung der Vorsitzende Richter Thomas Koch: „Der deutsche Gesetzgeber hat hier nur die Mindestanforderungen umgesetzt und keine weiterreichenden Auskünfte vorgesehen.“ Doch auch ihm ist bewusst, dass hier oftmals falsche Identitätsangaben gemacht werden.
Andererseits scheint es aber auch naheliegend, dass sich die Rechteinhaber, für die die Herstellung hochwertiger Inhalte wie etwa Spielfilme ein teurer Spaß ist, um die Verteidigung ihrer Investitionen bemühen. „Für sie stellt ein leerlaufender Auskunftsanspruch ein nicht unerhebliches Problem dar: Um Ansprüche gegenüber jemanden geltend machen zu können, muss man zumindest dessen Identität kennen. Anderenfalls sind Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche nur ein stumpfes Schwert“, erklärt Sievers.
New Deal für Content-Plattformen wie Youtube
Doch so richtig langfristig wird die Entscheidung in dieser Sache gar nicht ausfallen. Denn die Verantwortlichkeit von Online-Sharing-Plattformen wird in naher Zukunft von der Richtlinie über das Urheberrecht im Digitalen Binnenmarkt (EU) 2019/790 (DSM-Richtlinie) geändert und möglicherweise neu definiert. „Hier ist die nationale Umsetzung aktuell Gegenstand eines Gesetzgebungsverfahrens. Die DSM-Richtlinie ist dabei stark umstritten und insbesondere ihr Artikel 17 hatte 2019 europaweit Proteste ausgelöst (Stichwort: Upload-Filter).“