Viele Kranke im Sommer – Abschaffung der telefonischen Krankschreibung sei jedoch „Schnellschuss“

Die Kassen ermitteln regelmäßig Zahlen zum Krankenstand – so auch die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK). In ihrem aktuellen Report spricht sie von einem ungewöhnlich hohen Trend im Sommer. Mit 30,5 Prozent war fast ein Drittel der Erwerbstätigen demnach von Juli bis einschließlich September 2024 mindestens einmal krankgeschrieben. Das bedeute einen Anstieg von 9,0 Prozent zum Vorjahreszeitraum.
Hoher Krankenstand der Deutschen im Sommer
Insgesamt lag der Krankenstand bei 5,0 Prozent, so die DAK in ihrem Bericht. An jedem Tag des dritten Quartals waren also im Schnitt 50 von 1.000 Beschäftigten krankgeschrieben. Die meisten Arbeitsunfähigkeiten verursachten Muskel-Skelett-Erkrankungen, gefolgt von psychischen Erkrankungen und Atemwegserkrankungen. Eingeflossen sind die Krankschreibungen von mehr als 2,3 Millionen Beschäftigten.
Kassenchef Andreas Storm fordert mit Blick auf erwartbare Kommentare hinsichtlich der Zahlen durch die Politik eine „seriöse und gründliche Debatte über die wirklichen Ursachen“. Damit versucht Storm direkt polemischen Aussagen, wie denen von zuletzt Bundesfinanzminister Christian Lindner, zuvorzukommen. Der impliziert bezüglich vergangener Krankenstände, dass die telefonische Krankschreibung ausgenutzt werde.
Es gebe „eine Korrelation zwischen dem jährlichen Krankenstand in Deutschland und der Einführung der Maßnahme, die als guter Bürokratieabbau gedacht war“, behauptet Lindner erst im September 2024. DAK-Chef Andreas Storm entgegnet: „Schnellschüsse wie die Forderung nach einer Abschaffung der telefonischen Krankschreibung oder eine Blaumacher-Debatte helfen den Betroffenen und den Betrieben nicht weiter.“
Ist die telefonische Krankschreibung daran Schuld?
Markus Beier, Vorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands, sieht den Hauptgrund darin, dass sich die gestiegene Zahl der Krankschreibungen in großen Teilen auf die elektronische Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) zurückführen lässt. Auch der GKV-Spitzenverband, die Vertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen, hat diese Neuerung als Hauptgrund bestätigt.
Die telefonische Krankschreibung gilt indes als ein sogenanntes Coronakind. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bekamen während der Pandemie die Möglichkeit, sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen zu lassen, ohne selbst vor einer Ärztin oder einem Arzt vorsprechen zu müssen. Die Bundesregierung wollte so die Ansteckungsgefahr mindern, indem Corona-Erkrankte nicht mit anderen Erkrankten in Kontakt kamen.
Diese Regel wird seit Dezember 2023 dauerhaft umgesetzt – für leichte Erkrankungen ohne schwere Symptome. Sie dient hauptsächlich dazu, medizinisches Fachpersonal zu entlasten, das sich in Infektionsmonaten regelmäßig mit großen Anstürmen in Praxen konfrontiert sieht. Die Einführung sei vielen Expertinnen und Experten nach, sowohl medizinisch als auch versorgungspolitisch, eine absolut sinnvolle Entscheidung.