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4-Tage-Woche: Diese Unternehmer sprechen über ihre Erfahrungen

Wenn am Donnerstag schon Freitag ist, dann hat der Arbeitgeber sich für die Vier-Tage-Woche entschieden. Vier Gründer berichten über ihre Erfahrungen.

12 Min. Lesezeit
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Andreas Stückl und Daniel Kofler von Bike Citizens über ihre Erfahrungen mit der Vier-Tage-Woche. (Foto: Bike Citizens)

Es scheint schon fast wie ein Naturgesetz: fünf Tage die Woche, etwas über acht Stunden täglich arbeiten. So haben es schon die Eltern gemacht. So tun es auch die meisten ihrer inzwischen erwachsenen Kinder. Doch das jahrelange Konzept bröckelt an einigen Stellen. IT-Unternehmen aus dem Silicon Valley wie Facebook, Google und Amazon haben einen Trend ausgelöst, der längst auch nach Deutschland schwappt. Innovative Arbeitszeitmodelle wie die Vier-Tage-Woche bieten Arbeitnehmern mehr Flexibilität. Manchmal bei gleichbleibender Stundenanzahl, häufig jedoch auch bei mehr oder weniger täglicher Stunden.

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Wir haben uns mit vier deutschen Unternehmern in Verbindung gesetzt und ihnen die drängendsten Fragen gestellt: Sind die Mitarbeiter produktiver geworden? Hat das Unternehmen durch die Umstellung Kosten gespart? Wie war der Umstellungsprozess? Und vor allem auch im Hinblick auf die gesellschaftliche Relevanz flexibler Arbeitszeitmodelle: Wie verbringen die Kollegen ihre freie Zeit? Zu Wort kommen Andreas Stückl von Bike Citizens, Anna Kaiser und Jana Tepe von Tandemploy sowie Jan Eppers von Frische Fische. Sie alle berichten, wie es ist, wenn am Donnerstag schon Freitag ist.

Vier-Tage-Woche: 4 Unternehmer sprechen über ihre Erfahrungen

Andreas Strückl: „Macht uns eine Vier-Tage Woche kreativer?“ (Foto: Bike Citizens)

Andreas Stückl und Daniel Kofler haben Bike Citizens im Jahr 2011 zusammen in Graz gegründet. Neben der gleichnamigen App, die Radfahrern offline als Navi und Routenplaner dient, hat Bike Citizens auch die preisgekrönte Smartphone-Halterung Finn entwickelt. Das Startup beschäftigt sich außerdem mit der Visualisierung fahrradbezogener Daten und arbeitet als Agentur auch Kommunikationskonzepte zur Förderung nachhaltiger Mobilität aus. Die Vier-Tage-Woche wurde 2014 eingeführt.

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t3n: Warum habt ihr die Vier-Tage-Woche eingeführt und wie verteilen sich die Stunden auf die Arbeitswoche?

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Andreas Stückl: Wir verdienen unser Geld mit der Digitalisierung des Radfahrens – ein neuer, spannender, aber auch sehr zukunftsträchtiger Bereich. Gewissermaßen leisten wir Pionierarbeit, da wir uns in einem Segment bewegen, das viel Freiraum für Kreativität bietet. Daher die Fragen: Macht uns eine Vier-Tage Woche kreativer, wenn die Balance aus Arbeit und Freizeit maßgeblich zugunsten der Freizeit verschoben wird? Und schaffen wir nach wie vor das wöchentliche Pensum bei gleichzeitiger Verdichtung der zur Verfügung stehenden Arbeitszeit?

Bei uns gilt das Credo: Rein gar nichts ist in Stein gemeißelt, so auch nicht die fest verankerte Vorstellung von Arbeit und Arbeitszeit. Mit dem Ziel, Gewohnheitsstrukturen aufzubrechen, Neues zu versuchen und damit vielleicht auch mal zu scheitern, aber es sich auch erlauben können, Fehler zu machen, haben wir von 38,5 Stunden an fünf Tagen auf 36 Stunden an vier Tagen umgestellt. Eine Maßnahme, die ich zu keiner Zeit bereut habe.

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t3n: Ist die Produktivität dadurch gleich geblieben oder vielleicht sogar angestiegen?

Unser Unternehmen befindet sich in einem sehr dynamischen Wachstumsprozess, daher ist es schwierig bis unmöglich zu identifizieren, welchen Effekt die Umstellung auf unsere Produktivität hatte. Parallel wurden auch Strukturen, die Qualität der Meetings, eben die ganze interne Kommunikation verbessert. Aber auch viele kleine bis große Baustellen, die sicherlich jede für sich einen Beitrag zur höheren Produktivität leisteten. Das ist die sachliche Betrachtung. Mein Bauchgefühl jedoch antwortet mit einem klaren Ja. Denn nach einem langen Wochenende kommen die Kollegen wesentlich entspannter ins Büro. Wenn das keinen Einfluss haben soll, dann weiß ich auch nicht.

t3n: Wie lange hat es gedauert, bis sich das Arbeitszeit-Modell eingespielt hat?

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Wir waren damals circa 20 Leute, dementsprechend schnell, innerhalb weniger Wochen wurde die neue Regelung zur Normalität und die Prozesse liefen flüssig.

t3n: Konntet ihr durch die Vier-Tage-Woche auch Kosten sparen?

Geringfügig. Die Einsparungen waren kaum der Rede wert. Zuallererst wurde die Gehälter aliquot neuberechnet. Im Laufe der Zeit wurden sie durch Lohnerhöhungen jedoch auch wieder angepasst und sind mittlerweile sogar auf einem höheren Niveau als noch vor zwei Jahren. Es war immer eine zukunftsorientierte Debatte. Wir wollen mit weniger Stunden gleich beziehungsweise mehr leisten können und dementsprechend mehr Umsatz generieren. Deshalb lag der Fokus auch weniger auf Einsparungsmöglichkeiten.

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t3n: Wie wirkt sich das Modell bei Stellenausschreibungen aus?

Es ist das i-Tüpfelchen und sicherlich eines unserer Alleinstellungsmerkmale. Jedoch ist es mehr der Inhalt unserer Arbeit und unsere Visionen als Firma, welche spannende, interessante, extrovertierte und sympathische Persönlichkeiten zu uns locken, die sicherlich in Großkonzernen mehr verdienen würden, jedoch auf Entfaltungsmöglichkeiten, die wir bieten, verzichten müssten. Auf diesen bunten Mix sind wir sehr stolz.

t3n: Wie verbringen die Mitarbeiter ihren gewonnenen Tag?

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Das ist total unterschiedlich. Einige haben schon Familie. Diese Kollegen verbringen natürlich mehr wertvolle Zeit mit den Kindern. Andere gehen auch sportlichen Aktivitäten nach. Die österreichischen Kollegen sind beispielsweise mit ihren Mountainbikes unterwegs oder klettern, wandern und genießen dazu ihr Radler. Die Berliner geben sich der Clublandschaft hin. Ich selbst bin gern auf Tour und unternehme Städtetrips oder Radausflüge.

Wenn man vier Tage frei nimmt, kann man im Endeffekt zehn Tage Urlaub machen. Also von Freitag bis nächste Woche Sonntag – perfekt. Generell ist es aber auch wahnsinnig angenehm, einfach mal den freien Freitag auszuschlafen, lange Kaffee zu trinken, Zeitung zu lesen und den Ruhepol zu finden. Ich bin auch fest überzeugt: Mehr Freizeit verbindet die Menschen mit ihrer Umwelt und miteinander.

t3n: Gab es auch Kollegen, die mit dem Arbeitszeitmodell wenig anfangen konnten?

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Es gab einige Bedenken wegen des Arbeitspensums, was sich schnell gelegt hatte. Ansonsten gibt es mit meinem Berliner Kollegen Alex noch eine Alternativregelung. Da er sich die Kinderbetreuung mit seiner Frau teilt, passte die Vier-Tage-Woche nicht hundertprozentig, so dass er an zwei Tagen in der Woche früher geht und den Freitagvormittag im Home-Office arbeitet.

t3n: Ist die Vier-Tage-Woche etwas, das du grundsätzlich jedem Unternehmen empfehlen würdest?

Nein, nur den ambitionierten, kreativen und frei von Ängsten agierenden Unternehmen. Ansonsten wäre unser Einstellungsmerkmal auch zu schnell verwässert.

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Vier-Tage-Woche: 4 Unternehmer sprechen über ihre Erfahrungen

Anna Kaiser und Jana Tepe (v.l.): „Die Vier-Tage-Woche ist bei uns also eine Option.“ (Foto: Tandemploy)

Anna Kaiser und Jana Tepe haben Tandemploy 2013 in Berlin gegründet. Sie entwickeln eine innovative HR-Software, die Unternehmen von innen heraus flexibilisiert. Dabei nutzen sie den stärksten Hebel, den Organisationen haben: die eigenen Mitarbeiter. Die Belegschaft, und nicht etwa das Management, benutzt und betreibt das Programm und wird somit zum Ideengeber für flexible Arbeits- und Kollaborationsformen. Für ihre gleichermaßen disruptive und alltagstaugliche Technologie wurden die beiden Gründerinnen und ihr 17-köpfiges Team bereits dutzendfach ausgezeichnet. Die Berliner arbeiten von Anfang an maximal flexibel. 

t3n: Warum habt ihr die Vier-Tage-Woche eingeführt und wie verteilen sich die Stunden auf die Arbeitswoche? 

Jana Tepe: Bei uns arbeitet jeder seine gewünschte wöchentliche Stundenzahl, im Schnitt sind das um die 32 Wochenstunden. Wie man seine Stunden verteilt, entscheidet man eigenverantwortlich und natürlich in enger Absprache mit den unmittelbaren Teamkollegen, deren Aufgaben mit den eigenen zusammenhängen. Die Vier-Tage-Woche ist bei uns also eine Option, die derzeit fünf von 17 Kollegen gewählt haben. Wieder andere verteilen ihre Stunden auf drei oder auch auf fünf Tage.

t3n: Ist die Produktivität dadurch gleich geblieben oder vielleicht sogar angestiegen?

Anna Kaiser: Die Forschung zeigt, dass Menschen in Teilzeitmodellen produktiver sind als Vollzeitangestellte, im Mittel zwischen zehn und 15 Prozent. Bei Jobsharing-Paaren, die nochmals eine engere Teamkonstellation und einen hohen Selbstmanagement-Fokus haben, spricht man sogar von bis zu 30 Prozent mehr Produktivität. Natürlich ist das in der Praxis schwer messbar, aber ich spüre deutlich, dass wir ein hochmotiviertes Team haben, das – in wirklich kurzen Zyklen – innovative Produkte auf den Markt bringt. Auch arbeite ich nun teilweise mit Teilzeit-Kollegen zusammen, die ich schon aus früheren Vollzeitarbeitsverhältnissen kenne. Und ich behaupte: Sie schaffen in 25 bis 30 Stunden genauso viel wie früher in 40 Stunden.

t3n: Wie lange hat es gedauert, bis sich das Arbeitszeit-Modell eingespielt hat? 

Tepe: Das hat eigentlich von Beginn an sehr gut funktioniert, weil es einfach auch sehr fest in unserer Kultur verankert ist. Jetzt, wo wir weiter wachsen, merken wir aber, dass es ein paar mehr Regeln braucht. Aus großer Freiheit folgt eben auch große Verantwortung. Wir müssen uns sogar besser absprechen als Kollegen in klassischen Hierarchien mit festen Präsenzzeiten. Die Regeln hierfür finden wir gemeinsam im Team, probieren sie aus, verwerfen einige wieder, behalten gute Dinge bei. Es ist, auch für uns, immer wieder ein Experiment, das wir aber unbedingt eingehen wollen. Wir gewinnen damit ja alle.

t3n: Konntet ihr durch die Vier-Tage-Woche auch Kosten sparen?

Kaiser: Tatsächlich bewerben sich bei uns wegen der flexiblen Arbeitsmodelle viele tolle und auch sehr erfahrene Menschen, die wir uns zu deren Ursprungsgehältern eigentlich kaum leisten könnten. Wenn wir dann aber gemeinsam mit den Bewerbern anfangen, mit der Stundenzahl zu spielen, kommen wir eigentlich immer auf einen Deal, der für alle vorteilhaft und leistbar ist. Das Argument, mehr Zeit zu haben, darf man nicht unterschätzen, denn sie ist immerhin das Wichtigste, was wir haben.

Grundsätzlich versuchen wir dennoch immer überproportional zu zahlen und uns nicht an dem Standard der 40-Stunden-Woche und den damit assoziierten Gehältern aufzuhängen. Wir haben bestimmte Budgets für bestimmte Aufgabenfelder und fragen immer erst die Bewerber nach ihrem Wohlfühl-Wunsch-Gehalt. In den allermeisten Fällen können wir dieses auch zahlen oder aber werfen unsere weiteren Vorzüge ins Rennen: 30 Urlaubstage plus bayrische Feiertage, maximale Flexibilität und Zeitsouveränität.

t3n: Hast du das Gefühl, dass die Kollegen entspannter sind?

Kaiser: Auf jeden Fall. Unsere Arbeitsweise ist allermeistens entspannt, aber dennoch sehr konzentriert und zielorientiert. Dadurch, dass wir eben alle flexibel und auch alle anders arbeiten und hier sind, müssen wir uns sehr gut absprechen, für andere mitdenken, empathisch sein. Das ginge gar nicht anders.

t3n: Wie verbringen die Mitarbeiter ihren gewonnen Tag?

Tepe: Ganz unterschiedlich! Einige haben kleine Kinder, einer lernt an seinem freien Freitag Deutsch, andere sind künstlerisch tätig und spielen im Theater oder machen Musik. Wieder andere engagieren sich ehrenamtlich. Eine bunte Mischung verschiedener Interessen und Themen – wie im echten Leben eben.

t3n: Gab es auch Kollegen, die mit dem Arbeitszeitmodell wenig anfangen konnten?

Tepe: Manche Kollegen möchten in ihrer aktuellen Lebensphase gerne 40 Stunden die Woche arbeiten. Das geht natürlich auch, ist eben nur nicht das Nonplusultra, an dem man nicht rütteln darf. Denn wer hat eigentlich gesagt, dass jeder Job und jedes Lebensmodell am besten in eine 40-Stunden-Arbeitswoche passt? Das kann super passen, muss es aber eben nicht.

t3n: Ist die Vier-Tage-Woche etwas, das du grundsätzlich jedem Unternehmen empfehlen würdest?

Kaiser: Auf jeden Fall würden wir jedem Unternehmen mehr Flexibilität und Lebensfreundlichkeit empfehlen. Ob in Form einer Vier-Tage-Woche oder in Form verschiedener Teilzeit- oder Jobsharing-Modelle, ist dabei eigentlich zweitrangig und sicher auch individuell nach Branche und Tätigkeiten. Viel wichtiger ist, die grundsätzliche Offenheit, andere Arbeitsweisen und -modelle auszuprobieren und das für sich passende Mosaik daraus zu basteln. Die Mitarbeiter kann und sollte man dabei unbedingt einbeziehen, denn flexible Unternehmen gestalten wir am Ende alle gemeinsam. Das ist ein Geben und Nehmen.

Vier-Tage-Woche: 4 Unternehmer sprechen über ihre Erfahrungen

Jan Eppers: „Unternehmen sollten die Vier-Tage-Woche auf jeden Fall prüfen.“ (Foto: Frische Fische)

Jan Eppers ist Gründer und Geschäftsführer von Frische Fische, einer PR-Kreativagentur für Technologie-Themen. Insgesamt 16 Mitarbeiter beraten sowohl internationale Konzerne als auch Startups aus dem Web- und IT-Umfeld. Gegründet hat Eppers die Agentur mit Sitz in Dresden und Berlin im Jahr 2004. Die Vier-Tage-Woche wurde 2015 eingeführt, nachdem er per Twitter auf ein Unternehmen aufmerksam wurde, das sie erfolgreich implementierte.

t3n: Warum habt ihr die Vier-Tage-Woche eingeführt und wie verteilen sich die Stunden auf die Arbeitswoche? 

Jan Eppers: Ganz, ganz viel Flexibilität brauchte ich als Gründer immer schon selbst, damit ich mein Leben mit dem Job wunderbar kombinieren kann, und dieses Mehr an Gestaltungsspielraum wollte ich auch allen Mitarbeitern geben. Zwar hatten wir schon vorher keine starren Anwesenheitszeiten und Home-Office war auch immer möglich, aber so ein vertragliches Recht ist doch etwas anderes, als nur der gute Wille des Arbeitgebers, der jederzeit auch wieder entzogen werden kann.

Bei uns kann jeder eine feste Wochenarbeitszeit wählen und sich die Stunden selber einteilen. Wir haben also absolute Wahlfreiheit über die Arbeitstage, keinen Zwang zur Vier-Tage-Woche. Interessant war beim Start vor zweieinhalb Jahren, dass nur ein Kollege eine Stundenreduktion bevorzugte. Alle anderen 15 verteilen ihre frühere Stundenzahl auf vier Tage, sodass bei den Vollzeitlern somit Zehn-Stunden-Tage die Regel sind.

t3n: Ist die Produktivität dadurch gleich geblieben oder vielleicht sogar angestiegen?

Das kann ich nicht so einfach beantworten. In einer Agentur lässt sich Produktivität nicht in Stückzahlen messen und soll auch gar nicht gemessen werden. Das Prinzip der höchstmöglichen Selbstverantwortung besteht ja gerade darin, dass kein Kontrolleur dahinter steht und etwa die Zeichenzahl pro Stunde überwacht. Mein Bauchgefühl sagt mir aber, dass die Motivation und somit die Qualität der Arbeit gestiegen sind. Wir sind gefühlt einfach kreativer geworden. Bei zehn Stunden an einem Tag ist definitiv genug Zeit da, in aller Ruhe über Tellerränder zu blicken, sich gründlich mit Kollegen auszutauschen und Inspirationen zu sammeln. Und am Drei-Tage-Wochenende kommen dann noch weitere Inspirationen dazu, weil Kollegen wieder Zeit zur persönlichen Entwicklung haben.

t3n: Wie lange hat es gedauert, bis sich das Arbeitszeit-Modell eingespielt hat?

Von der ersten Idee bis zur Umsetzung vergingen rund acht Wochen. Auf das Einspielen der längeren Tage waren wir alle gespannt, es lief aber komplett ohne Probleme. Manche Kollegen haben ihre Essenszeiten umgestellt, mit einer Nachmittagspause experimentiert oder den Kaffeekonsum hochgefahren. Das waren schon die deutlichsten Anpassungen.

t3n: Konntet ihr durch die Vier-Tage-Woche auch Kosten sparen?

Nein, die Gehälter sind ja gleich geblieben, da sich die Stundenanzahl nicht verringert hat.

t3n: Wie wirkt sich das Modell bei Stellenausschreibungen aus?

Damit konnten wir noch keine Erfahrungen sammeln, weil unser Mitarbeiterstamm sehr stabil ist und wir zusätzliche Stellen eher aus unserem Netzwerk besetzen können. Da die Vier-Tage-Woche optional ist, sehe ich grundsätzlich aber auch bei der Mitarbeitergewinnung nur Vorteile.

t3n: Hast du das Gefühl, dass die Kollegen entspannter sind?

Donnerstagnachmittag nicht, aber Freitagvormittag beim dritten Umdrehen im Bett schon! Natürlich schlauchen Zehn-Stunden-Tage, aber die Belohnung durch drei freie Tage im Anschluss macht dies mehr als wett. Oder auch die Freiheit, an einem Tag spontan mittags nach Hause zu gehen oder erst mittags zu kommen und dafür dann eben doch am fünften Tag für ein paar Stunden ins Büro zu gehen.

t3n: Wie verbringen die Mitarbeiter ihren gewonnen Tag?

Sehr vielfältig und hier zeigt sich für mich auch die gesellschaftliche Relevanz flexibler Arbeitszeitmodelle: Eine Kollegin fungiert als Vormund für minderjährige Geflüchtete und kann dies wegen der vielen Behördengänge auch nur, weil sie jetzt einen Wochentag dafür frei hat. Eine andere hat wieder Zeit, Veranstaltungen für Amnesty International zu organisieren. Ein Kollege trainiert ein Kinder-Fußballteam, ein anderer organisiert Barcamps, eine weitere Kollegin kann ihre nebenberufliche Selbständigkeit als Fotografin ausleben, eine widmet sich Kiez-Aktivitäten und so weiter.

Natürlich ist das nicht repräsentativ, aber an einem normalen Wochenende muss man einkaufen, die Wohnung aufräumen, Wäsche waschen, Papierkram erledigen, geht abends aus und schwupps läutet der Tatort am Sonntagabend schon wieder leise die nächste Woche ein. Ein weiterer freier Tag schafft Raum für sehr wertvolle Dinge, ohne dass man an Erholungszeit verliert.

t3n: Gab es auch Kollegen, die mit dem Arbeitszeitmodell wenig anfangen konnten?

Ja, besonders mit kleinen Kindern passt das Vier-Tage-Modell nicht unbedingt zu allen Lebenssituationen. Auch am freien Tag wird man durch die Kleinen früh geweckt und bringt sie in den Kindergarten. Selbst wenn man sich anschließend wieder mit einem Buch ins Bett kuscheln könnte, ist der Tag nicht komplett frei, sondern es ist den meisten wichtiger, die Kinder an den anderen Tagen am Nachmittag früher wiederzusehen.

Wir haben auch zwei Kollegen mit je drei Kindern, die jede Woche wieder versuchen, den Freitag frei zu machen, aber fast immer scheitern, weil sie unter der Woche so flexibel sein müssen: Kind krank, Kind muss zum Geburtstag, Kind hat Schlüssel vergessen, Kind hat Loch im Kopf, Kind hat Läuse und so weiter. Das kann dazu führen, dass sie ihr Wochenpensum doch noch nicht geschafft haben. Geht mir persönlich auch hin und wieder so.

t3n: Ist die Vier-Tage-Woche etwas, das du grundsätzlich jedem Unternehmen empfehlen würdest?

Ich kann jedem Unternehmen empfehlen, eine Vier-Tage-Woche auf jeden Fall zu prüfen. Einfach mal die Idee vorstellen, die Augen der Kollegen nach einem Leuchten absuchen, jedem die Gelegenheit zu einer spontanen Reaktion geben und dann weiter planen oder eben nicht. Formal ist die Umstellung ein Kinderspiel: Zwei Zeilen Zusatz zum Arbeitsvertrag und eine Meldung an die Krankenkasse. Bums, erledigt.

Du willst mehr zum Thema erfahren? Dann lies auch diesen t3n-Artikel: 7 gute Argumente für die Vier-Tage-Woche

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