Warum die Abschaffung von E-Auto-Subventionen der falsche Schritt war
Die Verkaufszahlen für neue Elektrofahrzeuge in Deutschland sind eingebrochen und im Juli 2024 im Vergleich zum Vorjahresmonat um fast 37 Prozent gesunken. Einer der Hauptgründe dafür lässt sich auf das vergangene Jahr zurückführen. Mitte Dezember 2023 wurde in Berlin entschieden, mit weniger als einer Woche Vorlauf das Förderprogramm der Bundesregierung für Elektrofahrzeuge zu beenden. Im Rahmen des Programms hatten Fahrer:innen zuvor Zuschüsse über mehrere Tausend Euro für den Kauf neuer batterieelektrischer Fahrzeuge (plus Plug-in-Hybride) erhalten.
Das Ende des Förderprogramms ist nicht der einzige Faktor, der zum Ende des E-Auto-Booms in Deutschland beigetragen hat, aber die abrupte Einstellung hatte sicherlich massive Auswirkungen. Während in vielen anderen Ländern Europas im vergangenen Jahr ein steigender oder zumindest konstanter Absatz neuer Stromer zu verzeichnen war, gingen die Verkaufszahlen in Deutschland zurück.
Deutschland, Schweden, Neuseeland: Kappen der E-Auto-Subvention
Aber nicht nur Deutschland beendet diese Förderprogramme. Auch Schweden und Neuseeland haben ihre Programme eingestellt und verzeichneten infolgedessen einen Rückgang oder eine Verlangsamung der Verkaufszahlen. All dies geschieht zu einer Zeit, in der die Welt ihre Bemühungen, auf emissionsfreie Fahrzeuge umzusteigen und mit fossilen Brennstoffen betriebene Fahrzeuge von den Straßen zu verbannen, eigentlich drastisch verstärken müsste, um dem Klimawandel entgegenzuwirken.
Experten warnen in Reaktion auf die Entwicklung davor, dass ein zu frühes Ende von Unterstützungsmaßnahmen den Fortschritt in diesem Kampf gefährden könnte. Es geht aber um eine politische Frage. Wann ist die Technik endlich bereit, auf eigenen Beinen zu stehen? Wann kann der Markt vollständig übernehmen?
Wirksamkeit von Subventionen
Subventionen können ein wirksames Instrument sein, um Menschen von der Einführung einer neuen Technik zu überzeugen. „Die Kosten sind der Hauptfaktor“, sagt Robbie Orvis, Senior Director für Analyse bei Energy Innovation, einem auf Energie und Klima spezialisierten Politikforschungsunternehmen. Zu den Instrumenten einer Regierung zur Unterstützung neuer Verfahren gehören wirtschaftliche Anreize, härtere Standards und Vorschriften sowie die Unterstützung von Forschung und Entwicklung. Im Allgemeinen ist eine Mischung aus diesen Methoden am effektivsten, erklärt Orvis.
Wirtschaftliche Anreize können entweder dazu führen, dass eine neue Technik billiger wird – oder dazu, dass die etablierten Verfahren teurer werden. In jedem Fall tragen sie dazu bei, die Wettbewerbsbedingungen in einem frühen Stadium der Entwicklung „auszugleichen“, sagt Orvis. Dieses Muster hat sich bei der Solarenergie gezeigt – die Kosten für Solarmodule sind heute 90 Prozent geringer als noch vor einem Jahrzehnt. Was zum Teil auf Regierungsprogramme zurückzuführen ist, die ihre Produktion subventioniert haben.
Wenn eine neue Technik schließlich skaliert, sollten auch die Kosten sinken – bis zu dem Punkt, an dem keine Anreize mehr nötig sind und stattdessen auf andere Instrumente wie Regulierung zurückgegriffen werden kann, sagt der Analyst. Elektrofahrzeuge werden heute in viel größerer Zahl produziert und sind im Kostenbereich viel näher an benzinbetriebenen Fahrzeugen als noch vor wenigen Jahren, aber es gibt immer noch einen Unterschied beim Anschaffungspreis.
Heute sind die Preise für den Besitz eines Elektrofahrzeugs über die gesamte Lebensdauer mit den Kosten eines Benziners über die gesamte Lebensdauer vergleichbar. Allerdings sind Elektrofahrzeuge oft teurer in der Anschaffung und bieten dann erst im Laufe der Zeit Einsparungen in Form von günstigeren Wartungs- und Betriebskosten. Benzinbetriebene Autos können hingegen anfangs günstiger sein, verursachen aber im Laufe der Zeit höhere Wartungs- und Kraftstoffkosten.
Vorschriften für emissionsfreie Fahrzeuge
Um die Finanzierungslücke zu schließen, haben Regierungen auf der ganzen Welt Kunden zum Kauf von Elektrofahrzeugen ermutigt, indem sie Subventionen anboten, die den anfänglichen Preisunterschied vernachlässigbar machen sollten. Viele Märkte für E-Autos im Westen planen für die Zukunft dann weitere Vorschriften, von denen einige in etwa einem Jahrzehnt in Kraft treten werden: Die Europäische Union will – genauso wie einige US-Bundesstaaten – vorschreiben, dass alle neu verkauften Fahrzeuge emissionsfrei sein müssen. Gerechnet wird damit um 2035. Die Frage ist daher, wann Regierungen Subventionsprogramme sicher auslaufen lassen können.
Der Schritt der deutschen Bundesregierung, Ende 2023 die Subventionen für Elektroautos einzustellen, erfolgte aufgrund der damals erklärten Haushaltskrise. Deutschland hatte zuvor seit 2016 insgesamt zehn Milliarden Euro für 2,1 Millionen Elektrofahrzeuge ausgezahlt – laut Ansicht des zuständigen Wirtschaftsministeriums ein Erfolg.
Die abrupte Beendigung trug laut einer Analyse der Europäischen Föderation für Verkehr und Umwelt (T&E) zu einem Rückgang der Verkäufe von Elektrofahrzeugen in Deutschland bereits in der ersten Hälfte des Jahres 2024 bei.
Das Ende der deutschen Subventionen für Elektrofahrzeuge kam zu früh, meint Peter Mock, Regionalleiter für Europa beim International Council on Clean Transportation. Die meisten Hersteller seien noch weit von den Emissionszielen entfernt, die sie bis 2025 erreichen wollen. Der Einbruch der Verkaufszahlen für Elektrofahrzeuge warf die Frage auf, ob die Hersteller diese Ziele überhaupt erreichen können. Einige in der Automobilindustrie äußerten lautstarke Zweifel daran, dass das realistisch ist.
Insgesamt sind E-Autos auf den Straßen noch wenig vertreten
Dabei sind Elektrofahrzeuge auf den Straßen der Welt inzwischen je nach Land weit verbreitet. Doch auf den meisten Märkten sind sie immer noch in der Minderzahl und erreichten 2023 weltweit nur 18 Prozent der Neuwagenverkäufe.
Der deutsche Markt für E-Autos befindet sich nach Experteneinschätzung noch in einem frühen, wenn nicht gar prekären Stadium. Vor dem Auslaufen der Subventionen im Jahr 2023 machten batterieelektrische Fahrzeuge etwas mehr als 20 Prozent der Neuwagenverkäufe in Deutschland aus. Darunter waren viele Early Adopter, so Mock, die bereit waren, mehr auszugeben – im Gegensatz zum Gesamtmarkt.
Die Beendigung eines Subventionsprogramms hat grundsätzlich immer Auswirkungen auf den Absatz. Selbst wenn Elektrofahrzeuge deutlich günstiger wären als Benziner, würde man in diesem Fall wahrscheinlich einen Einbruch der Verkaufszahlen erleben, wenn ein großer Anreiz wegfalle, sagt Orvis von Energy Innovation. „Die Menschen achten immer auf die Kosten.“
Nehmen wir Schweden, das die direkten Anreize für Elektrofahrzeuge bereits Ende 2022 beendete. Das Land verzeichnete von Dezember 2022 bis Januar 2023 einen direkten Einbruch der Verkaufszahlen, aber der Markt hat sich inzwischen zumindest wieder einigermaßen stabilisiert. Ein Grund dafür: Der Übergang bei Neuwagen war dort deutlich weiter fortgeschritten, und im August 2024 waren etwa 35 Prozent davon batteriebetrieben. Rechnet man Plug-in-Hybride hinzu, liegt der Anteil der Stromer bei fast 50 Prozent. Da der Markt weiter fortgeschritten war, gab es weniger Ängste, dass Schweden bei der Verkehrswende Probleme bekommen könnte, sagt Mock.
Wie „Feebate“-Programme funktionieren
Eine Möglichkeit, die Bedenken hinsichtlich der Kosten von Subventionen auszuräumen, besteht darin, sie mit Gebühren für die etablierte Technologie zu kombinieren. Diese Programme werden manchmal als „Feebate“-Programme bezeichnet und funktionieren so, dass eine Gebühr auf ein Fahrzeug mit hohem Schadstoffausstoß erhoben wird, während ein Fahrzeug mit niedrigem Schadstoffausstoß subventioniert wird, sagt Mock.
Jedes Land und sogar jede Region innerhalb desselben Landes wird seinen eigenen Übergang zu einer neuen Antriebsart haben. „Jeder Markt muss überzeugt werden“, sagt Robbie Andrew, ein leitender Forscher am Center for International Climate Research in Norwegen, der Daten zum Verkauf von Elektrofahrzeugen zusammenstellt.
Eine wichtige Überlegung für politische Entscheidungsträger in jedem Bereich sollte die Geschwindigkeit sein, mit der die Subventionen auslaufen, sagt Mock. Wenn man Autoherstellern und Verbraucher:innen im Voraus einen festen Zeitplan vorgibt, kann man sicherstellen, dass es weniger dramatische Schocks auf dem Markt gibt. Ein allmählicher Abbau der Unterstützung kann auch besser sein, als eine Subvention auf einen Schlag auf Null zu reduzieren.
Rückschlag für die Technologie?
Die deutsche Regierung unternimmt bereits Schritte, um die sinkenden Verkaufszahlen von Elektrofahrzeugen zu verbessern. Anfang September einigte sich die Regierung auf Maßnahmen, die es Unternehmen ermöglichen, einen Teil des Wertes von Elektrofahrzeugen von der Steuer abzusetzen. Da sich dies aber auf Dienstwagen für bis zu 95.000 Euro bezieht, ist die Wirkung fraglich.
Wenn wir jetzt kollektiv den Fuß vom Gaspedal nehmen, um die Einführung von Elektroautos voranzutreiben, ist das wahrscheinlich nicht der Untergang der Technologie, aber es könnte ein großer Rückschlag sein. Letztendlich kommt es nicht nur darauf an, dass die Welt Technologien zur Senkung der Emissionen im Verkehrssektor einführt – das Tempo, in dem wir dies tun, wird auch massive Auswirkungen auf den Klimawandel haben. Je länger wir mit umweltschädlichen Fahrzeugen fahren, desto mehr Emissionen gelangen in die Atmosphäre. Und je höher diese Verschmutzung ist, desto stärker werden wir die Auswirkungen einer sich erwärmenden Welt spüren.