Weltraumforschung: So wirkt sich veränderte Schwerkraft auf unsere Zellen aus

Schwerelosigkeit macht was mit dem menschlichen Körper. (Bild: Gorodenkoff / Shutterstock)
Was Forschende schon lange wissen, ist, dass sich die Weltraumbedingungen auf den menschlichen Körper auswirken – auch auf zellulärer Ebene. Gerade das Fehlen der Schwerkraft hat gravierende Folgen auf die Prozesse im Körper. Die meisten erweisen sich als reversibel nach dem Ende der Mission.
Schwerelosigkeit hat sichtbare Folgen für den Körper
Unmittelbare körperliche Veränderungen hatte jüngst die Weltraummedizinerin Bergita Ganse von der Universität des Saarlandes beschrieben: „Die Bandscheiben dehnen sich aus und man wächst in den ersten 24 Stunden um durchschnittlich fünfeinhalb Zentimeter in die Länge“, sagt sie.
Ebenso würde Körperwasser wegen der fehlenden Schwerkraft Richtung Oberkörper und Kopf wandern, was laut Ganse dazuführt, dass Allbesuchende „in den ersten 24 Stunden 1,5 Liter Wasser auspinkeln – und ein sehr dickes Gesicht und ganz dünne Beine bekommen.“
Unschön sei auch der Muskelabbau aufgrund der wesentlich geringeren Anstrengungen, die das Bewegen in der Schwerelosigkeit erfordere. Dabei werde auch der Herzmuskel kleiner. Astronauten müssten daher ein tägliches Sportprogramm an Fitnessgeräten absolvieren, um diesem Effekt möglichst effektiv entgegenzuwirken. Ganz gelinge das aber nicht.
Körper reagiert auf zellulärer Ebene mit Abwehrmaßnahmen
Nun haben sich Forschende der Oklahoma State University im US-amerikanischen Stillwater mit den Auswirkungen der Mikrogravitation, der Schwerkraft im Weltraum, beschäftigt. Dabei stießen sie darauf, dass eben diese Mikrogravitation eine einzigartige Reihe von zellulären Stressreaktionen auslöst.
In ihrer neuen Arbeit fanden sie zudem heraus, dass der Proteinmodifikator SUMO eine Schlüsselrolle bei der zellulären Anpassung an simulierte Mikrogravitation spielt. „Unter normalen Schwerkraftbedingungen reagiert SUMO bekanntermaßen auf Stress und spielt eine entscheidende Rolle bei vielen zellulären Prozessen, einschließlich der Reparatur von DNA-Schäden, der Regulierung des Zytoskeletts, der Zellteilung und des Proteinumsatzes“, erläutert Studienleiterin und Bioprofessorin Rita Miller. „Dies ist das erste Mal, dass SUMO eine Rolle bei der Reaktion der Zelle auf die Schwerelosigkeit spielt“.
Die Forschenden haben die Ergebnisse auf der Jahrestagung der Amerikanischen Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie vorgestellt, die vom 25. bis 28. März in Seattle im US-Bundesstaat Washington stattgefunden hat.

Die Forscher verwendeten ein spezielles Zellkulturgefäß, das von der Nasa entwickelt wurde. (Foto: Jeremy Sabo, Oklahoma State University)
Um die Interaktionen zu untersuchen, verwendeten die Forschenden Hefezellen – einen Modellorganismus, der häufig zur Untersuchung zellulärer Prozesse verwendet wird. Zur Simulation der Mikrogravitation verwendeten sie ein von der Nasa entwickeltes spezielles Zellkulturgefäß.
Signifikante Interaktionen weisen auf erhöhte Reparaturbereitschaft des Körpers hin
In den Zellen, die der Schwerelosigkeit ausgesetzt waren, identifizierten die Forscher 37 Proteine, die physisch signifikant mit SUMO interagierten. Unter diesen 37 Proteinen befanden sich auch solche, die für die Reparatur von DNA-Schäden wichtig sind.
Das fanden die Forschende insofern bemerkenswert, da Strahlenschäden im Weltraum eine ernsthafte Gefahr darstellen. Andere Proteine waren an der Energie- und Proteinproduktion sowie an der Aufrechterhaltung der Zellform, der Zellteilung und dem Proteinverkehr innerhalb der Zellen beteiligt.
„Da SUMO mehrere Transkriptionsfaktoren verändern kann, könnte unsere Arbeit auch zu einem besseren Verständnis darüber führen, wie es verschiedene Signalkaskaden als Reaktion auf simulierte Mikrogravitation steuert“, so Miller. In einem nächsten Schritt will Miller untersuchen, ob das Fehlen der SUMO-Modifikation bei bestimmten Proteinen für die Zelle unter Schwerelosigkeit schädlich ist.