Im Blut von Astronauten: Genmutation in 20 Jahre alten Proben entdeckt
Im Angesicht der kommenden Raumfahrtmissionen der Nasa hat ein Team der New Yorker Icahn School of Medicine at Mount Sinai mehr als 20 Jahre alte Blutproben von Astronaut:innen genauer unter die Lupe genommen.
14 Nasa-Astronaut:innen, 42 Blutproben, 20 Jahre später
„Mit dem Beginn der Nasa-Weltraummissionen Gateway und Artemis sowie der Ausweitung der kommerziellen Raumfahrt“ bestehe ein erhöhter Bedarf , „die mit der Raumfahrt verbundenen Gesundheitsrisiken zu verstehen, ihnen entgegenzuwirken und sie zu mindern“, heißt es von den Wissenschaftler:innen. Also haben sie sich eingefrorenen Blutproben gewidmet, die 14 Astronaut:innen vor mehr als 20 Jahren abgegeben hatten.
Die Proband:innen waren zwischen 1998 und 2001 im All gewesen, sechs von ihnen hatten sich dabei auf ihre erste Mission überhaupt begeben. Das Durchschnittsalter der Studiengruppe lag bei 42 Jahren. Um ihre Privatsphäre zu schützen, waren die entnommen Proben in der Studie möglichst anonym behandelt worden. Klar ist aber: Die männlichen Teilnehmer waren in der Mehrzahl, sie machten rund 85 Prozent der Gruppe aus.
Alle Proband:innen waren verhältnismäßig kurz im All gewesen, durchschnittlich rund zwölf Tage. Zum Vergleich: Langzeitaufenthalte wie der von Astronautin Jessica Watkins auf der ISS dauern mittlerweile mehrere Monate.
Für die Studie war den Astronaut:innen insgesamt dreimal Blut abgenommen worden. Sie hatten zehn Tage vor dem Start, am Tag der Rückkehr auf die Erde und drei Tage nach der Landung Proben abgegeben. Die wurden bei Minus 80 Grad eingefroren – und jetzt, Jahre später, untersucht. Was dabei herausgekommen ist, hat das Forschungsteam in einem Artikel zusammengefasst, der bei Communications Biology abrufbar ist.
Nach Kurzzeitmission ins All: Stammzellen-Mutation beobachtbar
Die Kurzzusammenfassung: In den Stammzellen aller Astronaut:innen fanden sich nach dem Flug ins All sogenannte somatische Mutationen. „Astronauten arbeiten in einer extremen Umgebung, in der viele Faktoren zu somatischen Mutationen führen können, vor allem die Weltraumstrahlung“, so Studienleiter und Kardiologe David Goukassian in einer Pressemitteilung.
Liegt die Häufigkeit spezieller somatischer Mutationen, die bei den Untersuchungen weiterhin ausgemacht wurden, über zwei Prozent, besteht ein erhöhtes Risiko, einige Krebsarten zu entwickeln oder Probleme mit dem Herz-Kreislauf-System zu bekommen. Genau diese Schwelle war bei den Astronaut:innen allerdings nicht überschritten – auch wenn die beobachteten Mutationen „angesichts des relativ jungen Alters und der Gesundheit dieser Astronauten überraschend“ seien, so Goukassian.
Gerade wenn eine „anhaltende und lange Exposition gegenüber der extremen Umgebung im Weltraum“ bestehe, plädiert der Kardiologe deswegen für engmaschigere Untersuchungen der Astronaut:innen: „Unsere Empfehlung lautet, dass die Nasa und ihr medizinisches Team Astronauten alle drei bis fünf Jahre auf somatische Mutationen und mögliche klonale Expansion oder Regression untersuchen sollten, und zwar, was nicht weniger wichtig ist, bis weit in ihre Ruhestandsjahre hinein“.