In der Nähe des Nord- und Südpols des Mondes könnten in der Zukunft aufblasbare Mondstationen entstehen. Die wären teils eingegraben und mit einer bis zu fünf Meter dicken Schicht aus lokalem losem Regolith bedeckt.
Halb eingegrabene Mondstation aus Modulen wächst nach Bedarf
So sollen die Stationen vor extremen Temperaturen, Meteoriten und kosmischer Strahlung geschützt werden. Oberirdische Spiegel, die sich in Richtung der Sonne bewegen und das sichtbare Sonnenlicht in die Gewächshäuser bringen, sollen für die erforderliche Energie sorgen.
Die Struktur des vom Unternehmen Pneumocell aus Österreich vorgeschlagenen Habitats besteht aus Raummodulen, die miteinander verbunden werden können. Die wichtigsten dieser Module sind Gewächshäuser mit Durchmessern zwischen rund 5 und rund 22 Metern.
Diese Gewächshäuser sollen untereinander durch ein Tunnelsystem verbunden werden und an ihrer Außenseite zusätzliche Module für Wohn- und Arbeitsbereiche aufweisen. Das Habitat könnte mit einer Gewächshauseinheit beginnen und dann schrittweise erweitert werden.
Daraus besteht der Pneumo Planet
Gewächshäuser, Wohnbereiche und Verbindungstunnel sollen aus doppellagigen aufblasbaren Folien konzipiert werden. Die aus den vergrabenen Einheiten steigenden Türme, die die oberen Spiegel tragen, wären aus Kohlefaserrohren hergestellt. Die Tunnelverbindungen wären redundant angelegt, um im Falle der Zerstörung eines Tunnels Ausweichmöglichkeiten zu haben.
Die oberen Spiegel sollen das nahezu horizontal einfallende Sonnenlicht in einen künstlichen Krater in der geometrischen Mitte des jeweiligen Moduls reflektieren. Alle Spiegel würden aus Gewichtsgründen aus silberbeschichteten Folien gefertigt.
Über ein aktives Kühlsystem mit Ammoniak und Wasser als Arbeitsflüssigkeiten könnte die Temperatur im Inneren des Gewächshauses während der Beleuchtungsphasen nahe bei 26 Grad Celsius gehalten werden.
Autarke Versorgung mitgedacht
Besonders interessant ist, dass das Konzept so ausgelegt ist, dass damit langfristig ein geschlossenes System geschaffen werden kann, in dem jede Gewächshauseinheit genug Nahrung produzieren würde, um eine Besatzung von zwei Menschen zu ernähren, ohne dass zusätzliche Nahrung von der Erde importiert werden müsste.
Laut Pneumocell soll damit ein vollständiger, nachhaltiger und ökologischer Kreislauf geschaffen werden, wie er idealtypisch auf der Erde existieren sollte. Die Pflanzen in den Gewächshäusern würden Sauerstoff produzieren und dazu ihrerseits das von der Besatzung ausgeatmete CO2 für die Photosynthese nutzen.
Ausscheidungen und nicht essbare Pflanzenteile würden zu fruchtbarem Boden kompostiert. Während der Dunkelheit würde überschüssiges Kohlendioxid in einem kryogenen Behälter zwischengespeichert. Der gesamte Lebenszyklus soll im Wesentlichen durch solare Beleuchtungsenergie angetrieben werden. An den rotierenden Spiegeln befestigte Photovoltaik-Paneele sollen den notwendigen Strom erzeugen.
Pneumo Planet ist der dritte der Esa eingereichte Entwurf
Pneumo Planet ist der dritte in einer Reihe aktueller und sorgfältig entwickelter Entwürfe für Mondhabitate. Ex-Esa-Chef Jan Wörner hatte international mit seiner Vision des sogenannten „Moon Village“, einer Art Gemeinschaftsbasis auf dem Mond, geworben und um Einreichung von Vorschlägen gebeten.
Neben Pneumo Planet bewirbt sich das an Wörners Namensgebung gelehnte Moon Village von SOM-Architects als eine nahezu „gebrauchsfertige“, starre und teilweise aufblasbare Struktur. Von Foster und Partner wurde der sogenannte Lunar Outpost vorgeschlagen, der aus einer aufblasbaren Struktur besteht, die von einer 3D-gedruckten Hülle bedeckt ist.
Das sind die 10 besten Bilder aus dem Weltall:
Der österreichische Entwurf nimmt für sich in Anspruch, die mit Abstand geringste Nutzlast pro Quadratmeter Nutzfläche, den effektivsten Schutz vor kosmischer Teilchenstrahlung und den geringsten Energiebedarf für den Bauprozess und in Betrieb aufzuweisen.
Die Entwickelnden weisen zudem darauf hin, dass es sich um das einzige bisher veröffentlichte Konzept handelt, das einen vollständigen ökologischen Kreislauf zur autarken Produktion von Nahrung und Sauerstoff vorsieht.
Logistik zum Mond auch ohne SpaceX denkbar
Für den Transport zum Mond zeige sich das Konzept überdies besonders genügsam, so Pneumocell. Durch das geringe Gewicht und den modularen Aufbau der Komponenten bräuchte es weder die geplanten Lunar Gateways noch eine Rakete vom Schlage eines SpaceX-Starship.
Vielmehr könnte der Pneumo Planet sogar mithilfe kleinerer Raketen wie der Ariane-64 in Kombination mit dem geplanten European Large Logistics Lander realisiert werden.