WIN-Initiative: 12 Milliarden für deutsche Startups reichen nicht – so viel bräuchte es eigentlich

Dass deutsche Startups es schwer haben, während ihrer Wachstumsphase an Kapital zu kommen, ist bekannt. Dass sie es schwerer haben als etwa französische Startups, eher weniger. Tatsächlich rückt Deutschland seit gestern im Rahmen der WIN-Initiative auf: „Mit ihr sollen private Investitionen in Wagniskapital, in Startups und in Innovationstechnologien mobilisiert werden“, so Bundeskanzler Olaf Scholz.
Ein 12-Milliarden-Euro-Paket haben er, sein Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gestern gemeinsam auf dem Startup Germany Summit in Berlin bekannt gegeben. Große Versicherer wie Allianz und Debeka, aber auch Banken wie die Deutsche Bank und Commerzbank sowie Konzerne wie Henkel und Telekom füllen den Risikokapitaltopf mit ihren Geldern auf. Für die Branche ein gutes Zeichen.
Vorbild für WIN (Wachstums- und Innovationskapital für Deutschland) ist Tibi in Frankreich, das unter anderem auf Präsident Emmanuel Macron und Finanzunternehmen wie Axa und Crédit Agricole zurückgeht. Das Startup-Finanzierungsprogramm ging 2019 an den Start, in dessen Rahmen haben die Verantwortlichen immerhin 6,4 Milliarden Euro einsammeln können. Tibi ist mit Tibi2 im Jahr 2023 sogar verlängert worden.
Startups: Jährlich 30 Milliarden Euro benötigt
Wie dringend Kapitalmaßnahmen nötig sind, zeigt der Startup-Verband im Rahmen ihrer veröffentlichten Innovationsagenda 2030. Demnach benötigt das deutsche Ökosystem eine Verdreifachung der Risikokapitalsumme, um eine jährliche Finanzierungslücke von etwa 30 Milliarden Euro in Deutschland zu schließen. Auch Stefan Winkels, Chef der staatlichen Förderbank KfW bestätigt die Summe. Die KfW wirkt an der WIN-Initiative mit.
„Es ist daher wichtig, dass wir neben staatlichem Kapital vor allem weitere private Investoren für die Finanzierung junger Unternehmen gewinnen“, so Winkels. „Dort setzt die WIN-Initiative an. Sie ist ein großartiger Beleg dafür, dass der Schulterschluss wesentlicher Akteure gelingen kann, um die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschlands zu erhöhen.“ Er sieht hierzulande viel Nachholbedarf in dem Bereich.
„Deutschland hat das Potenzial, zum führenden Deep-Tech-Standort zu werden“, sagt Niclas Vogt vom Startup-Verband gegenüber t3n. „Deep-Tech-Startups – zum Beispiel im Bereich der Robotik, Quantencomputing, Space-Tech oder Bio-Tech – haben allerdings einen höheren Kapitalbedarf, da Forschungsanlagen gebaut werden müssen.“ Es brauche mehr Anreize in Förderprogramme, um ihnen so den Markteintritt zu erleichtern.
Vor allem bei institutionellen Geldgebern sieht Vogt weiterhin viel Potenzial nach oben – bei der WIN-Initiative ist beispielsweise nur ein Versorgungswerk dabei, obwohl es in Deutschland knapp 100 gibt: „In den USA schreiben institutionelle Investorinnen und Investoren große Tickets, in Deutschland müssen sie die Anlageklasse des Venture-Capitals noch für sich entdecken“, ordnet er gegenüber t3n ein.