
Die Entwicklergemeinde freut sich auf den ersten Blick. Das neue Github-Repository mit dem Quellcode des Winamp-Mediaplayers ist die Top-Story auf dem Entwicklerportal Ycombinator. Offenbar glauben viele noch dem ursprünglichen Versprechen der Llama Group, Winamp unter Open-Source-Lizenz zu stellen.
Offener Quelltext, aber kein Open Source
Dabei reicht schon ein kurzer Blick auf die dem Repository beigefügte Winamp Collaborative License (WCL) Version 1.0. Denn die darin verfassten Regeln entsprechen nicht dem Open-Source-Gedanken.
So dürfen Entwickler:innen, die den Code fortentwickeln, modifizierte Versionen der Software weder im Quellcode noch in binärer Form verbreiten. Ebenso sind Forks, also abgespaltene, dann eigenständig weiterentwickelte Version nicht zugelassen. Zudem dürfen nur die Betreuer des offiziellen Repositorys die Software nebst Änderungen verbreiten.
Das verheimlicht der Hersteller im Grunde nicht. Winamp-Chef Alexandre Saboundjian sagt deutlich: „Winamp bleibt Eigentümer der Software und entscheidet über die Innovationen in der offiziellen Version.“
Ein weiterer Kritikpunkt der Community ist, dass nur der Quellcode für Windows auf Github liegt. Die Mac-, Android- und iOS-Versionen werden weiterhin vollständig proprietär sein.
Ziemlich transparent: Llama will kostenlos Expertise abgreifen
Es scheint offensichtlich. Von der Offenlegung des Quellcodes verspricht sich Winamp-Eigner Llama die Nutzung der Kreativität und des Fachwissens der globalen Entwicklergemeinschaft. Dafür verspricht Llama, dass neue Freemium-Versionen viel häufiger erscheinen werden. Die neueren Versionen bieten auch Streaming- und Cloud-Unterstützung, die den klassischen Editionen fehlte.
Sicherlich wird der Quellcode dennoch seine Freunde finden. Immerhin hat Winamp ein erhebliches nostalgisches Potenzial. Zu seiner Blütezeit in den späten 90er- und frühen 2000er-Jahren hatte Winamp immerhin 90 Millionen aktive Nutzer:innen. Da gab es allerdings auch Napster und Co noch.
Winamp: Erfolgsaussichten dieses Neuanfangs fraglich
In den Nullerjahren ging es für Winamp vorwiegend aufgrund des Markteintritts des iPod stetig bergab. Im Jahr 2013 kündigte Ex-Eigner AOL an, Winamp einzustellen, konnte die Software allerdings an die Llama Group, die damals noch Radionomy hieß, verkaufen.
Für Winamp war das kein Neuanfang, denn Llama entwickelte die Software bestenfalls sporadisch weiter. Mit dem Markteintritt der Streamingdienste verschlechterte sich die Situation für Winamp weiter. Ob der nun erfolgte Schritt den Abstieg aufhalten kann, erscheint höchst fraglich.