Darauf kommt es bei der Auswahl von Cloud-Diensten an
Nichts hat unseren Alltag so sehr verändert wie der Einzug des Internets und damit die Digitalisierung aller Bereiche unseres Lebens. Nicht nur die Art, wie wir kommunizieren, sondern auch welche Daten und Mengen wir generieren, hat sich massiv gewandelt. Damit sind nicht nur die eigenerzeugten Daten wie Fotos und Nachrichten gemeint, sondern auch die Spuren, die wir durch die Nutzung der Webdienste hinterlassen.
Heute kommunizieren wir via E-Mail, Messenger oder sozialem Netzwerk. Dafür nutzen wir Gmail, Whatsapp, Snapchat, Facebook, Skype, Twitter, und so weiter. Wir kaufen immer mehr online, selbst die Lebensmittel und das Mittagessen im Büro lassen sich per Klick übers Web ordern. Auch hier spielen große Internetunternehmen wie Amazon und Ebay vorne mit. Alle unsere Fragen stellen wir „Dr. Google“ und speichern auch unsere Fotos und Dokumente gleich bei Google Drive, Onedrive, iCloud oder Dropbox. Die Vorteile der Nutzung von Cloud-Diensten liegen auf der Hand: Sie sind einfach, oft kostenlos oder mindestens günstig und überall verfügbar.
Die großen Player auf dem Cloud-Markt sind hauptsächlich die sogenannten GAFAM-Unternehmen: Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft – alles US-amerikanische Konzerne. Für uns Europäer bedeutet dies aber, dass wir bisher von der Wertschöpfung im rasant wachsenden Markt der Cloud-Services so gut wie ausgeschlossen sind. Doch worauf sollten Nutzer achten bei der Auswahl der Cloud?
Folgende vier Regeln helfen bei der Auswahl der passenden Cloud:
1. Cloud-Service als Allrounder
Eine grundlegende Frage bei der Entscheidung für einen Cloud-Anbieter ist, was er denn außer der Speicherung meiner Daten noch bietet. Mittlerweile möchten viele Nutzer den Cloud-Speicher vor allem nutzen, um gemeinsam mit anderen an Dateien zu arbeiten (Stichwort Kollaboration: Google, Microsoft und Apple bieten ganze Office Suites an), große Dateien zum Download anzubieten (wie etwa heißgeliebte Familienfotos) und seine Daten mittels Synchronisation auch auf mehreren Geräten abzurufen (zum Beispiel Dropbox, Magentacloud).
2. Auf den Datenschutz achten
Entscheidet man sich für einen US-Anbieter heißt das meistens auch, dass die Daten auf US-Servern liegen und somit kein EU-Recht (Stichwort DSGVO) mehr gilt. Das wiederum bedeutet, dass Zugriffe durch Dritte nach US-Recht behandelt werden und die eigene Kontrolle der Daten nicht sichergestellt ist. Mittlerweile gibt es zwar einige Anbieter, die lokale Speichervarianten nutzen (wie zum Beispiel Box Zones), aber der Großteil verrät erst gar nicht seine Speicherorte.
Eine andere Variante ist es, zu überprüfen, ob der Service auch auf der eigenen Hardware betrieben werden kann. Gerade für Unternehmen, die aus Wettbewerbsgründen ihre Daten keinem externen Dienstleister anvertrauen wollen oder individuelle Anpassungen für Applikationen benötigen, ist dies ein wichtiger Punkt. Eine Cloud auf der eigenen Hardware beziehungsweise im eigenen Rechenzentrum zu betreiben, ist allerdings nur möglich, wenn der Service auf einer öffentlich verfügbaren Software basiert. Dies ist aber nicht bei allen Anbietern der Fall, weshalb dieser Aspekt bereits früh in die Entscheidungsfindung einbezogen werden sollte.
3. Auf mögliche Hintertüren achten
Eine weitere Grundsatzentscheidung ist die für oder gegen den Einsatz von quelloffener Software. Software, bei der der von Menschen lesbare Quellcode öffentlich zugänglich ist, bietet den Vorteil, langfristig unabhängig von einzelnen Herstellern zu sein. Unabhängige Experten können so den Quellcode überprüfen und möglicherweise besser gegen Backdoors und Malware schützen. Idealerweise steht die Software eines Anbieters überdies unter einer Open-Source- beziehungsweise Creative-Commons-Lizenz zur Verfügung. Dies stellt sicher, dass die Software zugänglich und nutzbar bleibt, selbst wenn das Unternehmen, das die Software entwickelt hat, nicht mehr existieren sollte.
Kommerzielle Produkte hingegen sind teilweise leichter zu nutzen beziehungsweise schon länger bekannt, sodass bei einigen Open-Source-Lösungen ein höherer Schulungsbedarf besteht. Zudem gibt es natürlich bei Open-Source-Software keine Garantie, dass das Produkt auch weiterentwickelt wird, denn das hängt häufig von der Nachfrage und dem Engagement der Community ab. Allerdings stellen auch proprietäre Anbieter den Service für veraltete Software irgendwann ein. Auch ein Zusammenspiel zwischen kommerzieller Software und Open Source kann schwierig werden, da geschlossene System häufig nur wenig Zusammenarbeit beziehungsweise Einbindung ermöglichen.
4. Konkurrenz belebt das Geschäft und schmälert die Preise
Auch bei den Preisen sollte genau hingeschaut werden. Die meisten bieten kostenfreie Pakete an, die gerade bei den großen US-Anbietern riesig sind: Google bietet 15 GB kostenfrei an, Microsoft hingegen nur 5 GB, Dropbox 2 GB, Amazon und die Magentacloud bieten hingegen gar keine kostenfreien Lösungen an.
Häufig keine Frage des Produkts
Große Anbieter wie Google oder Microsoft wollen dem Nutzer eine ganzheitliche Erfahrung bieten und ihre Kunden so an sich binden – die meisten denken dabei auch gar nicht darüber nach, wer damit Zugang zu den privaten Daten erhält. Mittlerweile steckt der Cloud-Markt jedoch in einer Vertrauenskrise und der wachsende Wunsch der Nutzer, wieder „Herr der Daten“ sein zu wollen, bietet besonders der heimischen Internet- und Softwareindustrie enorme Chancen, denn viele entscheiden sich eher gegen die Clouds von Google & Co. Die Wahl des Anbieters ist somit weniger eine Frage des Produktes und Preises, sondern vielmehr eine Gewissensfrage: Möchte ich lokale Anbieter unterstützen oder weiterhin die Monopolstellung der US-Player ausbauen? Wie wichtig ist mir die Datenhoheit und ob all meine Daten weiterhin ein paar wenigen Konzernen gehören?