Xentral aus Augsburg: Warum dieses Startup Investorengeld von Sequoia einsammelt
Xentral, Tech-Startup aus Augsburg, das sich mit seinem ERP-System (Enterprise Resource Planning) auf kleinere und mittelständische Unternehmen fokussiert hat, kann jetzt eine neue Series-A-Finanzierung in Höhe von 20 Millionen US-Dollar bekannt geben. Abgesehen von dem Betrag kommt das aktuelle Investment einem kleinen Ritterschlag gleich, weil die Runde von Sequoia Capital angeführt wurde – inklusive Beteiligung des Visionaries Club, einem Konsortium von Tech-Unternehmern wie Amorelie-Gründer Sebastian Pollok.
Luciana Lixandru von Sequoia und Robert Lacher von Visionaries Club werden Teil des Boards. Xentral will mit der neuen Finanzierung die Produktentwicklung, den Ausbau des Teams sowie die Expansion vorantreiben – zunächst auf paneuropäischer Basis und längerfristig auch in Großbritannien und den USA.
Vor zweieinhalb Jahren stieg Frank Thelen bei Xentral ein, das damals auffiel, weil unabhängig voneinander mehrere Startups aus der damaligen Höhle-der-Löwen-Staffel auf diesen ERP-Dienstleister setzten. Die eher technisch orientierten Gründer ließen Thelen, so berichten es Personen aus dem Unternehmensumfeld, eher unfreiwillig warten, weil sie viel zu tun hatten, was Frank Thelen aber offenbar nicht abschreckte. Inzwischen gehört auch Christian Reber zu den Investoren (ehemals 6Wunderkinder, heute Pitch).
Schneller soll dagegen die Finanzierungsrunde mit Sequoia über die Bühne gegangen sein: Es heißt, die Gespräche seien erst in der zweiten Dezemberhälfte begonnen worden und man wäre sich bereits Anfang Januar einig geworden. Die bisherigen Investoren sind dem Vernehmen nach mit den Geschäftszahlen und dem Wachstum in den letzten Jahren mehr als zufrieden gewesen.
Xentral: ERP-System aus der Not heraus entwickelt
Entstanden ist das System – damals noch unter dem Namen Wawision – aus der Not heraus, da die Gründer Benedikt und Claudia Sauter für ihre E-Commerce-Aktivitäten, einen kleineren Hardware-Shop, selbst ein passendes kleines ERP-System gesucht hatten, aber keines finden konnten. Im Laufe der Zeit sprach Sauter mit anderen kleinen und mittelständischen Unternehmen über deren ERP-Schmerzpunkte und baute weitere Funktionen. Im Jahr 2017 begannen er und Mitgründerin Claudia Sauter, sich Vollzeit auf Xentral zu konzentrieren. Derzeit hat das Unternehmen mehr als 65 Mitarbeiter und über 1.000 Kunden.
Bis heute ist das modular aufgebaute System ein USP, sodass es sich leicht mit allen wichtigen APIs für E-Commerce, Marktplätze, Zahlungen, Finanzen, Lieferung und Fulfillment integrieren lässt. Das ERP-System von Xentral automatisiert die alltäglichen und zeitaufwendigen Backend-Prozesse eines Unternehmens, einschließlich Auftrags- und Lagerverwaltung, Verpackung, Fulfillment, Buchhaltung und Beschaffung.
Die Xentral-Macher stammen eher aus der technischen Ecke, was sich aus Kundensicht dahingehend positiv bemerkbar macht, dass technische Features pragmatisch und gut integriert werden. Zugleich wird in Foren und Bewertungen aber auch der Nachholbedarf in Roll-out-Prozessen, das teils verzögerte Troubleshooting und das offenbar zu schnelle Wachstum kritisiert. Das zusätzliche Investorengeld dürfte derartige Wachstumsschmerzen, wie sie in vielen Startups zu beobachten sind, bekämpfen.
In der Tat schließt Xentral mit seinem System eine Lücke: Denn kleine und mittelständische Unternehmen standen in der Vergangenheit vor der Wahl zwischen zu komplexen, teuren und unflexiblen Legacy-Systemen oder zu kleiner Nischensoftware, bei der oft nicht sicher war, dass sie auch langfristig existieren würde. In den letzten Jahren ist Xentral zum ERP-System der Wahl für zahlreiche KMU geworden, auch wenn die Beschreibung als „kleines SAP“ wohl etwas zu hoch greift. Zu den Kunden zählen unter anderem Yfood, Koro, The Nu Company und Flyeralarm.