Schluss mit Work-Life-Balance: Indischer Tech-Milliardär setzt auf 70-Stunden-Woche

Braucht Indien eine 70-Stunden-Woche? (Foto: Shutterstock/Mukesh Kumar Jwala)
Der 1946 geborene indische Tech-Milliardär Narayama Murthy gehört zu den Gründern des indischen IT-Konzerns Infosys, dessen Chairman, CEO und President er bis zu seiner Pensionierung war. Sein ganzes Leben lang habe er an sechs Tagen in der Woche jeweils über 14 Stunden gearbeitet. Den siebten nahm er sich zur Hälfte frei.
Work-Life-Balance kann warten
In den vergangenen Monaten erregte Murthy, der auch der Schwiegervater des britischen Ex-Premiers Rishi Sunak ist, mehrmals öffentliche Aufregung, weil er die 70-Stunden-Woche propagierte – zumindest für Indien. Denn das Land sei arm, und es gebe jede Menge zu tun, damit es wirtschaftlich vorangehe. Work-Life-Balance, so Murthy, könne warten.
Seine Pläne für eine 70-Stunden-Woche verteidigte Murthy jetzt einmal mehr bei einem Gespräch mit dem TV-Sender CNBC-TV18 im Rahmen des Global Leadership Summit in Mumbai. Darin erklärte der Self-Made-Milliardär, dass er „ein wenig enttäuscht“ gewesen sei, als in Indien im Jahr 1986 die Fünf-Tage-Woche eingeführt worden war.
Indischer Premier arbeitet 100 Stunden pro Woche
„Ich denke, in diesem Land müssen wir sehr hart arbeiten, denn es gibt keinen Ersatz für harte Arbeit, selbst wenn man der intelligenteste Mensch ist“, so Murthy in dem Fernsehinterview. Als Vorbild diene ihm etwa Indiens Premierminister Narendra Modi, der angeblich 100 Stunden in der Woche arbeite, wie The Register zitiert. Zur Einordnung: Eine Woche hat 168 Stunden.
Einige Kolleg:innen stimmen Murthy übrigens durchaus zu. So hat sich etwa der indische Tech-Entrepreneur Bhavish Aggarwal ebenfalls für die Einführung einer 70-Stunden-Woche ausgesprochen. Der Gründer des indischen Ride-Sharing-Startups Ola Cabs und des KI-Einhorns Ola Krutrim erklärte im Juli 2024, er würde sogar 20 Stunden pro Tag arbeiten – sieben Tage die Woche.
Ausbeuterischer Baron aus dem Mittelalter?
Freilich erfahren solche Vorschläge auch Gegenwehr. So erklären einige Kommentator:innen, dass solche Arbeitszeiten für Firmenchefs vielleicht machbar seien. Für Angestellte seien sie aber nicht ideal. Auf X schreibt ein Mann, der angeblich bei Infosys gearbeitet hat, dass ihn Murthy an einen ausbeuterischen Baron aus dem Mittelalter erinnere.
Ohnehin wäre es nach dem aktuellen Arbeitsrecht Indiens nicht ohne Weiteres möglich, als Angestellte:r 70 Stunden pro Woche zu arbeiten. Schließlich schreibt das entsprechende Gesetz einen Acht-Stunden-Tag vor.
Hoher Konkurrenzdruck in Indiens IT-Welt
Ob die Einhaltung dieser Arbeitszeiten in der indischen Tech-Welt, in der ein riesiger Konkurrenzdruck herrscht, allerdings an der Tagesordnung ist, ist fraglich. Einen Einblick gibt der Vergleich eines indischen IT-Profis, der seine Arbeitverhältnisse in Indien mit denen in Schweden vergleicht.