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Übergang in ein dezentrales System: Wenn Staaten zu DAOs werden

Die Zukunft ist dezentral, sagt Michael Geike, Gründer von Advanced Blockchain. Deswegen investiert er mit seiner Beteiligungsgesellschaft Millionenbeträge in Blockchain-Projekte. So ganz auf das klassische Finanzsystem verzichten möchte er allerdings noch nicht.

5 Min. Lesezeit
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Dezentrale Strukturen können unsere Gesellschaft bereichern, sagt Michael Geike, CEO von Advanced Blockchain. (Foto: Advanced Blockchain)

Die Blockchain-Technologie wird sich durchsetzen und nicht nur den Finanzmarkt und andere Industrien verändern. Auch Politik und Gesellschaft können sich dezentrale Modelle zur Entscheidungsfindung im Web3 abschauen. Davon ist Michael Geike überzeugt. Mit seiner Beteiligungsgesellschaft Advanced Blockchain will er die Entwicklung der Blockchain-Technologie von Berlin aus mitgestalten. Dafür investiert das börsengelistete Unternehmen in Web3-Projekte und hat ein Team aus 160 Entwickler:innen, um selbst an Projekten mitzuarbeiten.

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Was Dezentralisierte Autonome Organisationen (DAO) heute schon vormachen und was die Adaption der Technologie momentan noch ausbremst, erzählt CEO Geike im t3n-Interview.

t3n: Advanced Blockchain ist eine Entwicklungsgesellschaft und ihr bezeichnet euch selbst als „Blockchain Venture Builder“. Was bedeutet das?

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Michael Geike: Advanced Blockchain baut auf drei Säulen auf: Zum einen investieren wir Risikokapital in Blockchain-Protokolle im Austausch gegen Eigenkapital oder Token. Zum zweiten inkubieren wir eigene Projekte. Das ist die spannendste Säule, weil hier aus einer Idee ein paar Zeilen Code und schließlich eine Applikation wird. Die dritte Säule ist die Beratung und Softwareentwicklung für andere Unternehmen.

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Wir investieren in Projekte, die auf verschiedenen Blockchains basieren, weil wir glauben, dass die Zukunft Multi-Chain ist. Innerhalb dieser kleinen Mini-Ökosysteme gibt es noch viele Silos, die wir miteinander verbinden wollen, um Mehrwert zu schaffen.

In wie viele Projekte investiert ihr momentan und mit welchen Summen?

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In unserem Portfolio sind 22 Unternehmen und sechs weitere haben wir inkubiert. 100.000 bis zwei Millionen US-Dollar stecken in jedem Investment oder Inkubation. Da wir aber nicht alle Beteiligungen publizieren, ist unser eigentliches Portfolio deutlich größer.

Wir haben klein angefangen und sind mit dem Markt gewachsen. – Michael Geike

Woher kommt das Kapital für die Investitionen?

Hauptsächlich aus Gewinnen, die wir mit vorherigen Investitionen gemacht haben. Eines unserer ersten Investments war zum Beispiel 2017 in Polkadot. Wir haben 50.000 Dollar investiert, zur Spitze war unser Investment zehn Millionen Dollar wert. Hinzu kommen Umsätze aus der aus Beratungs- und Softwareservices, die wir verkaufen. Wir haben klein angefangen und sind mit dem Markt gewachsen.

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Advanced Blockchain ist aber auch börsengelistet. Wenn viel Geld durch Blockchain-Investments reinkommt, wozu braucht ihr noch das Kapital der Anleger:innen?

Genau, die meisten Akteure im Blockchain-Bereich sind nicht gelistet, weil sie nicht darauf angewiesen sind. Auch wir nicht, aber wir wollen uns mit dem Listing bewusst absetzen und durch die deutsche Regulierung Vertrauen schaffen. Außerdem ist die Börse für uns eine Brücke in die alte Welt. Wir brauchen diese Brücken, um Akteure und Businesspartner aus der alten Welt an die Dezentralisierungsbewegung ranzuholen. Die Brücken ermöglichen einen effizienten statt eines chaotischen Übergangs in ein dezentrales System.

Michael Geike ist Mitgründer und CEO von der Beteiligungsgesellschaft Advanced Blockchain. (Foto: Advanced Blockchain)

Übergang in ein dezentrales System? Was bedeutet das und welche Auswirkungen auf die Gesellschaft könnte dieser Wandel haben?

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Wir gehen in eine Zukunft, die deutlich transparenter ist und in der die Machtverhältnisse ausgewogener auf die Masse an Menschen verteilt sind. Es wird Systeme geben, in denen Führung und Entscheidungsfindung durch neue Incentivierungsstrukturen transparenter gestaltet werden kann. Das heißt, dass viel schneller und effektiver darauf reagiert werden kann, wie sich eine Masse an Menschen verhält, und über Incentivierungsstrukturen positives Verhalten gegenüber der Gemeinschaft gefördert wird. Entscheidungen werden von der Masse der Gesellschaft selbst getroffen und nicht von einer kleinen Gruppe, die ihre Macht missbrauchen können.

Was würde dieses Zukunftsszenario für das Politiksystem bedeutet, das wir heute kennen?

In Deutschland leben wir in einer Demokratie, aber Parteien betreiben Politik mit dem Ziel, wiedergewählt zu werden und an der Macht zu bleiben. Das ist eine ineffiziente Incentivierungsstruktur. Das Ziel der Politik sollte eigentlich sein, möglichst viel Wert für die Gesellschaft und jeden einzelnen Bürger zu kreieren. Das ist definitiv auch untergeordnetes Ziel jeder Partei, aber man sieht besonders vor den Wahlen, dass viel zu viel Energie und Geld in den Wahlkampf fließt.

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Defi macht vor, wie Voting- und dezentrale Entscheidungssysteme schnell und effizient funktionieren. – Michael Geike

Gibt es heute schon Gegenmodelle für effizientere Strukturen?

Ja, wir sehen das aktuell schon an den Governance-Strukturen im Defi-Bereich, wie zum Beispiel bei DAO. Der Defi-Bereich ist momentan der größte autonome und selbstorganisierte Bereich in der Blockchain-Szene. Hier wird gut vorgemacht, wie Voting- und dezentrale Entscheidungssysteme mit Tausenden von Usern schnell und effizient funktionieren. Dabei geht es sogar nicht nur um Entscheidungen, sondern um Geld. Das beweist, wie sicher das Ganze ist: Wenn es nicht sicher wäre, würden nicht Milliarden Dollar pro Minute die Kontrolle wechseln.

Warum gibt es trotzdem viel Betrug in der Blockchain-Szene?

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Der schnelle Aufschwung der Blockchain-Technologie zieht nicht nur sehr viele Investoren an, die viel Geld in das System pumpen, sondern auch Scammer, die versuchen, Kapital abzuschöpfen.  Besonders schlimm war das während des ICO-Hypes 2016/17. Im momentanen Marktzyklus hat sich die Industrie deutlich professionalisiert. Es gibt mehr Due Diligence und mehr Transparenz.

Und die Technik verhindert eine Machtkonzentration?

Genau, DAO können Macht auf möglichst viele Menschen verteilen. Durch die Blockchain-Technologie ist das für mich ein viel transparenterer und zukunftsorientierter Mechanismus. Er ist noch lange nicht perfekt, aber der Anfang eines transparenteren Systems und Nachverfolgbarkeit von Entscheidungen ist zu erkennen. Es kann natürlich immer wieder zu Machtkonzentration kommen, aber in der Blockchain-Welt hat sich bisher gezeigt, dass sich User abwenden, wenn sich Macht zu sehr konzentriert, und es entwickelt sich eine ähnliche Plattform, die transparenter und weniger riskant ist.

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Wie weit sind wir davon entfernt, dass sich das Konzept von DAs auf Staaten übertragen lässt?

Das ist eine schwere Prognose, denn DAO sind in einer Phase des exponentiellen Wachstums. Rein von der technologischen Seite sind wir nur zwei oder drei Jahre davon entfernt. Aber bis die Politik die Blockchain in ihr System integriert, wird es leider eher Jahrzehnte dauern.

Dezentrale Systeme können zukünftig unsere Gesellschaft bereichern. – Michael Geike

Wie würde unser politisches System mit solchen dezentralen Strukturen aussehen?

Solche Systeme können zukünftig unsere Gesellschaft bereichern, weil dann jeder Bürger an jeder politischen Entscheidung beteiligt sein könnte. Man könnte nicht nur alle vier Jahre wählen, sondern täglich. Darauf haben sicher viele Menschen keine Lust, aber sie könnten ihre Wahl an Nischenexperten delegieren. So funktioniert es teilweise heute schon im Defi-Bereich. Mit der Blockchain-Technologie ist das sicher, effizient und unhackbar möglich.

Ein interessanter Ansatz. Wie könnte deiner Meinung nach ein Übergang in ein solches dezentrales Governance-System funktionieren?

Ich habe manchmal das Gefühl, dass eine solche Integration der Blockchain-Technologie nur möglich sein wird, wenn die „alte Welt“ implodiert und sich irgendwie selbst zerstört durch eine große Finanzkrise oder Ähnliches. Das wäre ein trauriges Szenario und ich hoffe nicht, dass das passiert, aber in der Vergangenheit hat sich gezeigt, das revolutionäre Veränderungen eines Systems nie von innen heraus kommen, sondern durch einen Crash.

Springen wir wieder zurück auf die aktuelle politische Bühne in Deutschland: Was müsste die jetzige Regierung tun, um die Blockchain-Branche zu fördern?

Sie verfolgen schon einen guten Ansatz. Die Regierung müsste aber steuerliche und regulatorische Fragen möglichst schnell beantworten. Sinnvoll wären auch Fördermittel für große Unternehmen, die sich mit der Technologie auseinandersetzen wollen. Damit der eben beschriebene Crash verhindert wird, sollten Unternehmen sich schon früh mit der Technologie auseinandersetzen, sich agil auf Veränderungen einstellen und dezentrale Elemente in ihr Geschäftsmodell integrieren, auch wenn wir noch ein einer zentralen Welt leben.

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