Fundstück
Saukaltakquise? Amazon versieht Gratis-Podcasts mit Preisschild

Wollte Amazon mit Gratis-Podcasts Audible-Abos verkaufen? (Foto: Shutterstock)
Es ist mindestens kurios: Amazon hat kostenlose Podcasts in seinem US-Online-Shop mit einem Standard-Preis von 8,95 US-Dollar gelistet. Dabei hat der Händler zum einen den Eindruck erweckt, es handele sich dabei um eine Preisänderung. Zum anderen ließ Amazon es so aussehen, als handele es sich beim neuen Preis von knapp neun Dollar um ein limitiertes Sonderangebot, das Kunden nur dann erhalten würden, wenn sie sich für die Buchung eines Audible-Plans entscheiden würden.
Jeder einzelne Bestandteil dieses angeblichen Deals erweist sich bei näherem Hinsehen als falsch. Aufgefallen ist die klärungsbedürftige Angelegenheit zuerst dem Podcaster Charlie Harding, der die Sendung „Switched On Pop“ produziert.
„Switched On Pop“ ist ein Podcast, der über alle gängigen Plattformen kostenlos konsumiert werden kann und seit vergangenem Oktober auch über Audible und Amazon Music erhältlich ist. The Verge griff die Entdeckung Hardings auf und recherchierte weiter. Dabei fanden sie den eigenen „Vergecast“ und viele weitere freie Podcasts alle mit dem gleichen Preisschild versehen. Das passierte indes nur auf der Amazon-Website, nicht in der mobilen App – und auch nur dann, wenn der Suchende mit einem Amazon-Account eingeloggt war.

Nanu? The Vergecast zum Sonderpreis von rund neun Dollar? (Screenshot: The Verge)
Nach einem Klick auf den Podcast erfolgte dann eine Abfrage, ob die Wiedergabe in Amazon Music oder in Audible erfolgen sollte. Wurde Audible gewählt, konnte der Podcast dort ohne weitere Umstände gehört werden. Im Ergebnis setzte Amazon das Preisschild demnach nicht in eine tatsächliche Transaktion um.
Ein Schaden ist also nicht entstanden, könnte man konstatieren. Dennoch stellt sich die Frage, wieso Amazon so vorgegangen ist. The Verge hat auf eine entsprechende Anfrage bislang keine Antwort erhalten. Die Preisschilder hat Amazon aber bereits beseitigt. So bleiben verschiedene Theorien, die den E-Commerce-Riesen mehr oder weniger schlecht aussehen lassen.
Beginnen wir mit der für Amazon negativeren Theorie: Die legt nahe, dass es sich bei dem sogenannten Deal tatsächlich um einen (unredlichen) Akquisitionsversuch mit dem Ziel, neue Audible-Abonnenten zu gewinnen, gehandelt haben könnte.
Befürworter dieser Theorie verweisen darauf, dass schon die Einführung kostenloser Podcasts in das Audible-Angebot nur unter dem Gedanken, auf diese Weise neuen Abonnenten anlocken zu können, überhaupt Sinn ergibt. Immerhin sei Audible ein Dienst, dessen Kernkompetenz in der Bereitstellung kostenpflichtiger Hörfassungen populärer Bücher besteht. Dabei ist der Dienst nicht einmal als Flatrate konzipiert. Kostenlose Podcasts passten konzeptionell nicht ohne Weiteres zum Angebot.
Hintergrund könne also nur sein, über die Nähe der kostenpflichtigen zu den kostenlosen Inhalten Nutzer zum Abonnement zu „überreden“. Nun aber soweit zu gehen, nativ kostenlose Inhalte zu kostenpflichtigen umzuetikettieren, wäre eine Methode der Black-Hat-Akquise.
Die für Amazon weniger negative Theorie geht von einem Bug im Online-Shop aus. Auf diese Möglichkeit weist Android Headlines hin. Danach könnte es sich bei den Preisauszeichnungen um eine Art algorithmischen Problems gehandelt haben.
Für ein „Versehen“ oder einen technischen Bug sprechen im Wesentlichen zwei Dinge: Zum einen hat der Klick auf den bepreisten Podcast jeweils nicht zu einer finanziellen Transaktion geführt – der Podcast blieb trotz der Auszeichnung als kostenpflichtig tatsächlich kostenlos –, zum anderen konnte der Podcast auch in der Audible-App umstandsfrei angehört werden.
Nun ist es an Amazon, eine plausible Erklärung zu liefern.
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