Es ist ein zunächst nur kleines Entgegenkommen im Streit Amazons mit der US-Verbraucherschutzbehörde. Ab dem 1. September will der Versandhändler bis zu 1.000 US-Dollar Ersatz für Sach- und Personenschäden leisten, die entstanden sind, weil ein über den Amazon-Marktplatz verkauftes Produkt nicht die erforderlichen Sicherheitsbestimmungen eingehalten hat.
CSPC hat Hunderttausende Beispiele für gefährliche Produkte auf Amazon
Die Verbraucherschutzbehörde CPSC (Consumer Product Safety Commission) hatte das Unternehmen im Juli aufgefordert, die Verantwortung und damit auch die Haftung für Produkte zu übernehmen, bei denen die Gefahr „schwerer Verletzungen oder des Todes“ bestehe. Als Beispiele hatte die CPSC 400.000 Haartrockner angeführt, die über Amazon verkauft worden waren, aber die Sicherheitsbestimmungen nicht erfüllten, sodass es zu Elektroschocks, teils auch mit Todesfolge, kommen konnte. Ebenso würde immer wieder entgegen den Regelungen leicht entflammbare Schlafbekleidung für Kleinkinder verkauft und auch für den Verkauf von Feuermeldern, die nicht melden, hat die CSPC mindestens 24.000 Belege. Zwar habe Amazon bereits reagiert, diese Reaktionen seien jedoch nicht ausreichend, so die Behörde in ihrer Beschwerde.
Wie die Financial Times nun berichtet, will der weltgrößte Onlinehändler ab September 2021 Entschädigungszahlungen auch an Kunden leisten, die durch Produkte von unabhängigen Verkäufern, die den Amazon Marketplace nutzen, geschädigt wurden. Immerhin mehr als die Hälfte aller auf Amazon verkauften Produkte stammt von solchen Dritthändlern, bei denen Amazon in den meisten Fällen sogar das sogenannte Fulfillment, also die gesamte Auftragsabwicklung bis zur Auslieferung übernimmt. Das Prüfen der verkauften Artikel auf Compliance war bislang nicht Gegenstand dieses Fulfillments.
Amazon übernimmt Verantwortung
In einem ersten Schritt wird Amazon für Personen- und Sachschäden, die aus dem Verkauf solcher Produkte erwachsen, Entschädigungen von im Regelfall bis zu 1.000 Dollar zahlen. Sollte es erforderlich werden, sollen auch darüber hinausgehende berechtigte Schäden übernommen werden, wenn der Verkäufer selbst nicht reagiert.
Inwieweit die neue Regelung der CSPC in der gelebten Praxis reichen wird, bleibt abzuwarten. Klar dürfte sein, dass Amazon auch in anderen Ländern, etwa in Deutschland, nicht mehr lange an einer solchen Regelung vorbeikommen wird.
So ist die Situation in Deutschland
Hierzulande gilt das sogenannte Produkthaftungsgesetz, das dem Inverkehrbringer eines Produktes die Haftung dafür auferlegt. In der Regel handelt es sich dabei um den Hersteller. Aber auch Händler können für fehlerhafte Produkte in die Haftung geraten, wenn sie sich nicht darauf zurückziehen können, von einem etwaigen Mangel nichts gewusst zu haben oder nichts gewusst haben zu müssen. Gerade letztere Einrede werden Händler stets als Erstes erheben. Schließlich ist die Ware verpackt und zeigt ihre Mängel erst beim Kunden.
Stellen sich aber immer wieder ganze Produktgruppen, wie es bei den US-Föns oder den Feuermeldern der Fall gewesen ist, als problematisch heraus und wird der Mangel dadurch offensichtlich, kann sich der Händler nicht mehr auf Unkenntnis berufen. Die Haftung trifft in dem Fall auch ihn. Die Verteilung des finanziellen Anteils am konkreten Schaden zwischen Verkäufer und Hersteller dürfte dabei das größere Problem sein und ist immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen.
Hier könnte sich Amazon natürlich klar positionieren und entweder die volle Haftungsübernahme erklären oder aber konsequent Händler von der Plattform entfernen, die mehr als einmal auffällig geworden sind. Tut der Plattformbetreiber das nicht, wird ihn auf Dauer nicht viel von Wish unterscheiden. Die neue Amazon-Entschädigungspolitik wird zunächst in den USA eingeführt und soll dem Bericht zufolge bald auf andere Länder ausgedehnt werden.