Wie der Nachrichtendienst Bloomberg berichtet, will Amazon die Vendoren in Zukunft zu normalen Händlern machen. Diese sollen ihre Waren selbstständig über den Marktplatz im Seller-Modell anbieten. Das ist im Prinzip auch legitim, zeigt aber, dass es ein schlechter Rat ist, sich zu sehr auf Amazon als Abnehmer zu verlassen. Denn die starke Abhängigkeit, in die sich Vendoren begeben, kann schnell zum Problem werden.
So oder so ist das Ganze ein gutes Geschäft für Amazon: In der neuen Situation zahlen die Händler ja ebenfalls für die Lagerung, das Handling und den Versand – und Amazon hat kein Risiko mehr bezüglich der Abnahme der Waren, weil es an die Händler übergeht. Der Lagerplatz, den die Vendoren-Ware bisher beanspruchte, kann sich Amazon auf diese Weise sogar noch vergüten lassen – eine Win-win-Situation für den Bezos-Konzern.
Panik unter den Amazon-Händlern in den USA
In den USA hat der Schritt zu großem Aufruhr in der Händler- und Vendoren-Szene geführt, es war insbesondere eines der meistdiskutierten Themen anlässlich der diesjährigen Shoptalk-Händlerkonferenz in Las Vegas. Zwar ist im Prinzip allen bewusst, dass eine solche Beziehung als Zulieferer schnell vorbei sein kann, doch einige haben sich offenbar durch die steigende Nachfrage der letzten Jahre zunehmend mehr an Amazon gebunden und auf den Onlinehändler verlassen. Das rächt sich jetzt – einige, so befürchten Handelsexperten, werden nun in arge finanzielle Bedrängnis geraten, für manche könnte es sogar in die Insolvenz führen.
Das Interesse von Amazon daran, möglichst viel Handel auf den Marktplatz zu kanalisieren, ist nicht neu. Alles, was hierüber abgewickelt wird, kann weitgehend automatisiert erfolgen und findet als Transaktion ohne Zutun des Managements statt. Das Statement, das Amazon zu der Entwicklung abgibt, zeigt mal wieder, dass die Vendoren und Händler nicht oberste Priorität in solchen Entscheidungen haben: „Wir überprüfen regelmäßig unsere Vertriebspartnerbeziehungen und können Änderungen vornehmen, wenn wir die Möglichkeit sehen, unseren Kunden eine verbesserte Auswahl, einen besseren Wert und mehr Komfort zu bieten.“
Interessenkonflikt zwischen Amazon und dem Amazon Marketplace
Für die ehemaligen Vendoren ist die Situation jetzt in der Tat schwierig. Denn die Tatsache, dass sie bisher über Amazon einen bestimmten Umsatz (bezogen auf Stückzahlen) erzielen konnten, heißt ja nicht, dass dies ohne das Zutun Amazons auch so sein wird. So werden Produkte, die Amazon selbst verkauft, wahrscheinlich anders beworben und erscheinen häufiger weit oben in den Suchergebnissen. Die Unsicherheit besteht vor allem darin, dass Amazon dies nicht genau kommuniziert, hier aber natürlich auch eigene Interessen hat.
Und einmal mehr führt der Interessenkonflikt zwischen Amazon als Marktplattform und Amazon als Händler zu Problemen für die Händler. Bereits heute erwirtschaftet Amazon rund zwei Drittel seiner Umsätze über den Marketplace, hat aber hier in Deutschland einen so hohen Marktanteil, dass Händler, die ohne Amazon auskommen wollen, dies meist nicht mehr sinnvoll bewerkstelligen können.
Wann die Strategie auch für den deutschen Markt umgesetzt wird, ist unklar. Sicher ist aber, dass nichts sicher ist, wie das Statement von Amazon zeigt. Selbst langjährige Beziehungen mit Zulieferern werden so ohne große Vorwarnung und Erklärung einfach nicht mehr in der alten Form weitergeführt. Händler sollten daher unter allen Umständen das Gleichgewicht ihrer Vertriebskanäle überprüfen und sich keinesfalls zu sehr auf einen Channel verlassen.
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Ich wüsste nicht, wo sich ein besserer Komfort für den Kunde ergibt, wenn Amazon mehr und mehr auf den Marktplatz setzt. Statt einheitlicher Regelungen was Verkauf, Versandt, Rückgabe und so etwas angeht, muss ich nun verschiedene separate Regelungen beachten. Aus bisher einer Bestellung werden nun mehrere, jede mit seiner eigenen Besonderheit, die ich als Kunde kennen und entsprechend überwachen / einhalten muss.
Wer da kauft ist selbst Schuld das die Marktkultur in den Keller rauscht.