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Eine Großstadt wie Berlin bietet Paketbetrügern leichtes Spiel

Das Einkaufen im Internet ist für viele Menschen praktisch, gerade in der Vorweihnachtszeit und angesichts strenger Corona-Vorschriften im Einzelhandel. Doch der Onlinehandel macht auch Betrügern das Leben leichter.

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Lieferung von Amazon-Paketen. (Foto: Sasima / Shutterstock)

Plötzlich erhalten arglose Menschen Mahnungen für Dinge, die sie nie bestellt oder bekommen haben. Allein in Berlin lag der Schaden 2020 laut Polizei bei rund 11,9 Millionen Euro. Ein Neuköllner hatte gleich mehrfach mit Paketbetrug zu tun. „Der Schaden liegt bei mehreren Tausend Euro“, erzählt er. Kriminelle bestellten auf seinen Namen teure Turnschuhe, Uhren und Parfüm. „Die Pakete wurden über Komplizen bei Paketboten abgegriffen oder auch in meinem Namen beim Nachbarn und bei der DHL-Zweigstelle abgeholt.“

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Der Mann aus Berlin-Neukölln ist längst kein Einzelfall: Registrierte die Berliner Polizei im Jahr 2011 noch rund 17.000 Fälle von sogenanntem Bestellschwindel, waren es 2020 schon rund 22.500 Taten. Ein Grund ist der Boom des Internethandels. Möglich werden die Taten durch den Kauf auf Rechnung. Dafür benötigen die Täter oft nur eine Postanschrift und eine E-Mail-Adresse, die sich leicht anlegen lässt.

Täter gehen vielseitig vor

Kriminalhauptkommissar Christian Berneit, zuständig im Landeskriminalamt (LKA) für „Warenkreditbetrug“, kennt das Vorgehen der Betrüger: Manche überkleben einen Briefkasten mit einem fiktiven Namen oder geben Namen von Nachbarn an. Teilweise wissen die Täter, wann die Lieferdienste kommen, halten sich in der Nähe auf, suchen in den Briefkästen nach Benachrichtigungen oder erzählen Nachbarn etwas von Verwechslungen. Auch Zusteller sind in einigen Fällen beteiligt und arbeiten mit den Tätern zusammen.

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Laut Polizei ist dieser Betrug vor allem ein Phänomen der Großstadt wegen der Anonymität ihrer Bewohner. „Die Täter können relativ risikofrei Waren erhalten. Das spricht sich rum in der Szene und die Tat erfordert keine große intellektuelle Leistung“, sagt Berneit. Die kontaktlose Zustellung wegen Corona mache es noch einfacher.

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Gleichzeitig seien die Fälle schwer aufzuklären, denn die Täter hinterließen online keinerlei Spuren. „Mailadressen und Telefonnummern sind falsch“, sagt Berneit. Die Aufklärungsquote sank in den vergangenen zehn Jahren von 59 Prozent auf rund 20 Prozent. Die Kriminellen hätten ihr Vorgehen immer weiter verbessert.

Viele jüngere Täter seien auf teure Markenkleidung aus – zum Selbertragen oder Weiterverkaufen. Die Kriminellen bestellten oft mehrere Pakete an mehrere Adressen. An einem Tag könne man damit einen guten Schnitt machen. „Als Betroffener hat man keine Möglichkeiten, sich vor der missbräuchlichen Nutzung der eigenen Daten bei betrügerischen Warenbestellungen zu schützen“, sagt Berneit. „Für die Adressaten ist das extrem lästig und oft auch sehr belastend wegen der Mahnungen und Forderungen.“

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Verbraucherschutz soll weiter gestärkt werden

Der Betroffene aus Neukölln kritisiert: „Den Ärger der Rückabwicklung und den zerstörten Schufa-Eintrag hat der Kunde.“ Er halte es von den Firmen für fahrlässig, Kunden ohne interne Querprüfung auf Rechnung einfach Ware zuzuschicken. Das sieht auch die Polizei so. „Die Verluste aus dem Betrug werden einkalkuliert“, sagt Kommissar Berneit. „Die Politik müsste das Thema angehen und die Firmen per Gesetz verpflichten, das Verfahren sicherer zu machen. Aber das passiert noch nicht.“

Schon jetzt können sich Opfer von Identitätsdiebstählen im Internet, die von Inkassounternehmen abgemahnt werden, an Verbraucherverbände wenden. Die können vor Gericht dagegen vorgehen, teilte eine Sprecherin des Verbraucherschutzministeriums mit.

Mit dem Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes sollen die Rechte weiter gestärkt werden: Handeln Firmen fahrlässig und versenden Mahnungen, ohne vorher sorgfältig zu prüfen, ob ein Identitätsdiebstahl vorliegt, können Verbraucher die Kosten für eine außergerichtliche Klärung durch einen Anwalt von den Versandhändlern zurückverlangen. Ab Mai 2022 soll das Gesetz greifen.

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Der Kauf auf Rechnung ist für Versandhändler ein wichtiger Umsatzfaktor: Laut einer Befragung des EHI Retail Institutes von 104 Onlinehändlern wählten Kunden für fast jeden dritten Kauf (30,4 Prozent) in Deutschland diese Zahlungsoption.

Versandhändler und Online-Banken betonen, sie würden an mehr Sicherheit arbeiten. Ein Amazon-Sprecher sagt, man habe „Maßnahmen in unserem Store implementiert“, um die Verwendung gestohlener Konto- und Zahlungsinformationen zu unterbinden. Kunden, die von Betrug betroffen seien, seien geschützt, heißt es aus Unternehmenskreisen.

Auch der Zahlungsanbieter Klarna kümmere sich, sagt eine Sprecherin: „Wenn ein Kunde versucht, eine Bestellung aufzugeben, überprüfen wir die Echtheit anhand von über hundert Datenpunkten sowie Drittanbietern zur Verifizierung.“

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Der betrogene Mann aus Neukölln sagt: „Wichtig ist es, auf jeden Fall Anzeige zu erstatten.“ In seinem Fall seien alle Onlinehändler kooperativ gewesen. „Dennoch war alles sehr nervenaufreibend, zumal es bei mir auch noch einen realen Einbruchversuch gab, um an die Ware zu kommen“.

Paketbetrügern sind häufig Wiederholungstäter

Die Polizei hat laut Kommissar Berneit vor allem durch Wiederholungstäter viel Arbeit. „Trotz erfolgreicher Ermittlungen und Verurteilungen sind diese Täter oft noch lange auf freiem Fuß, weil es bei Betrug anfangs nur Geldstrafen und Bewährungsstrafen gibt“, erklärt er. Erst ganz am Ende kämen Gefängnisstrafen, wenn es sehr viele Delikte gab und die Schadenssummen hoch seien. „Bis dahin sind die Täter oft weiterhin kriminell unterwegs.“

Nach Berneits Erfahrung hilft Vorsicht, um zumindest einen Teil der Taten zu verhindern: „Die Menschen sollten bei der Herausgabe von entgegengenommenen Warensendungen vorsichtiger und misstrauischer sein. Pakete sollte man nur von persönlich bekannten Nachbarn entgegennehmen – und auch nur an solche Nachbarn herausgeben“. dpa

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