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Arbeit beim Pendeln muss bezahlt werden

Nach dem EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung ist die Forderung nach der Anerkennung von Pendelzeiten, in denen gearbeitet wird, umso verständlicher. Wenn wir schon protokollieren, dann bitte richtig.

3 Min.
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Pendler laufen durch den Fernbahnhof am Flughafen Frankfurt. (Foto: dpa)

Immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland pendeln weite Strecken zwischen Wohnung und Arbeitsplatz. Tägliche Wegstrecken von mehr als zwei Stunden sind insbesondere in den Ballungsräumen rund um Berlin, München, Hamburg oder im Ruhrgebiet keine Seltenheit mehr. Der Grund ist oftmals nicht nur der Wunsch, im Grünen zu leben, sondern in vielen Metropolregionen auch, dass es in erreichbarer Nähe zum Arbeitsplatz entweder so gut wie keine oder zumindest keine bezahlbaren Alternativen zum Mieten oder Kaufen gibt.

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Dass Pendeln auf Dauer aufgrund der schlechten Planbarkeit und der unvorhersehbaren Vorkommnisse bei Bus und Bahn an den Nerven zerrt und sogar zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann, ist bekannt und in zahlreichen Studien belegt worden. Doch was tut man, wenn man im Zug sitzt? Man arbeitet in vielen Fällen – wie jeder, der in einem typischen Pendlerzug sitzt, regelmäßig beobachten kann. Wenn es das WLAN-Netz im ICE zulässt und die Bandbreite für mehr als Mails checken überhaupt reicht. Und wenn nicht, arbeitet man halt ohne Internet.

Arbeit unterwegs wird gerne übersehen

Doch gerade diese Arbeitszeit wird von vielen Arbeitgebern nicht als solche wahrgenommen – Gleitzeit hin und New-Work-Affinität her. Denn schließlich sitzt der Kollege ja nicht für alle gut sichtbar im Büro oder ist zumindest gut ansprechbar. Dennoch weiß jeder, der regelmäßig pendelt, dass man die Zeiten auf dem Hin- und Rückweg gerade in Unternehmen mit hoher Arbeitsdichte effizient nutzt – zur Beantwortung der Mails, die angesichts ständiger Störungen den Tag über liegen geblieben sind, für die Durchsicht von Unterlagen, zum Entwickeln von Ideen für die nächste große Kampagne.

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Dass dies tatsächlich so ist, belegt eine Untersuchung der University of the West of England, die erforscht hat, was Pendler nach London auf ihrem Arbeitsweg alles tun. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass es nur richtig sei, die Zeit des Pendelns zu honorieren – zumal es gerade in vielen Gegenden auch in Deutschland angesichts knappen Wohnraums keine freiwillige Entscheidung mehr ist, wie weit man vom Arbeitsort weg wohnt.

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Pendler am Notebook – immer öfter selbstverständlich

Oftmals ist die Arbeit beim Pendeln allerdings auch der Beginn einer Spirale – hin zu mehr Arbeit und selbstverständlicherer Verfügbarkeit auch in den Randzeiten. Das aktuelle Urteil zur Erfassung der Arbeitszeiten hat all das nicht einfacher gemacht. Umgekehrt wäre es aber auch nicht sinnvoll zu fordern, dass die Mitarbeiter die Zeit im Zug nicht sinnvoll nutzen sollen. Doch was wäre eine faire Bewertung der Arbeit, die beim Pendeln erledigt wird? Nicht immer kann sich der Mitarbeiter im Zug auch konzentrieren – aber tut er das im Büro acht Stunden am Stück? Und auch wer möglicherweise kein Netz hat, kann unterwegs nicht das erledigen, was er sich eigentlich vorgenommen hatte – doch auch das ist nichts Ungewöhnliches im Unternehmensalltag.

Gefragt wäre daher ein Umdenken, egal wie man zur verpflichtenden Arbeitszeiterfassung, wie sie das EuGH-Urteil von dieser Woche vorsieht, stehen mag. Wer als Unternehmen die Arbeitszeiten seiner Mitarbeiter erfassen will, darf nicht nur das abendliche Beantworten von Mails am Büro-PC darunter fassen, sondern muss auch zur Kenntnis nehmen, wenn diese (meist regelmäßig) auf dem Arbeitsweg arbeiten. Gleichzeitig sollten wir dahin kommen, diese Zeiten auch als Arbeitszeit anzuerkennen  – zumindest sofern der Arbeitsweg nicht mit dem Lenken eines Fahrzeugs verbunden ist. Diese Unterscheidung zwischen Zug und Auto wird schließlich auch in anderer Hinsicht angesetzt – dann nämlich, wenn es um die Frage geht, ob eine Dienstreise zeitlich als Arbeitszeit gerechnet werden kann oder nicht. Das Gesetz sieht hier vor, dass (wenn der Mitarbeiter nicht ohnehin ein Fahrzeug lenkt und damit ausgelastet ist, was definitiv als Arbeit gewertet wird) eine Reise auch dann als Arbeitszeit gezählt wird, wenn er seiner Tätigkeit nachgeht. Warum sollte man hier andere Maßstäbe anlegen, wenn der Mitarbeiter dies regelmäßig tut?

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Kommentare (6)

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Stefan Frömken

„Nicht sinnvoll zu fordern die Zeit im Zug nicht sinnvoll zu nutzen“ Alter, ich check den Satz nicht. Wenn ich meine Zeit im Zug nicht sinnvoll nutze (arbeitstechnisch gesehen), dann wäre das ja Freizeit. Also nochmal: „Es ist nicht sinnvoll die Zeit im Zug für Freizeit zu fordern“ Ähm…geht es nur mir so, oder ist der Satz schlicht falsch?

Clemens

Nein ist richtig. Doppelte Verneinung.

Andrea Landgraf

Da könnte die Deutsche Bahn noch etwas tun und vollwertige reservierbare Arbeitsplätze in ihren Pendler-Zügen zur Verfügung stellen.

Im ICE könnten sogar Meetingräume mit Videokonferenzanlage interessante Möglichkeiten eröffnen.

Stefan

Leider ist die Aussage, dass das Lenken eines Kfz aus dienstlichen Gründen als Arbeitszeit zu werten ist nicht ganz richtig. Im öffentlichen Dienst gibt es für Dienstreisen mit einem Dienst-Kfz in der Regel nur die Regelarbeitszeit des Tages (z.B. 8,5 Stunden). Alles darüber hinaus ist dann Freizeit. Da hofft man doch sehr, dass man nicht irgendwo im Stau steht. Und die Anrechnung von Arbeitszeit im Zug ist normalerweise im öffentlichen Dienst undenkbar.

Andrea Landgraf

Da haben Sie wohl das Wörtchen „nicht“ überlesen.
„Gleichzeitig sollten wir dahin kommen, diese Zeiten auch als Arbeitszeit anzuerkennen – zumindest sofern der Arbeitsweg nicht mit dem Lenken eines Fahrzeugs verbunden ist.“

Normal kann man beim Autofahren sich nicht auf die Arbeit konzentrieren, deshalb kann es nicht als normale Arbeitszeit gewertet werden.

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