Aufräumen: „Kreatives Chaos braucht nur, wer gerade – wirklich – kreativ ist“
Hinweis: Wir haben in diesem Artikel Provisions-Links verwendet und sie durch "*" gekennzeichnet. Erfolgt über diese Links eine Bestellung, erhält t3n.de eine Provision.
Wie gehe ich mit meinem launigen Chef um? Wie setze ich Heimarbeit durch? Wäre eine Vier-Tage-Woche wirklich besser für uns? Und geht es mir besser, wenn ich aus der Stadt herausziehe? Mit solchen Fragen befasst sich die Autorin Isabell Prophet. Für t3n beantwortet sie regelmäßig die Fragen der Leser zu Glück und Arbeit.
Frage: Ich arbeite (gern und gut) mit kreativem Chaos. Mein Chef will aber, dass ich ordentlicher arbeite. Ich soll Schreibtisch und Büro in Ordnung halten. Wer hat Recht?
Wer aufräumt, der gilt oft als ein bisschen langweilig. Kreativität geht mit Chaos einher, da sind wir uns in unserem Gefühl alle einig. Und wissenschaftlich erwiesen ist das sogar auch! Es gibt aber einen Fallstrick, den wir sehr gern übersehen.
In Experimenten haben Verhaltensforscher ihren Probanden Aufgaben gestellt. Zwei Räume hatten sie dafür: Der eine war aufgeräumt, der andere chaotisch. Zwei Arten von Aufgaben gab es außerdem: Eine war kreativ, die andere analytisch.
Insgesamt hatte das Experiment also vier verschiedene Versuchsaufbauten: Beide Aufgabentypen sollten in beiden Räumen gelöst werden. Das Ergebnis: Im aufgeräumten Raum tickten die Menschen analytischer, im chaotischen Raum klappte es dafür mit der Kreativität besser.
Das bestätigt unsere Erwartungen: Viele kreative Genies können im Chaos besser arbeiten. Kreative, und das vergessen wir gern, arbeiten aber nicht den ganzen Tag über kreativ. Auch sie müssen mal Rechnungen schreiben, eine To-do-Liste planen, mit Kunden kommunizieren oder den Rahmen für ihre kreative Aufgabe abstecken. Das sind oft eher analytische Jobs. Dinge, die eben erledigt werden müssen. Chaos lenkt uns bei solchen Aufgaben nur ab. Jeder Arbeitsplatz sollte unseren eigenen Bedürfnissen entsprechen. Und die sind – auch für uns selbst – manchmal gar nicht so offensichtlich. Für dich ist also die Frage entscheidend:
Welche Funktion, welche Auswirkungen hat das Chaos?
Es gibt darauf viele verschiedene Antwortmöglichkeiten.
- Es inspiriert dich.
- Es motiviert dich.
- Es ist eine gute Entschuldigung, um nicht aufräumen zu müssen.
- Es spart dir Zeit, weil du Dinge nicht sortieren musst, die du vielleicht nochmal brauchst.
- Es kostet Zeit, weil du oft etwas suchen musst.
Das sind nur Beispiele.
Ich würde dir raten, es auszuprobieren und einmal kräftig durchzusortieren. Als ich von Chaos auf Ordnung umgestellt habe, hatte ich eine große Papierkiste. Da wanderte alles hinein, was ich nicht akut brauchte, vielleicht aber irgendwann mal. Auch inspirierende Bilder hängte ich ab. Alles unnötige wanderte knallhart in den Mülleimer. Nach eine halben Stunde hatte ich einen sauberen, ruhigen Arbeitsplatz.
Ich habe all die weggelegten Dinge nie wieder angefasst. Falls du sie dir aber doch zurückwünschst, sind sie noch da.
Viel zu oft betrügen wir uns selbst. Wir heben Dinge – griffbereit – auf, weil wir denken, sie könnten noch einmal wichtig werden. Alte Fach-Magazine. Notizen aus Telefongesprächen. Visitenkarten von der letzten Konferenz. Doch wenn viel Zeug griffbereit herumliegt, ist irgendwann gar nichts mehr griffbereit. Wer Ordnung hält, der spart sich die Zeit des Suchens.
Der wichtigste Ratschlag, den ich zur Gestaltung eines Arbeitsplatzes je bekommen habe, stammt übrigens von dem amerikanischen Management-Forscher Stephen Colarelli. „Gestalte deinen Arbeitsplatz selbst“, sagte er mir, bevor er mit konkreten Tipps fortfuhr. Ich würde das ergänzen um: Gestalte deinen Arbeitsplatz so, wie es wirklich gut für dich ist. Und was wirklich gut für dich ist, das ist möglicherweise weniger offensichtlich, als du denkst. Und eine Phase des Experimentierens wert.
Weitere Kolumnen von Isabell Prophet:
- Arbeitszeit: „Die 28-Stunden-Woche stellt das Leben wieder in den Vordergrund“
- Jobwechsel: „Eine Kündigung kann glücklich machen“
- Arbeitsplätze: „Flexible Schreibtische machen krank!“