Banken planen Online-Einbindung der Girocard im 2. Halbjahr – zu spät?
Schon länger versucht die deutsche Kreditwirtschaft, die Vielzahl ihrer Angebote unter einem stringenten Markenauftritt zusammenzufassen. Über Jahre hinweg blieb die Marke Paydirekt trotz umfangreicher Marketingbudgets für Onlinehändler:innen weitgehend erfolglos und tat sich neben Kwitt für das P2P-Payment, Girocard und Giropay für kartenbasierte und kartenlose Online- und Offlinekäufe schwer. Anfang 2021 verdichteten sich die Gerüchte, dass all das unter einem Sammelnamen als Marke firmieren sollte – Giropay wurde zum vereinheitlichten Namen für alles, was bei den deutschen Banken und Sparkassen mit digitalem Bezahlen zu tun hat.
Auch wenn das Bundeskartellamt hier vergleichsweise schnell zustimmte, zeigte sich einmal mehr, wie langsam die Mühlen der Banken und Sparkassen mahlen. Das nur mit Corona zu erklären, wäre sicherlich falsch. Denn getan hat sich zumindest vor den Kulissen nicht viel. Auf Nachfrage hieß es lange Zeit offiziell, man habe keine weiteren Ankündigungen zu machen – und die mit dem Thema betrauten Personen sagten Sätze, in denen Begriffe wie „Tauziehen“ und „verschieden gelagerte Interessen“ vorkamen.
Girocard digital: Start in mehreren Schritten
Doch nun scheint zumindest der Schritt hin zur digitalen Girocard näher zu rücken. „Derzeit werden die vertraglichen und technischen Grundlagen für die Integration der digitalen Girocard geschaffen“, teilte die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) jetzt auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. „Die Einbindung der Girocard als weiterer Zugangsweg im Online-Bezahlverfahren Giropay soll in der zweiten Hälfte 2022 starten.“
Zunächst soll diese digitale Girocard Kund:innen der genossenschaftlichen Finanzgruppe, also der Volks- und Raiffeisenbanken, zur Verfügung stehen, bis Ende 2022 dann den Sparkassenkund:innen, „bevor sie für weitere Institutsgruppen ausgerollt wird“, erklärten die fünf in der DK organisierten Bankenverbände. Doch da ist auch noch die Akzeptanzseite – und der Abschluss der Integration der digitalen Girocard im Onlinehandel werde „im zweiten Halbjahr 2022 erwartet“.
Dabei ist die Zusammenführung der Bezahlverfahren sinnvoll, um im Internet auf möglichst einfachem Weg zu bezahlen und schnell Geld von Konto zu Konto zu überweisen. Denn die Alternativen zu den dann doch deutschen Insellösungen der DK heißen Paypal, Apple Pay und vor allem auch Mastercard und Visa. „Der Markt um die Bezahlverfahren ist hart umkämpft. Umso wichtiger ist es, gerade auch mit Blick auf ein Stück nationaler Unabhängigkeit, dass wir als Deutsche Kreditwirtschaft den Kunden ein zukunftsfähiges nationales Bezahlverfahren anbieten können“, bekräftigten die Branchenverbände.
Man will offenbar nicht wie in der Vergangenheit das Geschäft unter Mitwirkung Dritter machen. Doch ob die nationale Unabhängigkeit für die Kund:innen überhaupt noch relevant ist, ist fraglich, gewinnen sie doch durch eine unique digitale Einbindung der Banken kaum etwas im täglichen Betrieb, müssen vielmehr erst in einem Workaround die digitale Einbindung vornehmen.
Ist das Rennen um die Vorherrschaft schon verloren?
Auch die aktuellen Zahlen im E-Commerce sprechen eine andere Sprache und legen nahe, dass der Zug für die Giropay-basierten Lösungen bereits abgefahren sein könnte. Die Studie „Online Payment 2022“, die das Kölner Handelsforschungsinstitut EHI in der vergangenen Woche vorgestellt hat, zeigt auf, dass die Deutschen (wenn sie nicht per Rechnung bezahlen können) vor allem auf Paypal vertrauen. Wurden 2020 noch 30,4 Prozent der Online-Einkäufe auf Rechnung bezahlt, sank der Anteil 2021 auf 28,3 Prozent. Paypal dagegen konnte den Marktanteil von 24,9 auf 28,2 Prozent steigern – und kommt in Deutschland unterm Strich auf immerhin 29 Millionen mehr oder weniger aktive Kund:innen.
Das neue Giropay-Verfahren zählt den Angaben zufolge dagegen bislang etwa 7,5 Millionen Nutzer. Sie zahlen auf diesem Wege in mehr als 27.000 Online-Shops. Zum Start vor einem Jahr deckten Giropay und Paydirekt damit zusammen gerade einmal rund zwei Prozent des deutschen Marktes für Online-Zahlungen ab. Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) sprach vor einem Jahr von einem Potenzial von bis zu 50 Prozent der Zahlungen, die man über die eigenen Systeme erreichen könne. Die aktuellen Zahlen lassen diese Prognose eher unwahrscheinlich erscheinen, zumal Systeme wie Apple Pay zunächst mit den Mastercard- und Visa-eigenen Debitkarten gelauncht wurden. Immerhin den dritten Platz der EHI-Studie belegt (bei Internetzahlungen) das Lastschriftverfahren mit einem Umsatzanteil von 17,4 Prozent. (mit Material von dpa)