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Bedenklich: Richter berufen sich laut MIT bei Entscheidungen immer häufiger auf Wikipedia

Eine neue Studie des MIT zeigt, dass die Rechtsprechung immer öfter auf die Wikipedia zugreift, um ihre Urteile mit Sachinformationen zu hinterlegen. Das ist problematisch.

2 Min.
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Spricht hier Wikipedia Recht? (Foto: Shutterstock/Gorodenkoff) 

Das Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts fand heraus, dass Richter irischer Gerichte mit steigender Tendenz in der Wikipedia statt in Fachdiensten suchen, um Präzedenzfälle für ihre Urteilsfindung zu recherchieren.

Urteile durch Wikipedia-Einträge beeinflusst

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So konnten die Forschenden des MIT CSAIL nachweisen, dass Wikipedia die juristischen Entscheidungen von Richtern jedenfalls dann beeinflussen kann, wenn es Artikel zu relevanten Fällen gibt. Gab es zu einem juristischen Präzedenzfall eine Wiki-Seite, konnte eine um über 20 Prozent erhöhte Zitate-Anzahl im darauf aufbauenden Urteil des Gerichts festgestellt werden, so das CSAIL.

Fanden sich Richter durch einen Wiki-Eintrag in ihrer Argumentation unterstützt, war der Anstieg der Zitate besonders ausgeprägt. Teils schlug sich die Sprache der Wikipedia-Artikel sogar in den Entscheidungen nieder.

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Dabei ging das Team fast schon perfide vor. Jurastudenten schrieben im Auftrag der Forschenden über 150 Artikel über Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs in Irland. Die Hälfte der Artikel wurde nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und dort hochgeladen, wo Richter und Anwälte sie verwenden konnten, während der Rest gewissermaßen als Kontrollgruppe offline gehalten wurde.

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Online-Suche schneller und einfacher als in Fachdiensten

Wie der leitende Forscher Neil Thompson erläutert, zeigte die Zufallsauswahl eine echte kausale Verbindung zwischen Artikeln und Zitaten. Das mag allerdings zu einem nicht unbeachtlichen Teil damit zusammenhängen, dass in Irland nicht annähernd so viele Wikipedia-Einträge zur Rechtsprechung des obersten irischen Gerichtshofs gibt, wie etwa zu jener des US-amerikanischen Supreme Courts. Über ihr Team aus Jurastudenten verzehnfachten sie den Bestand an Einträgen.

Das Interesse an den Entscheidungen oberster Gerichtshöfe ist in allen Rechtsstaaten groß, denn die Entscheidungen höherer Gerichte sind für im Rang darunter stehende Gerichte bindend. Das große Interesse an den neuen Beiträgen in der Wikipedia erklärt sich das Team des CSAIL damit, dass die immer voller werdenden Gerichtsterminkalender einen Trend zu einer immer schnelleren Abfertigung der Einzelfälle induzieren. Da ist es natürlich einfacher, eine schnelle Online-Suche in freien Quellen durchzuführen, als sich durch komplexe juristische Datenbanken zu mühen.

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Wikipedia: Keine Garantie für Korrektheit

Allerdings sind die so gefundenen Ergebnisse potenziell problematisch. Denn bei der Wikipedia gibt es keine Garantie, dass die Darstellung immer korrekt ist. Damit besteht die Gefahr, dass Richter Urteile auf der Grundlage fehlerhafter Artikel fällen. Denkbar wäre sogar, dass böswillige Akteure Einträge manipulieren, um den Ausgang eines Verfahrens zu beeinflussen.

Deshalb rät Brian Flanagan, Mitautor der Studie, den Rechercheuren aus dem Rechtssystem dringend dazu, stets zu prüfen, ob Online-Analysen, ob aus Wikipedia oder anderen Quellen, sowohl umfassend sind als auch von Experten stammen.

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