Cardano: Hat Erfinder Charles Hoskinson seine Bildungsabschlüsse gefälscht?

Die sich selbst als Krypto-Journalistin bezeichnende Autorin Laura Shin hat in ihrem jüngst erschienenen Buch „The Cryptonians“ und in verschiedenen Posts in den sozialen Medien behauptet, der umstrittene Cardano-Erfinder Charles Hoskinson habe sich einen Bildungshintergrund erlogen. Tatsächlich habe er weder ein Studium abgeschlossen, noch sich für einen Doktortitel eingeschrieben. Entsprechende Zeugnisse habe er gefälscht.
Hoskinson unterschätzt Shin-Recherche
Hoskinson reagierte auf diese Behauptungen zunächst auf seine bekannt süffisante Art, indem er Shins Buch als „großartige Fiktion“, die es allerdings schwer haben dürfte, gegen Tolkien und Martin, die Autoren von „Herr der Ringe“ und „Game of Thrones“, zu bestehen. Ihr sei dennoch das Beste gewünscht, so Hoskinson auf Twitter.
Das trieb wiederum Shin auf die Palme, die ihm antwortete:
„Hallo Charles, wo wir gerade von Fiktion sprechen, möchten Sie die Diskrepanzen zwischen Ihren Behauptungen, Sie hätten ein Doktorandenprogramm abgebrochen, und den Behauptungen der Schulen, Sie seien als Student eingeschrieben gewesen, ansprechen?“
Hoskinson hatte bislang öffentlich erklärt, er habe sein Grundstudium in Zahlentheorie an der University of Colorado Boulder (UCB) und der Metropolitan State University of Denver (MSUD) abgeschlossen. 2018 hatte Hoskinson getwittert:

Hoskinsons inzwischen gelöschter Tweet. (Screenshot: t3n / Twitter)
„Ich habe meinen Abschluss gemacht, aber nicht promoviert. Ich werde zurückkehren und es nach meiner Pensionierung beenden. Ich habe auch ein Thema studiert, das nichts mit Kryptowährungen zu tun hat (Zahlentheorie), und die dort erworbenen Kenntnisse sind nicht auf die Entwicklung von Protokollen oder Softwaretechnik anwendbar“.
Diesen Tweet hat Hoskinson inzwischen gelöscht. Waren Shins Nachforschungen in dieser Sache zu eindeutig? Jedenfalls hatten die ergeben, dass Hoskinson von 2006 bis 2008 an der Metropolitan State University of Denver (MSUD) ein Teilzeitstudium in Mathematik betrieben hatte. Von 2009 bis 2011 war er dann für einen Grundstudiengang an der University of Colorado, Boulder (UCB) eingeschrieben. Laura Shin fragte bei beiden Universitäten nach und erfuhr, dass „die MSUD kein Doktorandenprogramm in Mathematik anbietet“ und Hoskinson seinen Kurs an der UCB nie abgeschlossen hatte.
Hoskinson sieht sich zu Erklärung gezwungen, erklärt aber nur wenig
Als andere Twitter-Nutzende die Aussage konterten, indem sie behaupteten, Hoskinson hätte nie gesagt, er sei Doktorand gewesen, konnte Shin eine Audioaufnahme vorlegen, in der er sagt: „Ich habe versucht, einen Doktortitel zu erlangen.“
Inzwischen hat sich Hoskinson in einem aktuellen Video mit den Vorwürfen gegen ihn befasst, beschränkt sich aber im Kern darauf, sie herunterzuspielen:
„Ich bin nicht hier, um alles anzusprechen, sicherlich sind einige Dinge ein wenig bizarr (…) und andere Dinge halte ich für ein wenig unfair und semantisch. Ja, ich habe einen Hochschulabschluss. Ja, ich habe an der CU Boulder einen Abschluss in Mathematik gemacht. Ja, ich bin ein Studienabbrecher, weil ich die Dinge, die ich mit meinen Studiengängen erreichen wollte, nicht zu Ende gebracht habe.“
Allerdings leisteten er und sein Team mit Cardano Arbeit in einer „sehr transparenten, offenen Weise“. Das „stehe für sich selbst“. Jeder Versuch, seine persönlichen Errungenschaften und seinen Ruf mit dem Cardano-Projekt in Verbindung zu bringen, sei „nicht fair“, denn das Projekt sei das Ergebnis der gemeinsamen Anstrengungen mehrerer Personen. Tatsächlich spiele er gar keine Rolle:
„Gründer spielen keine Rolle, kleinliche Streitereien spielen keine Rolle, Rivalitäten spielen keine Rolle. Dennoch scheint es diese erstaunliche menschliche Tendenz zu geben, Menschen als Engel oder Dämonen zu deklarieren.“
Alles, was derzeit gegen ihn vorgebracht werde, geschehe angeblich nur, um Cardano zu schaden und „die bemerkenswerten Dinge“, die Hoskinson seiner Meinung nach erreicht hat, zu unterschlagen. Deshalb sei es vernünftig, sich auf das Projekt zu konzentrieren.
Seinen Zuschauern empfiehlt er, sich für „Dinge zu interessieren, die wichtig sind“ und „aufzuhören, nach Helden und Schurken zu suchen“. Er werde sicherlich nach seinen Renteneintritt Memoiren veröffentlichen, in denen dann jede und jeder seine Lebensgeschichte im Detail nachlesen könne.
Nicht alle Zusehenden zeigten sich von Hoskinsons Aussagen beeindruckt:
Hoskinson reagierte dünnhäutig und behauptete, vor fast 18 Jahren einen Abschluss als Associate in Science (AS) vom Front Range Community College im US-Bundesstaat Colorado erhalten zu haben. Das AS ist ein Abschluss, der bereits nach zwei College-Jahren erteilt wird.
Das steckt in „The Cryptonians“
„The Cryptonians“ befasst sich mit den Anfängen von Ethereum und den Konflikten zwischen den führenden Akteuren des Projekts. „Die Funken flogen, als diese übergroßen Persönlichkeiten um ihren Anteil an einer scheinbar grenzenlosen neuen Geschäftsmöglichkeit kämpften“, schreibt Shin.
Die Geschichte über Hoskinsons Ausstieg bei Ethereum wird unterschiedlich erzählt. Einige geben ihm selbst die Schuld an seinem Rauswurf. So habe er sich nicht mit seiner Wunschstrategie, Ethereum per Risikokapital zu finanzieren, durchsetzen können.
Hoskinson selbst stellt den Ablauf anders dar: „Es wurde eine Herr-der-Fliegen-ähnliche Situation, in der sich Machtgruppen bildeten und derjenige, der Vitalik am meisten überzeugen konnte, gewann. Deshalb gibt es etwas böses Blut, deshalb war ich nicht der netteste Kerl am Ausgang. Meine Reddit-Postings waren nicht so glücklich.“
Cardanos ADA-Token hat die Diskussion um den Gründer sicherlich nicht genutzt, aber auch nicht sonderlich geschadet. Der ADA-Token befindet sich seit Längerem auf dem absteigenden Ast. Aktuell wird er um 80 US-Dollar-Cent gehandelt. Damit hat er innerhalb von sieben Tagen zwar über sechs Prozent verloren. Andere Krypto-Assets wie Solana und Avalanche zeigen indes höhere Verluste im gleichen Zeitraum.