CD Projekt Red: Führung im Visier von Investoren, Ärger in China erwartet

Cyberpunk 2077 gleicht einem Patienten, der nur langsam zu genesen scheint. (Screenshot: CD Projekt Red)
Der katastrophale Start von Cyberpunk 2077 beschäftigt weiterhin das Entwicklerstudio. Er brachte Plattformbetreiber Sony zum ersten Mal dazu, ein Spiel zu verbannen. Trotz zahlreicher Updates erhält der Playstation-Konzern diese Maßnahme aufrecht. Das rief eine Klage von Investoren hervor, einer von ihnen fordert nun personelle Konsequenzen. Abri Advisors, ein Investmenttrust mit Sitz in London, fordert die Absetzung des Vorstandsvorsitzenden Adam Kicinski und des CEO Marcin Iwinski. Der Leiter der Investmentgruppe sagte Bloomberg gegenüber, das Unternehmen habe auch andere Aktionäre dazu aufgefordert, den gesamten Aufsichtsrat zu feuern, sofern die beiden nicht gehen. Als Begründung dient der Absturz der Aktie um fast 60 Prozent seit dem Launch von Cyberpunk 2077 sowie die letzten Quartalsgewinne. Sie waren 62 Prozent niedriger ausgefallen, als Analysten prophezeit hatten. Während im selben Vorjahreszeitraum noch 20 Millionen Euro in die Kassen flossen, waren es in diesem Jahr 7,2 Millionen.
Gründer schwer zu entfernen
Neben Iwinski besitzen auch die Brüder Kicinski Anteile am Unternehmen. Zusammen sollen es 34 Prozent sein. Das erschwert den Aufstand der Investoren, denn für die Absetzung benötigen sie eine Drei-Fünftel-Mehrheit – also 60 Prozent. Damit müssten fast alle Anteilseigner außer den Gründern für die Entfernung stimmen. Das gilt als fast unmöglich. Dennoch könnte der Prozess langfristig Einfluss auf das Management oder die Arbeitsweise des Unternehmens haben. Nach der Katastrophe waren Details über verheerende Arbeitsbedingungen und Managementfehler im Zuge der Entwicklungsphase an die Öffentlichkeit gelangt. Abri Advisors verlangt von CD Projekt Red einen öffentlichen Plan, wie das Studio alle Mängel beseitigen und die Marke und das Vertrauen, das bei Kunden und Aktionären verloren gegangen sei, reparieren wolle.
Quellcode offenbart unsensiblen Umgang mit Chinas Präsidenten
Hacker veröffentlichten vor Kurzem den Quellcode von „The Witcher 3“ und „Cyberpunk 2077“. Neben markierten Bugs und Glitches, fand man dort Tags, um Inhalte für den chinesischen Markt zur Zensur zu kennzeichnen. Die Entwickler tauften diese Marker „Winnie the Pooh“, berichtet Gamerant. Das spielt auf die Abneigung des chinesischen Präsidenten Xi Jinping an, mit dem Comic-Tier verglichen zu werden. Das hat sogar zur Folge, dass die Figur im Land verboten ist. Selbst aus Spielechats entfernen Entwicklerstudios den Disney-Bären. Das Markieren von zu modifizierenden Inhalten für den chinesischen Markt mit diesem Namen könnte die politische Führung als Provokation verstehen. Die Chance, dass sie an die Weltöffentlichkeit gelangen könnte, war sehr gering – normalerweise bleibt der Quelltext unter Verschluss – nun ist es doch passiert. Dazu kommt, dass CD Projekt Red schon einmal mit genau dieser Provokation in die Schlagzeilen geriet. Das Horrorspiel „Devotion“ erhielt 2019 den Text „Xi Jinpin Winnie-the-Pooh moron“ und wurde nach Kritik aus China aus dem Steam-Store genommen. Die Regierung entzog wenig später dem chinesischen Distributor die Lizenz. Schon die Ankündigung, es im CD-Projekt-Red-eigenen Store GOG zu veröffentlichen, zog so viel Zorn auf sich, dass der polnische Betreiber die Pläne zurückzog. Seine Plattform ist im Reich der Mitte recht erfolgreich. Erst im März dieses Jahres traute sich das taiwanesische Entwicklerstudio Red Candle Games, den nun zwei Jahre alten Titel auf der eigenen Seite zum Verkauf anzubieten.
Hallo,
wieso sollte Winnie the Pooh in China verboten sein? Wenn man auf tmall.com geht, kann man sehr wohl Artikel mit dem Bären kaufen (habe ich gerade probiert, und ich befinde mich aktuell in Shanghai).
Zudem werde ich jedes Mal von Chinesen verdutzt angeschaut, wenn ich diese Frage bzgl. Winnie-Zensur anspreche. Diese Zensur-Info scheint es nur in den westlichen Medien zu geben, oder ich habe irgendetwas verpasst.
Viele Grüße
Alexander Grieger