Chipaktien: Korrektur bietet auch Chancen
Kaum ein Produkt steht so sinnbildlich für die allgemeine Materialknappheit wie Halbleiter. Inzwischen stehen bei Daimler oder VW zwar keine Produktionsstraßen mehr still, doch bleibt die Lage auf dem weltweiten Chipmarkt angespannt. Die Gründe liegen in der starken Nachfrage und im wenig elastischen Angebot. Rund 1,15 Billionen Halbleiter lieferten die großen Produzenten im vergangenen Jahr aus. Ein Großteil der Chips kam aus Taiwan oder Südkorea. Inzwischen steuern viele Unternehmen zwar gegen und auch die Politik sorgt für Investitionsanreize, um beispielsweise in den USA Halbleiter-Fabriken anzusiedeln, doch reicht das?
Digitalisierung schreitet weiter voran
Fakt ist: Zukunftstechnologie, wie die künstliche Intelligenz oder auch Industrie 4.0, lassen den Grad der Digitalisierung eher noch ansteigen. So stecken etwa moderne Autos zwar schon heute voller Halbleiter, doch dürften die verbauten Chips tendenziell immer komplexer werden. Wenn in einigen Jahren statt des Bord-Entertainments die Fahrsicherheit zunehmend von der verbauten Hardware abhängt, dürfte auch die Redundanz von Systemen eine noch wichtigere Rolle spielen – mit einem Prozessor könnte es also nicht getan sein, wenn es um sicherheitsrelevante Entscheidungen geht.
Diese und weitere Zukunftstrends dürften der Chipbranche ein langanhaltendes, substanzielles Wachstum bescheren. So erwartet die Beratungsfirma McKinsey, dass die gesamte Branche bis 2030 ein Wachstum um bis zu acht Prozent jährlich ausweisen dürfte. Was sich zunächst zwar solide, aber noch nicht nach einem exorbitant hohen Wachstum anhört, wird beim Blick auf die Details für Investoren noch interessanter: Wie McKinsey prognostiziert, dürfte die Chipnachfrage vor allem im Bereich der Autoindustrie jährlich um bis zu 15 Prozent wachsen. Und: Die hier gefragten komplexen Chips mit den Schwerpunkten KI unterscheiden sich von Halbleitern mit einfacher Struktur – und könnten daher auch für Investoren ein lukratives Ziel sein.
Chipaktien: Günstige Gelegenheit
Doch ein Selbstläufer sind auch diese Investments nicht: Die Kurskorrektur bei Chipaktien und Tech-Werten haben in den vergangenen Wochen und Monaten gezeigt, dass die Zinswende gerade kapitalintensive Wachstumsunternehmen hart treffen kann. Hinzu kommt, dass der technologische Wettlauf um die besten Lösungen für morgen noch längst nicht entschieden ist. Bei einigen Unternehmen aus der Chipbranche können Anleger also auch noch aufs falsche Pferd setzen.
Aus diesen Gründen bietet es sich für Investoren an, bei Chip-Investments die erfahrenen und großen Anbieter Intel, AMD, Nvidia oder auch TSMC im Blick zu haben. Diese Konzerne haben den Vorteil, sich bei bahnbrechenden Entwicklungen ebenfalls positionieren zu können oder aber Zukäufe zu tätigen. Die aktuelle Unsicherheit am Markt kann für langfristig denkende Investoren gerade jetzt durchaus eine Chance sein. So viel scheint sicher: Wenn der Chipmangel wieder in aller Munde ist, ist der Zeitpunkt, sich zu positionieren, vorbei.
Risiken reduzieren
Doch nicht jeder private Anleger hat das Wissen oder die Zeit, die für seine persönlichen Ziele aussichtsreichsten Aktien zu identifizieren. Erschwerend kommt hinzu: Auch die Aktien der Big Player können kräftig unter Druck geraten. So büßten beispielsweise die Chipproduzenten Intel und Nvidia seit Jahresbeginn rund 17 beziehungsweise in etwa 40 Prozent an Wert ein. Als Alternative zu Einzelwerten bietet sich daher ein breit gestreuter ETF an – etwa auf den US-Techindex Nasdaq 100 oder mit speziellem Fokus auf die „Semiconductor“-Industrie –, der das Risiko auf viele verschiedene Schultern verteilt.
Gut möglich, dass Angebot und Nachfrage erst 2023 wieder ein Gleichgewicht finden. Bis dahin sind Chipproduzenten in einer sehr guten Position. Auch danach dürfte der technologische Fortschritt und hoffentlich auch das Ende der aktuellen Krisen für ein stetes Wachstum sorgen. Dass Chipaktien derzeit nicht im Fokus der Anleger stehen, ist eher eine Chance denn ein schlechtes Zeichen.
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