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Glosse

Cohns fabelhafte digitale Welt oder: „Privatsphäre wird überbewertet“

Unsere vertrauliche Kommunikation ist sicher? Nicht mehr, wenn es nach dem Willen der EU-Kommission geht, wie ein frisch geleaktes Papier aus dem Eurparat dokumentiert.

Von William Cohn
3 Min.
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Cohns fabelhafte digitale Welt. (Bild: t3n)

Geschätzte Leserin, geschätzter Leser,

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eigentlich hatte ich mir für diese Glosse vorgenommen, adventliche und vorweihnachtliche Stimmung und intellektuellen Zimtsternduft zu versprühen, aber in Anbetracht der neuesten Entwicklungen will mir dies nicht so recht gelingen! Dafür bitte ich Sie um herzliche Nachsicht.

Ich wollte nur noch Nettes und Liebenswürdiges über die Digitalisierung unserer so schönen analogen Welt und über unsere digitalisierte Zukunft schreiben, aber mit Christkindlein 2.0 will mir das nicht so recht aus der Feder fließen.

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Aber fangen wir von vorne an. Auch wenn viele meiner Leser immer noch der unerfahrenen Millennialmeinung sind, sie hätten nichts zu verbergen und eine offene, digital verschickte E-Mail mit mehr als nur Urlaubsgrüßen sei für sie immer noch gar kein Problem, denn ihre Schreibereien könne man ja ruhig lesen, wurde der wache und kritische Beobachter durch die Entwicklung der letzten acht Monate eines Schlechteren belehrt!

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Und ohne mich jetzt in irgendeiner Weise wiederholen und wie weiland Kassandra in Troja wirken zu wollen, kann ich in Anbetracht der vor wenigen Tagen aus dem EU-Ministerrat geleakten Resolution gegen sichere Verschlüsselung (E2E) nur liebevoll darauf hinweisen, eine vor Dritten und Unbefugten sichere Kommunikation wird es in Zukunft nicht mehr geben. Zumindest nicht auf digitalem Weg. Und das mit dem Segen unser europäischen Regierungen. Die technischen Details erspare ich Ihnen, die finden Sie alle auf den entsprechenden Fachseiten oder bei Wikileaks.

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Und immer wieder wird zur Legitimation dieser Ungeheuerlichkeit das Schreckgespenstes der Terrorangst ins Feld geführt. An was erinnert mich das bloß? Wo haben wir das schon mal gehört? Ach ja, bei der RAF – für frischgebackene Postgymnasiasten, nicht die Royal Air Force sondern die deutsche Terrororganisation „Rote Armee Fraktion“ – war da nicht auch schon mal sowas? Ganz zu schweigen von Honeckerstan!

Okay, wir verstehen die ganze amtliche Schnüffelei doch wirklich. Das muss doch sein! Schließlich wollen wir doch sicher sein. Und spätestens seit der Crypto-Affäre – Sie erinnern sich – sind es die so muttilich um unser Wohlergehen besorgten Dienste einfach nur leid, so komplizierte Wege, wie das Knacken von Verschlüsselungen, gehen zu müssen, wenn sie unsere geheimsten Daten doch per Gesetz auf dem Silbertablett serviert bekommen können. Schließlich droht ihnen, wie de Kerchove, der amtliche EU-Gefahrenbeschwörer uns wissen ließ, eine gefährliche Datendürre! Die berühmten Fünfaugendienste, unsere Datenagronomen, können nicht mehr genug Daten ernten! Da muss man doch zum Datenfracking greifen und die nötige Gutenachtlektüre für Bundesgummischuhträger mit Gewalt dem klammernden und unnötig besorgten Bürger entreißen.

Wer in der Vergangenheit in Anbetracht des Umganges mit seinen Daten durch Facebook, Whatsapp und den anderen üblichen Verdächtigen nur ein ungutes Gefühl im Bauch hatte, sollte also besser in Zukunft ein gutes Mittel gegen Magenschmerzen nehmen!

Und da seit Muttis gefährlicher Drohung, dass nach der Pandemie nichts mehr so sein wird wie früher, auch die gesicherte Kommunikation ein Wagnis, mit dem man sich ganz flugs ins Out schießen kann, geworden ist, bleibt mir nur noch die brennende Frage: Wie sollen wir, ohne das irgend ein ungewaschener Geheimdienstler seine schmutzige Nase in unsere Angelegenheiten stecken kann, in Zukunft sicher kommunizieren? Vielleicht doch nur noch per Brief oder persönlichem Boten?

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Denn Telefon, Skype Zoom und Co. werden abgehört, E-Mails werden unbefugt gelesen, Computer mit einem Staatstrojaner ausgespäht, Andersdenkende verfolgt und fertig gemacht.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine wunderschöne Adventszeit!

Ihr William Cohn

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Was unsere fabelhafte digitale Welt sonst noch an Überraschungen für William Cohn bereithält, lest ihr hier.

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