Corona-Warn-App funktioniert jetzt über Ländergrenzen hinweg
Die EU-Kommission erklärte, damit sollen Bürger auf Reisen in Europa eine einzige App nutzen und weiterhin von der Kontaktnachverfolgung profitieren und eine Warnmeldung erhalten können. Die jeweiligen Coronavirus-Warn-Apps verbinden sich dabei weiterhin ausschließlich mit dem eigenen nationalen Backend-Server. Die nationalen Server seien nicht direkt miteinander verbunden. „Sie tauschen die Informationen über den EU-Datenabgleichsdienst aus, wodurch der Verbrauch an Datenvolumen gegenüber dem direkten Austausch zwischen teilnehmenden Apps stark reduziert wird.“
Im ersten Schritt tauschen die Apps aus Deutschland, Irland und Italien über das Euro-Gateway die Warnungen aus. Weitere Staaten, darunter Dänemark, Lettland und Spanien, sollen kurze Zeit später folgen, Länder wie die Niederlande, Österreich, Polen und Tschechien voraussichtlich im November. Zum Jahresende könnten bis zu 16 nationale Apps miteinander gekoppelt sein. Auch ein Datenaustausch mit der Schweiz ist im Gespräch.
Frankreich nimmt vorerst nicht teil
Aus technischen Gründen wird die offizielle Corona-Warn-App Frankreichs vorerst nicht an dem europäischen Datenaustausch teilnehmen können. Die Franzosen haben sich für ein zentrales Speicherkonzept entschieden, das mit dem Verfahren in den anderen EU-Staaten nicht kompatibel ist. Auch Ungarn hat sich für ein zentrales Konzept entschieden und kann derzeit nicht in das EU-Gateway eingebunden werden.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Manuel Höferlin sagte, er wisse von der Lösung eines deutschen Startups, die den Datenaustausch auch zwischen zentralen und dezentralen Speichermodellen ermögliche. Der Vorsitzende des Ausschusses Digitale Agenda forderte die Bundesregierung auf, diesen Ansatz auszuloten. „Der reibungslose Datenaustausch mit Nachbarländern wie Frankreich muss schon aufgrund der täglichen Pendlerströme höchste Priorität haben.“
Die Version 1.5 der deutschen Corona-Warn-App vollzieht die europäische Verknüpfung im Hintergrund: Nutzer müssen nichts tun, um den EU-Modus zu aktivieren. Nutzer in anderen Staaten müssen die Funktion teils selbst einschalten.
Tagebuchfunktion ebenfalls neu
Gleichzeitig mit der länderübergreifenden Risikoermittlung wurde die App um eine Tagebuchfunktion erweitert. Darin können infizierte Nutzer ihre Krankheitssymptome eintragen. Mithilfe dieser Angaben kann der Algorithmus der App das Infektionsrisiko präziser berechnen.
Die deutsche App wurde mittlerweile rund 19,8 Millionen Mal heruntergeladen. Experten gehen davon aus, dass die Anwendung von mehr als 16 Millionen Menschen in Deutschland aktiv genutzt wird.
Nach einem Bericht des Nachrichtenportals „The Pioneer“ informieren inzwischen fast 500 Corona-Infizierte pro Tag mithilfe der Warn-App andere Menschen über den eigenen Positiv-Befund. Dies entspricht 13 bis 14 Prozent der Gesamtzahl der Neu-Infizierten. „Die App wird gut angenommen. Jede Infektionskette, die hierdurch zusätzlich unterbrochen wird, ist wichtig“, sagte Gottfried Ludewig, Leiter der Digital-Abteilung im Bundesgesundheitsministerium.
„Die App ist leider bisher ein zahnloser Tiger“
Gleichzeitig gibt es auch Kritik an der App. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hält sie bislang für praktisch wirkungslos. „Die App ist leider bisher ein zahnloser Tiger. Sie hat kaum eine warnende Wirkung“, sagte der CSU-Chef den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Daher braucht es ein digitales Update, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen, damit die Corona-App wirksam wird.“ Wie genau dieses Update aussehen soll, ließ Söder offen.
Auch der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach forderte wegen der stark steigenden Corona-Zahlen eine Aufrüstung der Corona-Warn-App mit zusätzlichen Funktionen. Er sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag), man könne sich nicht damit zufrieden geben, dass nur 60 Prozent der positiv getesteten Nutzer ihren Befund für Warnungen durch die App weiter melden. „Die Fragestellung müsste umgekehrt werden: ob jemand explizit nicht warnen will.“ Bislang müssen Nutzer, die einen positiven Befund bekommen, aktiv zustimmen, dass ihre Risikokontakte über die App informiert werden.
Auch weitere Funktionen wie das Teilen von Ort und Datum des Risikokontakts könnten hilfreich sein, müssten aber auf freiwilliger Basis erhoben werden, sagte Lauterbach dem RND. dpa
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