Cyberpunk 2077: War die E3-Demo ein Fake und das Spiel erst seit 2016 in Entwicklung?
Bloomberg-Journalist Jason Schreier hat sich für einen aktuellen Beitrag mit verschiedenen internen und externen Entwicklern unterhalten, die am Spiele-Boliden Cyberpunk 2077 beteiligt gewesen sind. Dabei sind schwere Vorwürfe auf den Tisch gekommen. Studio-Chef Adam Badowski sieht sich zu einer Reaktion gezwungen.
Schlecht geplant und koordiniert, Management überfordert
Cyberpunk 2077 sei schlecht geplant und im Ablauf schlecht koordiniert gewesen. Die unterliegende Spiele-Engine sei zeitgleich mit dem Spiel entwickelt worden, sodass es immer wieder zu Verzögerungen gekommen sei. Trotz massiver Überstunden sei das Projekt nicht zu stemmen gewesen. So lauten die Vorwürfe aus den Reihen der Cyberpunk-2077-Entwickler, von denen lediglich der Ex-Mitarbeiter Adrian Jakubiak bereit war, sein Gesicht zu zeigen.
Rund 65 Stunden pro Woche hätten er und seine bis zu 500 Kolleginnen und Kollegen an Cyberpunk 2077 gewerkelt. Vonseiten des Managements seien sämtliche Hinweise darauf, dass Cyberpunk 2077 in den kommunizierten Zeitplänen nicht fertigzustellen sei, ignoriert oder auf andere Weise negiert worden.
E3-Demo Fake, Arbeiten zu spät gestartet
Der schwerwiegendste Vorwurf dürfte aber wohl jener sein, dass die auf der Spielemesse E3 2018 gezeigte Demo gar keine echte Demo, sondern ein kompletter Fake gewesen sein soll. Zu dem Zeitpunkt habe es praktisch nichts Vorzeigbares gegeben. Entwickler hätten monatelang explizit an der „Demo“ arbeiten müssen, damit das Studio irgendein präsentables Ergebnis für die Messe vorweisen konnte.
Das sei indes nicht sonderlich verwunderlich gewesen, denn, obwohl Cyberpunk 2077 bereits im Jahr 2012 offiziell angekündigt worden sei, habe man erst im Jahr 2016 überhaupt mit der Arbeit daran begonnen.
Das will Studio-Chef Adam Badowski nicht auf sich sitzen lassen. Er weist die Fake-Vorwürfe weit von sich und erklärt abweichende Darstellungen zwischen Demo und letztendlichem Spiel aus der Natur der Demo an sich. So sei es „schwer für eine Messedemo, nicht ein Test der Vision (…) eines Spiels zu sein, zwei Jahre vor dessen Auslieferung.“
Das bedeute aber nicht, dass es sich um einen Fake handele. Badowski nennt dann verschiedene Beispiele, die sich letztlich im Spiel wiederfänden und nimmt diese Szenen als Beleg dafür, dass die Demo doch aus dem Entwicklungspool geschnitten wurde.
Cyberpunk 2077 laut Studio-Chef nicht „katastrophal“
Zudem sei es völlig normal, dass Spiele „erst ein paar Monate vor der Veröffentlichung an(fangen), wie das Endprodukt auszusehen.“ Das liege daran, dass Spiele nicht linear, sondern in einzelnen Szenen entwickelt würden – ganz ähnlich der Entstehung eines Kinofilms.
Auch den Vorwurf, dass im Auslieferungszustand nicht alle Features enthalten gewesen sein sollen, will Badowski nicht gelten lassen. Im Entwicklungsprozess sei es völlig normal, dass „Features kommen und gehen.“ Was nicht funktioniere, werde gekippt.
Ebenso verweist Badowski darauf, dass Cyberpunk 2077 „auf dem PC von vielen renommierten Spielemagazinen der Welt mehrere 9/10s und 10/10s bekommen hat.“ Sobald es um ältere Konsolen geht, wird er indes kleinlauter, verweist aber auf das Commitment seines Studios, an den Problemen zu arbeiten. Im Ergebnis ist für Badowski der Fall klar: „Das alles ist nicht das, was ich als katastrophal bezeichnen würde.“
CD-Projekt Red will in einigen Tagen ein Update für Cyberpunk 2077 veröffentlichen. Auch für die kommenden Monate sind immer wieder Patches geplant. Damit dürfte CD-Projekt mit seinen anderen Projekten deutlich ins Hintertreffen geraten.
Eine Katastrophe sieht anders aus
Mit Blick auf die Verkaufszahlen scheint es tatsächlich nicht gerechtfertigt, von einem katastrophalen Start des Spiels zu sprechen. Innerhalb der ersten beiden Verkaufswochen wurden rund 13 Millionen Exemplare von Cyberpunk 2077 zu einem Durchschnittspreis von 60 Euro verkauft, was einem Umsatz von rund 800 Millionen Euro entsprechen dürfte.
Dabei sollen Rückerstattungen in dieser Rechnung bereits berücksichtigt sein. CD-Projekt Red hatte bereits erklärt, die Kosten für Entwicklung und Vermarktung wieder eingespielt zu haben.
Andererseits muss sich das Unternehmen mit Klagen seiner Aktionäre plagen. Die hatten behauptet, sie seien nicht wahrheitsgemäß über Probleme bei der Entwicklung von Cyberpunk 2077 unterrichtet worden. Der Aktienkurs hatte daraufhin stark nachgegeben.